Zeitpunkt für IDD-Umsetzung wackelt und wie Österreich die Richtlinie beurteilt

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Am 16. Oktober hat der Econ-Ausschuss des Europäischen Parlaments (Ausschuss für Wirtschaft und Währung) über zwei delegierte Rechtsakte zur Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) der Kommission vom 21. September 2017 abgestimmt. Der Ausschuss verabschiedete einen Änderungsantrag, mit dem die Kommission aufgefordert wird, das Inkrafttreten dieser Rechtsakte vom 23. Februar 2018 auf den 1. Oktober 2018 zu ändern.

Neuer Zeitplan kann Probleme verursachen
Inhaltliche Bedenken gegen die Rechtsakte gab es vorerst grundsätzlich nicht. Jedoch wurde der Zeitplan, den die Kommission mit den delegierten Verordnungen vorgab, als problematisch angesehen. Hintergrund dafür ist, dass das Parlament drei Monate Zeit hat, die delegierten Rechtsakte der Kommission vom 21. September 2017 zu prüfen. Das wäre also bis zum 21.Dezember 2017.

AfW-Vorstand und Rechtsanwalt Norman Wirth kommentiert die Sutuation folgendermaßen: „Auch bei vollständiger Zustimmung – die bei diesem Thema keinesfalls selbstverständlich ist - wäre es für die betroffenen Unternehmen dann bis zum 23. Februar 2018 zu wenig Zeit, um die technischen und organisatorischen Umstellungen zu bewerkstelligen. Das hat so zu Recht auch der Ausschuss erkannt und moniert.“ Aus dem in Deutschland für die Umsetzung der IDD federführenden Wirtschaftsministerium erhielt der Bundesverband Finanzdienstleistung laut eigenen Angaben bereits eine Bestätigung für die vorliegenden Informationen. Wirth reagiert mit Unverständnis auf diese veränderte Lage: „Bemerkenswert ist, dass die Brüsseler Politik - beziehungsweise eher die Eurokratie - , nun schon zum zweiten Mal an ihrer selbst aufgebauten Komplexität scheitert und den eigenen Zeitplan nicht einhalten kann. Das war bei der MiFID2-Umsetzung bereits der Fall, nun bei der IDD. “

Österreich und sein Blick auf die IDD
Wie bewertet eigentlich unser Nachbarland Österreich die IDD, ihre Inhalte und Ziele? Johannes Muschik, Chairman des Verbandes der österreichischen Finanz- und Versicherungsprofessionistn /AFPA) und von der FECIF, kommentiert die geplante Umsetzung in der Januar-Ausgabe des Magazins "risControl" mit folgenden Worten. Wir zitieren auszugsweise:
"Ziele der EU Versicherungsvertriebsrichtlinie, IDD, sind hochwertige Beratung, breite Produktauswahl und Konsumentenschutz. Damit auch die finanzielle Nahversorgung erhalten bleibt ist eine
Umsetzung mit Augenmaß erforderlich. Das fordert der Verband der österreichischen Finanz- und Versicherungsprofessionisten, AFPA. ...

Wichtiger Aspekt: Vermittler gegen Insolvenz absichern
Art. 10 Abs. 4 IDD sieht vor, dass Vermittler gegen Insolvenz abgesichert sein müssen, damit Kunden nicht um ihre Prämie „umfallen“ können. Bereits während der EU Konsultationen zu diesem Punkt haben wir darauf hingewiesen, dass die meisten Vermittler in Österreich keine Prämien kassieren, sondern nur Anträge weiterleiten. Und sie sind überwiegend Kleinbetriebe mit wenigen Mitarbeitern. Daher würde sie eine praxisfremde Insolvenz-Ausfallsversicherung nur unnötig belasten und den Kunden keinerlei Vorteile bringen. ...

Wir schlagen vor, die bestehende Regelung in § 43 Abs. 3 VersVG für Versicherungsagenten beizubehalten, wonach ein vom Kunden an den Agenten für den Versicherer bezahlter Geldbetrag als direkt
an den Versicherer bezahlt gilt und ein vom Versicherer an den Agenten bezahlter und für den Kunden bestimmter Geldbetrag erst dann als bezahlt gilt, wenn der Kunde beziehungsweise Versicherungsnehmer ihn tatsächlich erhalten hat. Für Versicherungsmakler schlagen wir die Verankerung der in IDD Art. 10 Abs. 6 Lit. b) vorgesehenen Vorschriften in § 137 Gewerbeordnung (Versicherungsvermittlung) vor: Versicherungsmakler, die Gelder von Kunden für Versicherungen und/oder von Versicherungen für Kunden entgegennehmen müssen über eine finanzielle Leistungsfähigkeit verfügen, die jederzeit vier Prozent der Summe ihrer jährlichen Prämieneinnahmen, mindestens jedoch 18.750 Euro, entspricht.

Honorar oder Provision: Klar kommunizieren
Gemäß Art. 17 Abs. 3 IDD darf die Vergütung des Vermittlers nicht mit der Pflicht, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu handeln, kollidieren. Art. 19 Abs. 1 IDD regelt, dass Versicherungsvertreiber
ihre Kunden vor Abschluss eines Vertrages informieren müssen, ob sie auf Basis einer direkt vom Kunden bezahlten Gebühr („Honorar“) oder einer Vergütung durch das Versicherungsunternehmen („Provision“) oder auf Basis einer anderen Art von Vergütung entlohnt werden.

Rund 50 Prozent der Geschäftsfälle selbstständiger Versicherungsvermittler liegen unterhalb von 1.000 Euro Jahresprämie. Der Zeitaufwand bis zu einem Abschluss oder einer Absage beträgt zwischen 5,6 und 6,3 Stunden! Hinzu kommen zwischen 2,1 und 5,0 Stunden Back-Office Aufwand und in Folge auch die laufende Betreuung (Kundenservice, Administration). Es ist nicht anzunehmen, dass der Konsument bereit ist, jedes Mal Kosten zwischen rund 100 Euro und 300 Euro, zumal auch für den Nicht-Abschlussfall(!), zu tragen. Die Offenlegung der Vergütung soll in der von der IDD vorgesehenen Art und Weise erfolgen und nicht strenger.
Vor dem Hintergrund der verpflichtenden Offenlegung treten wird dafür ein, die Entscheidung über die Art und Weise der Vergütung eines Versicherungsvermittlers dem informierten mündigen Konsumenten zu überlassen. ...

Zu den wesentlichen Merkmalen und Leistungsversprechen der selbständigen Versicherungs- und Finanzberater zählt der Anspruch, die angebotenen Dienstleistungen möglichst nahe an den Kunden zu
bringen, um dadurch unnötigen Aufwand für Anfahrten oder Wartezeiten zu vermeiden. Bei Untersuchungen der Bundesländer zeigt sich, dass die finanzielle Nahversorgung durch selbständige Versicherungs- und Finanzberater derzeit vergleichbar gesichert ist. Die Dichte der Anbieter schwankt zwischen 0,39 Anbieter pro 1.000 Einwohner in Tirol bis 0,57 in der Steiermark. Jede unverhältnismäßig strenge Umsetzung der IDD Sanktionen würde betroffene Betriebe in ihrer Existenz gefährden und die finanzielle Nahversorgung kollabieren lassen. Darum fordern wir eine Umsetzung 'mit Augenmaß'".

Hintergrundinformationen zu Johannes Muschik
Johannes Muschik hat sechs Jahre für die Brüssler Organisation Fecif (The European Federation of Financial Advisers and Financial Intermediaries) gearbeitet. Aufgrund seiner Verpflichtungen in Österreich stand er Anfang des Jahres nicht mehr zur Wiederwahl. Er soll aber weiterhin die Arbeit der FECIF an der IDD (Insurance Distribution Directive) leiten. Muschik ist auch Vorsitzender der AFPA, der österreichischen Financial & Insurance Professionals Association.

Quellen: Bundesverband Finanzdienstleistung AfW e.V., risControl, Versicherungsmagazin

Autor(en): Versicherungsmagazin

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