Wo bleibt die vielbeschworene Transparenz?

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Der Map-Report hat erneut die privaten Krankenversicherer im Fünfjahresvergleich untersucht. Was die Kennzahlen über die Vertriebsqualität aussagen.

Acht private Krankenversicherer können sich freuen, denn der Map-Report hat ihre Leistungen als „hervorragend“ bewertet. Weitere vier Gesellschaften haben nach der dem Map-Report eigenen Logik ein doppeltes „m“ für sehr gute Leistungen erhalten und ein Versicherer immerhin ein einzelnes „m“ für gute Leistungen. Das bedeutet aber auch, dass 17 Gesellschaften mit einem „m --“ ein „verbesserungswürdiges“ Ergebnis bescheinigt wurde.

Mehr als die Hälfte verweigert Angaben

Der zu Franke und Bornberg gehörende Map-Report bewertet mit einem Gewicht von 30 Prozent Bilanzkennzahlen, mit weiteren 30 Prozent Gewicht Kennzahlen rund um Service und Transparenz. Die restlichen 40 Prozent werden als Vertrag bezeichnet und zeigt die langfristige Beitragsentwicklung einer Reihe unterschiedlicher Vertragskonstellationen.

Bedauerlich ist, dass sich der Map-Report immer noch bei den meisten Versicherern nur auf extern verfügbare Daten stützen kann. Denn nur 13 Versicherer haben zusätzlich notwendige Daten nach Hannover geliefert. Damit verzichten diese 17 Gesellschaften auf eine möglicherweise deutlich bessere Bewertung.

Traurig ist auch, dass immerhin sieben Versicherer nicht einmal die Höflichkeit aufgebracht haben, die Anfragen des Map-Reports zu beantworten. Dabei handelt es sich zum Teil um durchaus große Versicherer. Eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit sieht anders aus.

Abschluss- und Verwaltungskosten hängen zusammen

Für den Vertrieb interessant sind die Zusammenhänge zwischen den Kosten von Vertrieb und Verwaltung einerseits und Qualitätskennziffern andererseits. Die Abschluss- und die Verwaltungskosten der privaten Krankenversicherer hängen eng zusammen, wie eine Korrelationsanalyse für die 13 Versicherer zeigt, für die detaillierte Daten vorliegen.

Die Abschlusskosten der verglichenen Versicherer schwanken zwischen 4,3 Prozent (Debeka) und 12,3 Prozent (Hanse-Merkur), im Mittel sind es 7,9 Prozent. Definiert werden sie als Abschlussaufwendungen in Prozent der Monatssollbeiträge des Neugeschäfts.

Die Verwaltungskosten werden etwas anders gemessen und beziehen sich auf die verdienten Bruttobeiträge. Hier liegt die Bandbreite zwischen 1,4 Prozent (Debeka) und 3,3 Prozent (Württembergische).

Abschluss- und Verwaltungskosten korrelieren mit r=0,6 miteinander – möglich sind bei einer positiven Korrelation Werte zwischen 0 und 1. Das bedeutet, dass die Abschlusskosten und die Verwaltungskosten, wenn, dann tendenziell beide entweder niedrig oder hoch sind. Man kann also nicht behaupten, dass erhöhte Kosten der einen Art in der Regel durch niedrigere Kosten der anderen Art ausgeglichen würden.

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Frühes Storno treibt die Kosten

Besonders auffällig ist der Zusammenhang der mittleren Abschlusskostenquote der Jahre 2016 bis 2020 mit Stornokennzahlen. Dazu zeigt der Map-Report einerseits das Spätstorno, das ist der Abgang durch Kündigung des Versicherten innerhalb der ersten 24 Monate in Bezug auf den Gesamtbestand an Monatssollbeiträgen. Andererseits wird dieselbe Abgangsgröße im Verhältnis zum mittleren Neugeschäft als Frühstornoquote gezeigt.

Beide Quoten sind aussagekräftig für die Frage, wie hoch die Beratungsqualität beim Verkauf von privaten Krankenversicherungen ist. Denn ein Abgang in den ersten zwei Vertragsjahren lässt erwarten, dass dafür auch Beratungsfehler mit verantwortlich sein können. Bei späteren Stornierungen dagegen spricht viel dafür, dass diese auf Gründe zurückzuführen sind, die vom Vermittler der Verträge kaum beeinflussbar sind, beispielsweise berufliche Wechsel oder Geschäftsaufgaben.

Die Kennzahl Spätstorno schwankt bei den 13 Versicherern zwischen 0,3 Prozent (Debeka) und 4,7 Prozent (Mecklenburgische). Das Frühstorno liegt zwischen 2,1 Prozent und 4,7 Prozent, die Versicherer sind dieselben.

Die Korrelationen mit der Abschlusskostenquote sind hier besonders hoch und erreichen r=0,74 und r=0,66 für Spät- und Frühstorno. Auch mit den Verwaltungskosten sind beide Kennzahlen signifikant positiv korreliert, die Werte lauten hier r=0,51 und r=0,63. Das bedeutet, dass erhöhtes Frühstorno auch mit erhöhten Abschluss- und Verwaltungskosten einhergeht und umgekehrt.

Vergütungssystem fördert nicht die Bestandsfestigkeit

Für die Versichertengemeinschaften wäre es daher wünschenswert, möglichst selten Stornierungen junger Versicherungsverträge hinnehmen zu müssen, weil sich die rund um den Vertrieb und die Verwaltung dieser Verträge entstehenden Kosten über die kurze Laufzeit nicht vollständig verdienen lassen. Das bedeutet auch, dass die gesetzliche Stornohaftung keineswegs ausreicht, eine Kostenneutralität frühzeitiger Abgänge zu erreichen. Der Versicherer selbst hat erhebliche Vertriebskosten wie unter anderem bei der Antragsprüfung, die sich bei kurzer Vertragslaufzeit besonders schlecht auf die gezahlten Beiträge der Kunden verteilen lassen.

Im Vertrieb privater Krankenversicherungen dominieren aber immer noch einmalige Abschlussprovisionen als marktübliche Vergütung, wie verschiedene Provisionsbefragungen der vergangenen Jahre zeigen. Anders als in der Lebensversicherung haben die bisherigen gesetzgeberischen Maßnahmen nicht dazu geführt, dass wenigstens in kleineren Teilen die Abschlussvergütungen in die Laufzeit der vermittelten Verträge verteilt wird. Dadurch würde jedoch der Anreiz steigen, potenziell bestandsfestes Geschäft zu vermitteln und umgekehrt der Anreiz sinken, Verträge frühzeitig umzudecken, um erneute Abschlussprovisionen verdienen zu können.

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Beschwerden und erhöhte Kosten hängen zusammen

Keinen statistisch signifikanten Zusammenhang mit den Abschluss- und Verwaltungskosten zeigt die Kennzahl Prozessquote, das ist die Anzahl der Leistungsprozesse je 100.000 versicherte Personen. Diese Kennzahl bewegt sich zwischen 2,0 (VGH Provinzial) und 15,0 (alte Oldenburger).

Dagegen zeigen sich statistisch Zusammenhänge mit den beiden Beschwerdequoten, die vom Map-Report erhoben wurden. Für alle Versicherer gibt es Zahlen zur Anzahl der Beschwerden je 100.000 Krankenversicherter von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), dagegen nur für zwölf Versicherer auch eine vergleichbare Kennzahl an Beschwerden beim Ombudsmann für die private Kranken- und Pflegeversicherung.

Die BaFin-Beschwerdequote bewegt sich im Fünf-Jahres-Vergleichszeitraum zwischen 0,0 (Mecklenburgische) und 9,2 (LKH), die Ombudsmann-Beschwerdequote zwischen 1,9 (Württembergische) und 22,5 (Alte Oldenburger).

Autor(en): Matthias Beenken

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