Die Deutschen investierten 2020 Kapital in Höhe von 49 Milliarden Euro in Aktien, ermittelte eine Analyse von ING Deutschland und Barkow Consulting. Das war so viel wie noch nie zuvor innerhalb eines Jahres. Das Anlagevolumen habe sich mit einem Anstieg von 160 Prozent gegenüber 2019 mehr als verdoppelt.
Auch zeigt die Untersuchung ein deutlich steigendes Interesse der Menschen an Kapitalanlage wie ETF-, Aktien-, Geldmarkt- oder Immobilien-Fonds. Auf diese Investments verteilen sich rund 41 Milliarden Euro des angelegten Geldes. Das entspricht einem Plus von 32 Prozent gegenüber 2019. Für ihre Analyse hatte das Institut zusammen mit dem Beratungsunternehmen das Spar- und Anlageverhalten in Europa im Jahr 2020 anhand von Daten der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgewertet.
Schwache Zinserträge bewirken Umdenken der Anleger
Grund für diese Neuorientierung der Privatanleger sind die anhaltend schwachen Zinsen. So hätten die Zinserträge aus Bankeinlagen seit dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2008 bis 2021 um 93 Prozent abgenommen. "Der massive Zuwachs bei Aktien- und Fondsinvestments erklärt sich auch damit, dass Vermögensaufbau mit klassischem Sparen kaum noch möglich ist", erläutert Thomas Dwornitzak, Leiter Sparen & Anlegen bei der ING Deutschland, das Ergebnis der Studie.
Der Zinsertrag aus Spareinlagen sank dagegen in den vergangenen knapp 20 Jahren um 93 Prozent. Laut Studie lag er 2003 noch bei 27,2 Milliarden Euro. 2021 sind es nur noch magere 2,8 Milliarden Euro. Dennoch habe sich im gleichen Zeitraum das Volumen des in Spareinlagen angelegten Kapital auf knapp 2,6 Billionen Euro erhöht. Diese Entwicklung zeige noch immer das Missverhältnis aus investiertem Volumen und erzieltem Ertrag. Dennoch habe das Interesse der ING-Kunden an Wertpapieren enorm zugenommen. Die Bank verzeichnete 2020 mit 26,9 Millionen einen Rekord bei den Wertpapiertransaktionen. Im Vorjahr zählte das Haus 11,5 Millionen Wertpapiergeschäfte. Der Grund liege unter anderem auch im zwischenzeitlichen Kurstief, den viele Sparer als Einstiegsgelegenheit genutzt hätten.
Sparvermögen steigt pro Kopf deutlich an
Eine ING-Studie aus dem vergangenen Jahr hatte bereits angedeutet, dass das Anlageverhalten in Deutschland maßgeblich von Krisen beeinflusst wird. "Die Corona-Pandemie im Zusammenhang mit dem Niedrigzinsumfeld reiht sich hier nahtlos in die Beobachtungen aus der Vergangenheit ein", so Dwornitzak. Im internatinalen Vergleich sind die Deutschen 2020 mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 388 Milliarden Euro erneut Europameister bei der privaten Geldanlage - und das zum achten Mal in Folge. Dies entspricht einem Zuwachs von 45 Prozent gegenüber 2019. Analog ist laut Studie das private Finanzvermögen in Deutschland auf nunmehr fast sieben Billionen Euro geklettert.
Auch die Geldanlage pro Kopf ist bei den privaten Haushalten in Deutschland im vergangenen Jahr stark gestiegen. 2019 kamen auf jeden Bundesbürger rund 3.200 Euro Sparvermögen. Dieser Wert ist zwischenzeitlich mit 4.671 Euro fast um ein Drittel in die Höhe geschossen und liegt damit so hoch wie noch nie. Noch 2013 betrug der Wert von Geldanlagen pro Kopf nur rund 1.700 Euro.
Auch europaweit stieg das Finanzvermögen an
Interessant: Der im Untersuchungszeitraum größte jemals berichtete Vermögensrückgang von minus 3,2 Prozent im ersten Quartal 2020 wurde bereits unmittelbar im zweiten Quartal mit dem bislang zweithöchsten Vermögenszuwachs von 4,2 Prozent sogar überkompensiert. Auch das vierte Quartal 2020 endete mit einem Wachstum von 2,9 Prozent. Auf europäischer Ebene stieg das Finanzvermögen 2020 insgesamt um 1,23 Billionen Euro oder 4,7 Prozent auf 27,3 Billionen Euro.
Autor(en): Angelika Breinich-Schilly