Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, Zinswende und Inflation haben das zurückliegende Geschäftsjahr der R+V Versicherung geprägt und haben Umsatz und Ergebnis beeinflusst. Eine Entwicklung, die auch 2023 noch anhält.
Nicht sparen, sondern investieren lautet wohl die Maxime der R+V, denn sie weitet ihr 2017 gestartetes Investitionsprogramm noch aus. Dieses umfasst weitreichende Maßnahmen, für die der Versicherer einen hohen dreistelligen Millionenbetrag in die Hand nimmt. Diverse große IT-Systeme sollen dabei entstehen, sollen das Unternehmen aber auch ermächtigen, Fachkräfte zu gewinnen.
Für Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft entsteht neue Business-Plattform
Das bedeutet im Detail: Der genossenschaftliche Versicherer stellt seine IT in der Lebensversicherung und in der Schaden-/Unfallversicherung neu auf. In der Lebensversicherung setzt die R+V auf eine flexible und modular aufgebaute Standardsoftware. Für das Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft entsteht eine von Grund auf neue Business-Plattform. Prozesse und Produkte sollen sich so in beiden Segmenten kundenzentrierter und schneller entwickeln lassen. “Wir investieren viel in unsere IT-Systeme und in Personal“, sagt Konzernchef Norbert Rollinger in der heutigen Bilanzpressekonferenz dazu.
Außerdem forciert der Versicherer seine Bemühungen, den Vertrieb konsequent auf Omnikanal auszurichten, um den Kundinnen und Kunden ein optimales Zusammenspiel aus persönlichen und digitalen Zugangswegen zu bieten. Damit will sie auch die Zusammenarbeit mit den Vertriebspartnern, insbesondere den Genossenschaftsbanken vor Ort stärken. Elementarer Teil der Omnikanalstrategie im Vertrieb ist das Customer Relationship Management (CRM)-System „Emma“, das mit seiner 360-Grad-Kundensicht bereits läuft und sukzessive ausgebaut wird.
124 mehr Beschäftigte als noch 2021
Neben den Investitionen in IT-Systeme ist auch das Thema Mitarbeitende für das Wiesbadener Unternehmen sehr wichtig: 100 neue IT-Positionen sind hier im vergangenen Jahr bereits besetzt worden, weitere 100 Positionen in der agilen IT-Landschaft der R+V sind noch offen. Zum Jahresende 2022 zählte die R+V Versicherung in Deutschland insgesamt 16.831 Beschäftigte, 124 mehr als ein Jahr zuvor. „Auch im Außendienst wollen wir weiter wachsen,“ kommentiert Jens Hasselbächer, der für den Bereich Kunden und Vertrieb zuständig ist, die Zahlen.
Im deutschen Erstversicherungsgeschäft erzielte die R+V im 1. Quartal des laufenden Jahres ein Beitragsvolumen von 5,8 Milliarden Euro und lag damit leicht unter dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die gesamten laufenden Beiträge, die sich aus dem Umsatz in der Schaden- und Unfallversicherung, der Krankenversicherung und dem laufenden Beitrag in der Lebensversicherung zusammensetzen, stiegen um 4,8 Prozent auf fünf Milliarden Euro.
R+V freut sich über Entwicklung der Schaden-/Unfallversicherung
In der Schaden-/Unfallversicherung setzte sich der Wachstumskurs über alle Sparten fort. Der Umsatz legte um 5,5 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro zu. In der Lebens- und Pensionsversicherung lagen die Beiträge in den ersten drei Monaten des Jahres mit rund zwei Milliarden Euro um 15,8 Prozent unter dem Vorjahr. Die laufenden Beiträge stiegen um 2,4 Prozent. Laut eigener Aussage wird das Produkt "Safe+Smart" sehr gut angenommen, das im Neugeschäft eine Verzinsung von 2,75 Prozent bietet: Der Neubeitrag steigerte sich um 31,3 Prozent auf fast 300 Millionen Euro.
Starker Zinsanstieg belastet das Ergebnis
Der R+V Konzern schloss das Geschäftsjahr 2022 mit einem Ergebnis vor Steuern von - 258 Millionen Euro ab. Grund für den starken Ergebnisrückgang gegenüber dem sehr hohen Vorjahresgewinn von 914 Millionen Euro war vor allem der starke Zinsanstieg im vergangenen Jahr, so die eigene Einordnung des Versicherers. Marktbewertungseffekte führten zu einem Kapitalanlageergebnis von – 3,6 Milliarden Euro. 2021 lag das Ergebnis noch bei 5,6 Milliarden Euro.
Einführung von IFRS 17 soll Ergebnisse stabilisieren
Hintergrund für die hohe Volatilität der Ergebnisse der R+V ist eine bilanzielle Besonderheit: Sie bilanziert ihre Kapitalanlagen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum DZ BANK Konzern im Gegensatz zum Großteil der Versicherer bereits nach IFRS 9 und damit zu einem relativ hohen Anteil erfolgswirksam. Dagegen konnten Marktbewertungen in der Versicherungstechnik bislang noch nicht adäquat berücksichtigt werden. Dies ändert sich ab dem Jahr 2023 mit der Einführung von IFRS 17, was zu einer Stabilisierung der Ergebnisse beiträgt.
Nach HGB-Rechnungslegung beendete die R+V das Jahr 2022 mit einem Ergebnis von 120 Millionen Euro vor Steuern. 2021 lag das Ergebnis bei 163 Millionen Euro.
Im Jahresergebnis der R+V schlug sich auch ein gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufiges Beitragsvolumen nieder. Dieses lag in der R+V Gruppe mit 19,5 Milliarden Euro um 3,1 Prozent unter dem Vorjahreswert von 20,2 Milliarden Euro. Während das Geschäft in der Schaden-/Unfallversicherung und in der Krankenversicherung weiter wuchs, verzeichnete der Wiesbadener Versicherer in der Lebens- und Pensionsversicherung einen Umsatzrückgang und führt dies auf das schwierige Marktumfeld zurück.
Bis 2026 soll Beitragsvolumen im Gesundheitssektor auf eine Milliarde Euro steigen
Ein wichtiger Wachstumstreiber war 2022 erneut das Geschäftsfeld Gesundheit. „Bei der Gesundheitsversicherung setzen wir einen Schwerpunkt,“ betont Rollinger. Hier erzielte die R+V im zurückliegenden Geschäftsjahr mit 13 Prozent ihre höchste Wachstumsrate. Der Umsatz erhöhte sich auf 849 Millionen Euro. Der genossenschaftliche Versicherer hat sich dabei ein ehrgeiziges Ziel gesetzt und will bis 2026 das Beitragsvolumen auf eine Milliarde Euro steigern.
Im Firmenkundengeschäft will die R+V mit weiteren Produktverbesserungen in der betrieblichen Krankenversicherung, die für 2023 geplant sind, zusätzlich punkten.
Zudem hat sich die R+V vorgenommen, bis 2025 in der Kapitalanlage klimaneutral zu werden. Vor diesem Hintergrund ist der Versicherer der Net-Zero Asset Owner Alliance, dem Bündnis der größten Pensionsfonds und Versicherer, beigetreten.
Quelle: R+V
Autor(en): Anja Schüür-Langkau, Meris Neininger