Das Beratungsunternehmen Zeb hat den Aufwand ermittelt, den Versicherungsunternehmen und letztlich die Kunden für die Aus- und Weiterbildung der Vertriebe erbringen müssen. Interessant ist dabei auch die Relation zum Provisionsaufwand.
Zwar steht immer noch nicht fest, ob und vor allem wann die neue Vermittlerrichtlinie IMD2 kommt, das wurde auch beim 2. Expertenforum IMD2 der Unternehmensberatung Zeb Rolfes Schierenbeck Associates GmbH in einem Vortrag von Fachanwalt Dr. Frank Baumann von der Kanzlei Wolter Hoppenberg deutlich.
Vertrieb verändert sich augenblicklich erheblich
Dennoch ist der Zug in Richtung Auf- und Ausbau eines Weiterbildungssystems für den Vertrieb nicht aufzuhalten, zeigten sich die Experten überzeugt. Denn auch unabhängig von der genauen Ausgestaltung der Regulierung verändert sich der Vertrieb derzeit erheblich. Dass eine der Bankenwelt verbundene Beratungsgesellschaft dabei Banken und Sparkassen als stark wachsenden Vertriebsweg ausmacht, verwundert nicht. Allerdings dürfte auch der Direktvertrieb zunehmen. Dagegen sind ineffizient kleinteilig organisierte, aber auch klassische Vertreter- und Maklervertriebe nicht auf der Gewinnerseite.
Jetzt schon 375 Millionen Euro Aufwand
Aufmerksamkeit erregte Senior Advisor Dietmar Volte von Zeb mit Ergebnissen einer Eigenstudie. Danach schätzt das Beratungsunternehmen den derzeitigen Bildungsaufwand der Versicherungsbranche auf rund 375 Millionen Euro. Davon würden 176 Millionen Euro in die im Vermittlerregister erfassten Vermittler, 33 Millionen Euro in Außendienstangestellte der Versicherer, 152 Millionen Euro in Bankangestellte und 14 Millionen Euro in Angestellte aus den Bereichen Schaden und Service – beispielsweise Callcenter – investiert. Dabei werden Vollkosten der Bildungsangebote selber, aber auch Opportunitätskosten der Teilnehmer berücksichtigt, also der in Provisionseinnahmen bewertete Ausfall an Arbeitszeit durch Bildungsmaßnahmen.
Dieser Aufwand könnte sich aber durch die Weiterbildungsanforderung der Europäischen Union mehr als verdoppeln, so Volte. Mit weiteren 625 Millionen Euro sei zu rechnen. Davon gehen 255 Millionen Euro auf das Konto der registrierten Vermittler, 51 Millionen Euro der Angestellten, 300 Millionen Euro der Bankmitarbeiter und 19 Millionen Euro der Schaden- und Servicemitarbeiter.
Gefahr: Bruttowertschöpfung sinkt empfindlich
In Summe ergibt das die stolze Zahl von einer Milliarde Euro. Diese Zahl ist auch deshalb bemerkenswert, weil das Beratungsunternehmen Prognos kürzlich in einer für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erstellten Studie die Bruttowertschöpfung der Vermittler und ihrer Angestellten auf 8,1 Milliarden Euro bezifferte. Wenn die Zahlen von Zeb realistisch sind, dann dürfte die Bruttowertschöpfung künftig ganz empfindlich sinken, wenn Vermittler noch häufiger Schulungen und andere Bildungsmaßnahmen wahrnehmen. Aber auch in der Diskussion über die als zu hoch empfundenen Abschlusskosten müssen sich insbesondere Branchenkritiker Realitätsferne vorhalten lassen, wenn sie eine Absenkung der Provisionen und anderer Abschlusskosten fordern, gleichzeitig aber auch eine bessere Aus- und Weiterbildung der Verkäufer.
Ineffiziente Vertriebsstruktur
Allerdings zeigte Zeb auch Chancen auf, die im Vertrieb vorhanden sind. Eine Erfahrung teilen die Berater mit externen Marktforschungsinstituten: Viele Verkäufer frönen immer noch dem Produktverkauf, der zwar eine geringere Flexibilität in der Gesprächsführung mit sich bringt, aber offensichtlich Verkaufschancen auslässt. Auch steigt bei dieser Herangehensweise die Gefahr einer Fehlberatung des Kunden, weil dessen Bedarfssituation nicht ausreichend ermittelt und situationsgerecht Lösungen angeboten werden.
Volte beklagte in seinem Vortrag auch die Fantasielosigkeit der Versicherungsbranche bei der Weiterbildung. Die für die Beratung erstellten Tools müssten auch einen Spaßfaktor enthalten, kritisierte er. Die Automobil- und auch die Touristikbranche würden gelungene Gegenbeispiele liefern, wie Verkäufer so mit ihren Produkten und deren Details vertraut gemacht werden, dass sie Freude dabei empfinden.
Vermittlerrichtlinie wird auf zusätzliche Personengruppen ausgeweitet
Weiter sprach er sich angesichts der erschreckenden Summen für eine stärkere Standardisierung der Weiterbildung aus und den großflächigen Einsatz von Blended Learning-Konzepten. Dabei sollten Versicherer auch hinsichtlich der Leistungsstärke der Teilnehmer differenzieren, um gezielt die starken Vermittler zu unterstützen, sich bei schwachen Vermittlern aber nicht mit Bildungsmaßnahmen zu verzetteln.
Muss: Schadenregulierung stärker im Mittelpunkt
An der „gut beraten“-Initiative der Versicherungsbranche kritisierte Anwalt Baumann, dass diese sich zu sehr am alten Vermittlerbegriff der noch gültigen Vermittlerrichtlinie orientiere und die deutliche Ausweitung in der geplanten neuen Richtlinie übersiehe. Vor allem die Schadenregulierung müsse zusätzlich in den Fokus der Weiterbildungsmaßnahmen rücken.
Bildquelle: © Berwis /
Zwar steht immer noch nicht fest, ob und vor allem wann die neue Vermittlerrichtlinie IMD2 kommt, das wurde auch beim 2. Expertenforum IMD2 der Unternehmensberatung Zeb Rolfes Schierenbeck Associates GmbH in einem Vortrag von Fachanwalt Dr. Frank Baumann von der Kanzlei Wolter Hoppenberg deutlich.
Vertrieb verändert sich augenblicklich erheblich
Dennoch ist der Zug in Richtung Auf- und Ausbau eines Weiterbildungssystems für den Vertrieb nicht aufzuhalten, zeigten sich die Experten überzeugt. Denn auch unabhängig von der genauen Ausgestaltung der Regulierung verändert sich der Vertrieb derzeit erheblich. Dass eine der Bankenwelt verbundene Beratungsgesellschaft dabei Banken und Sparkassen als stark wachsenden Vertriebsweg ausmacht, verwundert nicht. Allerdings dürfte auch der Direktvertrieb zunehmen. Dagegen sind ineffizient kleinteilig organisierte, aber auch klassische Vertreter- und Maklervertriebe nicht auf der Gewinnerseite.
Jetzt schon 375 Millionen Euro Aufwand
Aufmerksamkeit erregte Senior Advisor Dietmar Volte von Zeb mit Ergebnissen einer Eigenstudie. Danach schätzt das Beratungsunternehmen den derzeitigen Bildungsaufwand der Versicherungsbranche auf rund 375 Millionen Euro. Davon würden 176 Millionen Euro in die im Vermittlerregister erfassten Vermittler, 33 Millionen Euro in Außendienstangestellte der Versicherer, 152 Millionen Euro in Bankangestellte und 14 Millionen Euro in Angestellte aus den Bereichen Schaden und Service – beispielsweise Callcenter – investiert. Dabei werden Vollkosten der Bildungsangebote selber, aber auch Opportunitätskosten der Teilnehmer berücksichtigt, also der in Provisionseinnahmen bewertete Ausfall an Arbeitszeit durch Bildungsmaßnahmen.
Dieser Aufwand könnte sich aber durch die Weiterbildungsanforderung der Europäischen Union mehr als verdoppeln, so Volte. Mit weiteren 625 Millionen Euro sei zu rechnen. Davon gehen 255 Millionen Euro auf das Konto der registrierten Vermittler, 51 Millionen Euro der Angestellten, 300 Millionen Euro der Bankmitarbeiter und 19 Millionen Euro der Schaden- und Servicemitarbeiter.
Gefahr: Bruttowertschöpfung sinkt empfindlich
In Summe ergibt das die stolze Zahl von einer Milliarde Euro. Diese Zahl ist auch deshalb bemerkenswert, weil das Beratungsunternehmen Prognos kürzlich in einer für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erstellten Studie die Bruttowertschöpfung der Vermittler und ihrer Angestellten auf 8,1 Milliarden Euro bezifferte. Wenn die Zahlen von Zeb realistisch sind, dann dürfte die Bruttowertschöpfung künftig ganz empfindlich sinken, wenn Vermittler noch häufiger Schulungen und andere Bildungsmaßnahmen wahrnehmen. Aber auch in der Diskussion über die als zu hoch empfundenen Abschlusskosten müssen sich insbesondere Branchenkritiker Realitätsferne vorhalten lassen, wenn sie eine Absenkung der Provisionen und anderer Abschlusskosten fordern, gleichzeitig aber auch eine bessere Aus- und Weiterbildung der Verkäufer.
Ineffiziente Vertriebsstruktur
Allerdings zeigte Zeb auch Chancen auf, die im Vertrieb vorhanden sind. Eine Erfahrung teilen die Berater mit externen Marktforschungsinstituten: Viele Verkäufer frönen immer noch dem Produktverkauf, der zwar eine geringere Flexibilität in der Gesprächsführung mit sich bringt, aber offensichtlich Verkaufschancen auslässt. Auch steigt bei dieser Herangehensweise die Gefahr einer Fehlberatung des Kunden, weil dessen Bedarfssituation nicht ausreichend ermittelt und situationsgerecht Lösungen angeboten werden.
Volte beklagte in seinem Vortrag auch die Fantasielosigkeit der Versicherungsbranche bei der Weiterbildung. Die für die Beratung erstellten Tools müssten auch einen Spaßfaktor enthalten, kritisierte er. Die Automobil- und auch die Touristikbranche würden gelungene Gegenbeispiele liefern, wie Verkäufer so mit ihren Produkten und deren Details vertraut gemacht werden, dass sie Freude dabei empfinden.
Vermittlerrichtlinie wird auf zusätzliche Personengruppen ausgeweitet
Weiter sprach er sich angesichts der erschreckenden Summen für eine stärkere Standardisierung der Weiterbildung aus und den großflächigen Einsatz von Blended Learning-Konzepten. Dabei sollten Versicherer auch hinsichtlich der Leistungsstärke der Teilnehmer differenzieren, um gezielt die starken Vermittler zu unterstützen, sich bei schwachen Vermittlern aber nicht mit Bildungsmaßnahmen zu verzetteln.
Muss: Schadenregulierung stärker im Mittelpunkt
An der „gut beraten“-Initiative der Versicherungsbranche kritisierte Anwalt Baumann, dass diese sich zu sehr am alten Vermittlerbegriff der noch gültigen Vermittlerrichtlinie orientiere und die deutliche Ausweitung in der geplanten neuen Richtlinie übersiehe. Vor allem die Schadenregulierung müsse zusätzlich in den Fokus der Weiterbildungsmaßnahmen rücken.
Bildquelle: © Berwis /
Autor(en): Matthias Beenken