Mit über 1.000 neuen Unternehmen hat die Finanzbranche 2021 seit der Finanzkrise der Nullerjahre ihren höchsten Stand an Gründungen verbucht. Dabei steigt nicht nur die Zahl nachhaltiger Geschäftsmodelle, sondern auch entsprechender Finanzprodukte.
Deutschlands Finanzbranche steht vor einem herausfordernden Jahrzehnt, in dem das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen, Klimaneutralität bis 2045 und Finanzmarktstabilität im Fokus stehen werden", heißt es in einer aktuellen Analyse des Informationsdienstleisters Databyte. Für private wie institutionelle Investoren ist der Blick auf ESG-Faktoren (Environment, Social, Governance) mittlerweile zum Standard geworden. So habe die GLS Bank, Deutschlands ältestes Ökoinstitut, im abgelaufenen Jahr rund 40.000 neue Kunden gewonnen. Und bis Ende März 2022 zählten die Analysten weitere 202 neue Firmen in der Finanzbranche.
Über zehn Prozent der Unternehmen haben mindestens ein weibliches Mitglied
Gut 4,5 Prozent der Finanz-Start-ups beschreiben sich selbst ausdrücklich mit Begriffen wie nachhaltig, grün, ökologisch oder umweltbewusst. Und mehr als zehn Prozent der Jungunternehmen haben mindestens ein weibliches Mitglied im Gründerteam. 2011 war das erst bei etwa fünf Prozent der Unternehmen der Fall. Und im Jahr 2001 fand sich nur in wenig mehr als ein Prozent aller neuen Vorstände mindestens eine Frau.
"In diese Entwicklung spielt sicher mit rein, dass immer mehr Finanzdienstleistungsangebote von Frauen für Frauen auf den Markt eintreten", meint Databyte-Geschäftsführer Robert Sperl. Sowohl im Bereich Sustainable Fiance als auch bei der Diversifikation werde das Thema ESG das Gründungsgeschehen auch in den kommenden Monaten bewegen.
Neue ETFs werden nachhaltiger
Für diese These spricht auch die Studie "ETFs 2026: The next big leap" des Beratungshauses Pricewaterhouse Coopers (Pwc), für die rund 60 ETF-Manager, Sponsoren, Dienstleister und Market Maker befragt wurden, die zusammen 80 Prozent des weltweiten ETF-Vermögens repräsentieren. Ihnen zufolge wächst diese Asset-Klasse bis zum Jahr 2026 rund um den Globus auf rund 20 Billionen US-Dollar an. Ende 2021 erreichten die verwalteten Vermögen bereits ein Rekordhoch von mehr als zehn Billionen US-Dollar.
ETFs haben sich in volatilen Märkten zu Krisenzeiten bewährt
"Weltweit wollen 46 Prozent der Befragten in den kommenden zwölf Monaten mehr als die Hälfte ihrer Produktinnovationen nach den Kriterien für Umwelt und Soziales sowie gute Unternehmensführung ausrichten. In Europa planen dies sogar mehr als 80 Prozent. Dies auch mit Blick auf die die im März 2021 in Kraft getretene EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Sustainable Finance Disclosure Regulation/SFDR)", so die Studienautoren.
ETFs haben sich in volatilen Märkten zu Krisenzeiten bewährt. Digitale Vertriebskanäle tragen zur Kostensenkung bei und erleichtern den Zugang für neue Anleger zu dem Segment. Die laufende Neuausrichtung nach ESG-Kriterien bietet die Chance, nicht nur regulatorische Vorgaben, sondern auch Investorenwünsche zu erfüllen", erläutert Gerald Gonsior, Partner bei Pwc Deutschland.
Der Artikel ist ursprünglich in Springer Professional erschienen.
Autor(en): Angelika Breinich-Schilly