Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat zwei nicht rechtskräftige Landgerichtsurteile veröffentlicht, nach denen Versicherungsmakler Verbraucher täuschen, wenn sie sich als unabhängig bezeichnen.
Die beiden auf der Webseite des vzbv veröffentlichten Urteile der Landgerichte in Köln (Az. 33 O 15/23) und Bremen (Az. 9 O 1081/22) behandeln ähnliche Sachverhalte. In beiden Fällen hat der vzbv per Verbandsklagerecht wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen mit Maklern geführt, die in verschiedener Form für ihre Unabhängigkeit geworben hatten.
Makler mit Courtage, Sachverständiger mit Honorar
Im Kölner Fall hatte ein Versicherungsmakler auf seiner Webseite unter der Überschrift „Berufsständische Angaben“ ausgeführt: „Die Firma bietet Versicherungsvermittlung sowie -beratung an. (…) Eine Beratung ohne Vermittlung kann als Sachverständiger erbracht werden, wobei diese Tätigkeit gesondert zu entlohnen ist.“
Unter einer weiteren Überschrift „Entlohnung und Kosten“ wird erläutert, dass „Beratung und Versicherungsvermittlung durch den Versicherungsmakler (…) durch eine Courtage abgegolten ist.“ Meistens sei diese in den Versicherungsverträgen einkalkuliert. „Für zusätzliche Dienstleistungen können Honorare vereinbart werden, welche eine separat zu zahlende Forderung sind. (…) Rückvergütungen oder Provisionsweitergaben sind ausgeschlossen, da gem. § 48b VAG verboten.“
Weiter heißt es: „Die Beratung ohne Vermittlung durch den Versicherungssachverständigen erfolgt durch eine Honorarvereinbarung.“ Es werde dabei nach Zeitaufwand abgerechnet.
Verstoß gegen Verbot der Doppelzulassung als Makler und Berater?
Der vzbv hatte vergeblich den Makler abgemahnt, deshalb das Gerichtsverfahren. Nach Meinung der Verbraucherschützer verstößt der Makler gegen das Verbot nach § 34d Absatz 3 GewO, sowohl die Tätigkeit als Versicherungsmakler als auch als Versicherungsberater auszuüben. Der Makler verteidigte sich damit, dass laut der Europäischen Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD und auch einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs Beratung eine zulässige Leistung sei, zudem sei sie eine Hauptleistung des Versicherungsmaklers.
Das Landgericht Köln schloss sich der Meinung des vzbv an. In der Urteilsbegründung geht es dabei ebenfalls ausführlich auf die Trennung der beiden Zulassungsformen als Versicherungsmakler nach § 34d Absatz 1 GewO und als Versicherungsberater nach § 34d Absatz 2 GewO ein. Der Makler habe gegen die klare Trennung verstoßen.
Was ist mit der Beratererlaubnis des Maklers?
Das Gericht setzt sich dabei allerdings überhaupt nicht mit der Erlaubnis zur Versicherungsberatung auseinander, die nach § 34d Absatz 1 Satz 8 GewO dem Versicherungsmakler erteilt wird: „Die einem Versicherungsmakler erteilte Erlaubnis umfasst die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten; diese Befugnis zur Beratung erstreckt sich auch auf Beschäftigte von Unternehmen in den Fällen, in denen der Versicherungsmakler das Unternehmen berät.“
Vorwerfen lassen könnte sich der hier verklagte Makler wohl eher nur, dass er in seinen Internetangaben nicht deutlich gemacht hat, dass er eine versicherungsrechtliche Beratung oder „Sachverständigentätigkeit“ nur gegenüber bestimmten Personenkreisen erbringen kann, umgangssprachlich ausgedrückt nur gegenüber Firmenkunden und im Belegschaftsgeschäft.
Folgt aus Provisionsannahmeverbot des Beraters ein Vergütungsgebot des Maklers?
Dagegen hält sich das Gericht an der Frage auf, ob ein Makler, der gegen Courtage tätig wird, sich als unabhängig bezeichnen dürfe, obwohl sich diese Frage nach § 34d Absatz 1 GewO gar nicht stellt. Es gibt lediglich umgekehrt ein Annahmeverbot für Courtagen und andere wirtschaftliche Vorteile für den Versicherungsberater. Dass ein Versicherungsberater „neutral und unabhängig“ ist, wie es das Gericht behauptet, steht jedenfalls so nicht in der Gewerbeordnung. Ebenso wenig steht dort umgekehrt, dass ein Versicherungsmakler nach § 34d Absatz 1 GewO als „parteiisch und abhängig“ einzustufen wäre – das wäre aber nach der Logik des Gerichts anscheinend der Fall. Es steht dort nicht einmal, dass nicht auch ein Versicherungsmakler Honorar für seine makelnde Tätigkeit annehmen darf. Ein Honorarannahmeverbot, das kurzzeitig im Gesetzgebungsverfahren für das IDD-Umsetzungsgesetz 2017 diskutiert worden war, wurde zurückgenommen. Versicherungsmakler können als gegen Courtage ebenso wie gegen Honorar tätig werden. „Honorar“ ist also gerade nicht gewissermaßen ein Ersatzausdruck für „Unabhängigkeit“ des Beraters.
Sinnvoll wäre es zudem gewesen, sich mit der sogenannten Sachwalter-Rechtsprechung auseinanderzusetzen. So hatte der Bundesgerichtshof 1985 den Versicherungsmakler als treuhänderähnlichen Sachwalter bezeichnet und ergänzt: „Das gilt trotz der in vielen Ländern gleichförmig bestehenden Übung des Versicherungsvertragsrechts, wonach die Provision der Versicherungsmakler vom Versicherer getragen wird (…).“
Keine produktunabhängige Beratung?
In dem in Bremen verhandelten Fall wurde einem Makler ebenfalls aus wettbewerbsrechtlichen Gründen untersagt, auf seiner Webseite zu schreiben, „wir bieten bundesweit produktunabhängige Beratung an“ und/oder, „wir bieten bundesweit eine unabhängige Beratung zu folgenden Themen“.
Hier ging es hauptsächlich um die Vermittlung von Finanzanlagen nach § 34f GewO, am Rande auch um Versicherungsmaklertätigkeiten nach § 34d Absatz 1 GewO. Nach Meinung des Bremer Gerichts hat der Makler „unwahre Angaben“ verbreitet. Denn die behauptete „Unabhängigkeit“ könne nach dem Sinn der Vorschriften nur behaupten, wer eine Zulassung als Honorarberater nach den §§ 34h bzw. 34d Absatz 2 GewO habe.
Es reiche nicht aus, nur unabhängig zu sein im Sinne einer fehlenden vertraglichen Bindung an Produktgeber. Sondern dann müsse man zusätzlich „vollständig unabhängig von etwaigen Provisionen oder anderen Zuwendungen“ sein. Auch hier verkennt das Gericht, dass selbst der Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h Absatz 3 Satz 2 GewO Provisionen annehmen darf: „Sie dürfen Zuwendungen eines Dritten, der nicht Anleger ist oder von dem Anleger zur Beratung beauftragt worden ist, im Zusammenhang mit der Beratung, insbesondere auf Grund einer Vermittlung als Folge der Beratung, nicht annehmen, es sei denn, die empfohlene Finanzanlage oder eine in gleicher Weise geeignete Finanzanlage ist ohne Zuwendung nicht erhältlich. Zuwendungen sind in diesem Fall unverzüglich nach Erhalt und ungemindert an den Kunden auszukehren.“
Damit hätte konsequenterweise der Bremer Richter auch den Honorar-Finanzanlagenberatern absprechen müssen, „unabhängig“ zu sein.
Klärung in nächster Instanz sinnvoll
In beiden Fällen kann man nur hoffen, dass sich höhere Instanzen intensiver mit dem Recht der Versicherungs- und der Finanzanlagenvermittlung auseinandersetzen.
Die Gerichte berufen sich auf recht subjektive Auffassungen davon, was unter einem Begriff wie „unabhängig“ zu verstehen ist. Im Bremer Fall sagt das der „erkennende Richter“ sogar ausdrücklich, indem er sein Begriffsverständnis als repräsentativ für dasjenige eines Anlegers einordnet, an den sich die Werbung des Maklers richte.
Autor(en): Matthias Beenken