QBE ist ein weltweit agierender internationaler Versicherer und Rückversicherer mit einem Portfolio von zahlreichen Spezialprodukten. Aktuell arbeitet das Unternehmen seine Strategie bis 2025 aus. Versicherungsmagazin sprach mit Erik Keller, Leiter Haftpflichtversicherung von QBE Deutschland, über diese und weitere relevante Themen.
VM: Wie sehen Sie den Wettbewerb der industriellen Haftpflichtversicherung in Deutschland? Und wo würden Sie Ihr Unternehmen dort positionieren?
Erik Keller: Der Versicherungsmarkt in Deutschland hat in diesem Segment einige große Spezialisten. Da gibt es die traditionellen Anbieter, aber mittlerweile auch den einen oder anderen neuen Mitbewerber aus dem Ausland. Es geht ja im Wesentlichen beim Thema Versicherungen um Dienstleistungen, nicht nur um einen Vertrag. Entscheidend ist die Infrastruktur, die dahintersteht: Serviceleistungen, Know-how, Unterstützung für den Kunden. Ich kenne keinen vergleichbaren Markt in Kontinentaleuropa, in dem so viele große Player unterwegs sind. QBE ist kein „new kid on the block“ mehr, wir sind über zehn Jahre dabei. Unser Ziel ist es, für den Maklermarkt und für die Kunden eine echte Alternative zu den etablierten großen Anbietern darzustellen.
VM: Wie wollen Sie sich von den Mitbewerbern abheben?
Keller: Wir haben keine Produkte von der Stange. Das macht uns besonders. Wir suchen Risikobereiche aus, in denen sich nicht alle tummeln. So sind wir sind zum Beispiel sehr erfolgreich im Bereich Schienenverkehrsunternehmen. Wir versichern auch große Chemie-Risiken und sind im Bereich Offshore-Produkte aktiv. Wo die Märkte etwas knapper sind, können wir punkten, weil wir eine sehr individuelle Risikobewertung und -Verpreisung vornehmen.
Ein anderes Thema sind große Deckungssummen. Wir haben bis zu 100 Millionen Euro Kapazität für das einzelne Haftpflichtrisiko, das hat nicht jeder. Hier sind wir wirklich gut ausgestattet. Und unser Steckenpferd sind internationale Versicherungsprogramme. Wir sind nicht die Einzigen, die das können, aber dies können eben auch nicht so viele.
VM: Wie hat sich das Prämienniveau in den vergangenen Jahren entwickelt?
Keller: Der Haftpflicht-Markt im Bereich Industriekunden war viele Jahre sehr weich. Der Prämienabrieb erfolgte sukzessive. Dies hat sich mittlerweile stabilisiert. Irgendwann ist der Punkt erreicht, wo nicht mehr viel Spielraum ist. Die Prämien gingen nicht nach oben, sie ging immer nur in eine Richtung. Hier sehen wir jetzt einen anderen Trend. Nicht pauschal, aber einzelne Risiken werden angefasst und gemeinsam mit Makler und Kunden neue bedarfsgerechte Konditionen ermittelt.
Makler und Kunden fragen häufig aktuell an, ob sie die Konditionen über einen längeren Zeitraum festschreiben können, weil sie spüren, dass ein gewisser Wandel stattfindet. Ich habe selten erlebt, dass Verträge, die gut performen, teurer werden. Aber schon, dass der eine oder andere Versicherer in Erwägung zieht, seine Kapazitäten zu reduzieren - auf dem doch teilweise sehr dünnen Prämienniveau.
VM: Wie sehen Sie den Bedarf an größeren Kapazitäten?
Keller: Es gab schon immer einen Bedarf an großen Kapazitäten. Die großen Industrieunternehmen sind hier häufig sehr gut beraten und versichern sich adäquat. Im klassischen industriellen Bereich findet im Augenblick eine Sensibilisierung statt. Das gilt zum Beispiel in Risikobereichen wie Rückrufkostendeckungen, gerade für Automobilzulieferer. 2017 lag laut dem „Handelsblatt“ der durchschnittliche Rückrufschaden bei ungefähr zehn Millionen Euro. Früher war ein Industrierisiko vielleicht mit zehn Millionen Euro Deckungssumme versichert, das sieht man heute eher selten. Heute sind es mindestens 25 oder auch 50 Millionen Euro. Die Kapazität war in den vergangenen Jahren und ist auch heute immer noch nicht teuer. Das muss man ganz klar sagen.
VM: Gibt es Risiken, die Sie nicht versichern?
Keller: Ja. Wir bieten in Deutschland keine Arzt-Haftpflichtversicherungenan. Wir versichern keine Krankenhäuser und auch nicht den Nuklearenergie-Sektor.
VM: Welche Herausforderungen sehen Sie bei internationalen Versicherungsprogrammen?
Keller: Man muss sich in mehreren Ländern auskennen, es ist extrem wichtig ein gutes Zusammenspiel zwischen Kunde, Makler und Versicherer sicherzustellen. Das wird häufig unterschätzt. Ein Versicherer muss investieren, um in der Lage zu sein, internationale Versicherungsprogramme zu führen. Dazu gehört, dass man ein gutes und verlässliches Netzwerk aufbaut. Es geht darum, IT-Systeme aufzulegen um einen effizienten Kommunikations- und Datenaustausch zu gewährleisten, entsprechende Erfolgskontrollmechanismen einzuführen und dass eine Datenbank vorhanden ist, aus der man sich die spezifischen Länder-Informationen holen kann. Und wenn man dies alles gemacht hat, geht es eigentlich nur noch darum, dass ein solches internationales Versicherungsprogramm adäquat aufgesetzt wird. Dafür müssen kurze, schnelle Kommunikationswege eingehalten werden. Ich habe ein erfahrenes Team, und es funktioniert sehr gut, wenn Kunde, Makler und Versicherer eng zusammenarbeiten.
VM: Spielt bei Ihnen künstliche Intelligenz eine Rolle?
Keller: Bis jetzt noch nicht, aber wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema. Es bestehen Kooperationen, Projekte, Testphasen. Ich glaube, künstliche Intelligenz wird kommen, allerdings ist das Geschäftssegment, das wir bedienen sehr individuell. KI ist wahrscheinlich auf Massenbewältigung ausgerichtet. Bei uns gilt: Kein Vertrag ist wie der andere.
VM: Wie sehen Ihre Pläne für die nächsten drei bis fünf Jahren aus?
Keller: Wir arbeiten gerade an unserer Strategie bis 2025. Wir wollen den eingeschlagenen Weg weitergehen und uns regional ausbreiten. So wollen wir in Norddeutschland eine Niederlassung aufbauen. Idealerweise werden wir unsere Produktpalette erweitern. Stand heute sind wir Führungsversicherer, auch für international aufgestellte Industriekunden. Im Konzernbereich sehen wir uns weiterhin eher als Beteiligungsversicherer. Wir wollen wachsen, unseren Bekanntheitsgrad steigern und unsere Marktdurchdringung verbessern.
Autor(en): Alexa Michopoulos