Die professionelle Infrastruktur für Investoren entwickelt sich stetig, aber es gibt aktuell nur wenige regulierte Investmentfonds. Viele Anleger investieren daher direkt in Kryptoassets. Dabei sind sie jedoch oft nicht ausreichend sensibilisiert, welche steuerrechtlichen Konsequenzen ihr Investment hat. Grundsätzlich ist der Handel von Kryptowährungen- und Token für Privatanleger in Deutschland den privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des Einkommensteuergesetzes zuzuordnen.
Dabei ist für jedes einzelne Geschäft die Spekulationsfrist von einem Jahr maßgeblich. Ist der Zeitraum größer, ist dieses Geschäft einkommensteuerfrei. Steuerpflichtige Gewinne bei einer kürzeren Haltedauer werden mit dem individuellen progressiven Einkommensteuersatz in Höhe von bis zu 45 Prozent, zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer, versteuert.
Was Anleger beachten müssen
Allerdings gibt es hier eine Herausforderung: Zur Feststellung, ob ein veräußerter Kryptobestand bereits mehr als ein Jahr gehalten wurde, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung das sogenannte FiFo-Verbrauchsfolgeverfahren zu berücksichtigen. FiFo steht hier für First-in-First-Out. Wichtig ist, dass die gesetzlichen Deklarationspflichten gegenüber dem Finanzamt eingehalten werden. Dies kommt in der Praxis häufig zu kurz und kann zu weitreichenden, unter Umständen steuerstrafrechtlichen Konsequenzen führen.
Steuerdokumentation erfolgt phasenweise
Die Erstellung einer ordentlichen Steuerdokumentation lässt sich in vier Phasen einteilen:
Datenmodell: Sofern auf mehreren Plattformen gehandelt wurde, müssen diese einzelnen plattformbezogenen Dateien für eine gesamthafte steuerliche Betrachtung in einer übergeordneten Transaktionshistorie zusammengefasst werden. Dies wird allerdings durch die unterschiedlich verwendeten Begrifflichkeiten, Wechselkurse, Zeitzonen oder dargestellten Ereignistypen erheblich erschwert.
Datenanreicherung: Neben der Erstellung eines einheitlichen Datenmodells stellt insbesondere die richtige Zuordnung von Euro-Wechselkursen zu den jeweiligen Handelsaktivitäten den Steuerpflichtigen vor eine Herausforderung. Viele Plattformen lassen meist nur einen Krypto-zu-Krypto-Tausch zu. Eine Umrechnung in Fiat-Währung wie Euro muss vom Steuerpflichtigen erst ergänzt werden.
Verbrauchsfolgeverfahren: Die größte Herausforderung für den Steuerpflichtigen ergibt sich aus der Erfordernis, seine steuerlichen Einkünfte gemäß dem Verbrauchsfolgeverfahren First-In-First-Out zu berechnen. Einen 'Fluss' eines Assets von Anfang bis Ende – insbesondere, wenn dieses über mehrere Plattformen hinweg transferiert wurde – vollständig abbilden zu können, ist oft schwierig. Die Berechnungslogik muss es ermöglichen, ein zwischen verschiedenen Wallets und Börsen hin- und hergeschobenes Asset exakt zurückzuverfolgen, um so den originären Einkaufs- dem schlussendlichen Verkaufspreis gegenüberstellen zu können.
Dokumentationserstellung: Schließlich muss die erstellte Transaktionsdokumentation so aufbereitet werden, dass die Steuerbehörde alle durchgeführten Analysen und Berechnungsschritte selbst nachvollziehen kann. Der Ergebnisbericht sollte mit der richtigen Balance zwischen Übersichtlichkeit, Vollständigkeit und den richtigen Werten aufbereitet werden.
Software kann unterstützen
Dies führt im Ergebnis dazu, dass bereits die Aufbereitung von nur wenigen steuerlich relevanten Ereignissen den Steuerpflichtigen ohne die notwendigen technischen Hilfsmittel vor große Schwierigkeiten stellt. Eine ausreichende Dokumentation ist oft nur mit entsprechender Software-Unterstützung möglich, wie etwa den Crypto-Asset-Tracker, eine PwC-Eigenentwicklung. Diese Programme stellen für alle oben aufgeführten Herausforderungen einen größtmöglichen Automatisierungsgrad sowie die Einhaltung der steuerlichen Grundsätze sicher.
Anleger sollten sich nicht auf den Standpunkt stellen, dass die Finanzverwaltung selbst weder Markterfahrung noch Datenkenntnis habe. 2017 wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe für Nationale Risikoanalyse gegründet, welche durch das Bundesministerium der Finanzen (BMF) geführt wird. Als ein Ergebnis dieser Arbeitsgruppe wird insbesondere ein Schreiben des BMF zur steuerlichen Einordnung sowie Einkünfteermittlung von Kryptoassettransaktionen erwartet. Zudem bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber Meldepflichten und Vorgaben zum Informationsaustausch auch auf diesen Sektor und seine Marktteilnehmer ausweitet.
Maren Gräfe, LL.M. ist Director bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers am Standort München und leitet den Bereich Private Clients / Private Wealth. Robert Holzmann ist Manager bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers am Standort München. Im Bereich Forensic Services berät er Unternehmen sowie Privatpersonen in der Aufklärung und Prävention regulatorischer Themenstellungen aus strategischer, prozessualer sowie technologie-orientierter Sicht. Michael Fitz (B.A. Banking and Finance/M.A. BWL) ist Associate bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers am Standort Düsseldorf. Im Bereich Private Client Solutions berät er ebenfalls vermögende Privatpersonen.
Autor(en): Maren Gräfe, Robert Holzmann, Michael Fitz