Als die Aktienmärkte im Frühjahr in den freien Fall übergingen, konnten sich die Besitzer offener Immobilienfonds entspannt zurücklehnen. Doch der coronabedingte Trend zum Homeoffice fegt ganze Büroetagen leer. Das belastet den gewerblichen Immobilienmarkt.
Die Folgen der Pandemie sind dramatisch - in vielen Bereichen des Alltags- und Berufslebens. Sieht man von den zahlreichen staatlichen Auflagen einmal ab, hat sich die Krise vor allem als Katalysator erwiesen. Der Online-Handel boomt, während der stationäre Einzelhandel mit Umsatzeinbrüchen kämpft. Die Arbeit im heimischen Büro, lange von vielen Firmen eher kritisch beäugt, ist innerhalb kürzester Zeit vom Privileg zum gängigen Modell avanciert.
Entwicklung gewerblicher Immobilien gebremst
Dass diese Entwicklung an den Anbietern gewerblicher Immobilien nicht spurlos vorbeigeht, liegt nahe. Wenn Hotels die Gäste ausbleiben, Einzelhändler weniger verdienen oder gar Pleite gehen und Firmen ihre Mitarbeiter in die eigenen vier Wände verbannen, dann wanken nicht nur die Mieten, sondern auch der Wert der Immobilien sinkt.
Der Immobilienmarkt reagiert zwar träger auf Veränderungen als die Börsen, doch Bremsspuren sind bereits sichtbar. "Zum Stand Ende September 2020 ist die Einjahresrendite der Fonds bereits auf durchschnittlich 2,0 Prozent abgesunken", stellt die Ratingagentur Scope in einer aktuellen Studie für die 16 untersuchten Immobilienfonds fest.
Aufwärtszyklus endet
Damit endet nach den Berechnungen von Scope ein sechs Jahre währender Aufwärtszyklus für gewerbliche Immobilien. Denn Treiber der offenen Immobilienfonds waren "in erster Linie die Aufwertungen der Bestandsobjekte." Dies geht so weit, dass die Bewertung die abwärts gerichtete Entwicklung in anderen Bereichen ausglich. "Während sowohl die Netto-Mietrendite als auch die Verzinsung der Liquidität in den vergangenen sechs Jahren stetig abnahmen, legten die Wertänderungsrenditen vor dem Hintergrund des globalen Immobilienbooms deutlich zu – von minus 0,5 Prozent im Jahr 2013 auf 1,6 Prozent im abgelaufenen Jahr", betonen die Scope-Analysten.
Negative Renditen nicht mehr ausgeschlossen
Damit geraten die Fonds von mehreren Seiten unter Druck. Zu sinkenden Bewertungen gesellen sich fallende Mieten. Der Druck auf den Einzelhandel durch die Online-Anbieter, der sich schon vor der Corona-Krise abzeichnete, habe sich durch den Lockdown nochmals erheblich verschärft, heißt es in der Studie. Doch damit nicht genug. Auch die Liquiditätsbestände erweisen sich in Nullzinszeiten als Hemmschuh für die Renditen.
Und nicht zuletzt ist die immer wichtigere Nachhaltigkeit eine Herausforderung. "Die Bewirtschaftungskosten werden mittel- bis langfristig weiter ansteigen, da insbesondere das Thema ESG und damit Investitionen in den Bestand immer wichtiger werden." Anleger müssen sich daher auf Schonkost einstellen. Zwar erwarten die Scope-Analysten dieses Jahr noch "eine Durchschnittsrendite von 1,5 bis 2,0 Prozent" für die untersuchten Fonds. Doch "einzelne Fonds können dabei auch negative Renditen ausweisen."
Autor(en): Michael Fuchs