Wie die Nachhaltigkeitsstrategie der Makler aussehen kann

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Versicherungsmakler sollten die Transparenzverordnung zum Anlass nehmen, ihre Beratungsstrategie zu erweitern. Dabei kann ein stufenweises Vorgehen helfen.

Ab 10. März muss die "Verordnung (EU) 2019/2088 vom 27.11.2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor" (TVO) angewendet werden. Damit sollen Finanzdienstleister ihren Beitrag leisten, nachhaltig zu investieren. Auch Versicherungsmakler sind davon betroffen, wenn sie Versicherungsanlageprodukte anbieten.

Verbände empfehlen Anpassung der Maklerhomepage

Noch gibt es einige Unklarheiten über die genaue Auslegung der Bestimmungen. Insbesondere fehlen die Technischen Regulierungsstandards der drei europäischen Aufsichtsbehörden, auch wenn vor wenigen Tagen ein erster Entwurf publiziert wurde.

Dennoch besteht jetzt bereits Handlungsbedarf, auf den verschiedene Verbände und Experten aufmerksam machen . Versicherungsmakler müssen ihre Homepage um Informationen zu ihrer Nachhaltigkeitsstrategie sowie zu ihrer Vergütungspolitik ergänzen, vorvertragliche Informationen anpassen sowie Marketingmitteilungen auf eine Übereinstimmung mit der Nachhaltigkeitsstrategie hin überprüfen.

Sachwalterstellung läuft Nutzung von Ausnahmen entgegen

Die Verordnung lässt zwar zu, dass Kleinstbetriebe mit weniger als drei Mitarbeitern ausgenommen bleiben. Sinn macht das aber nicht, denn damit schadet sich ein Makler im Wettbewerb eher selbst.

Gerade Versicherungsmakler sollten es unabhängig von der Größe ihres Betriebs als ihre Aufgabe ansehen, im Rahmen ihrer Sachwalterstellung denjenigen Kunden gerecht zu werden, die an einer nachhaltigen Anlage ihrer Mittel interessiert sind. Und dabei handelt es sich um eine wachsende Zielgruppe, die sich zudem durch überdurchschnittliche Bildung und überdurchschnittliche finanzielle Mittel auszeichnet. Dieser Zielgruppe keine Antwort auf die Frage nach den Prinzipien der Kapitalanlage bei den empfohlenen Gesellschaften geben zu können, wäre fatal.

Welche Produkte sind betroffen - und bei wem?

Dasselbe gilt für die theoretische Möglichkeit, auf die Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten ganz zu verzichten. Zum einen ist man sich in der Branche noch nicht ganz einig, ob nicht auch staatliche Förderprodukte wie Riester, Rürup und vor allem die betriebliche Altersvorsorge zu den Produkten dazugehört, für die eine nachhaltigkeitsbezogene Offenlegung notwendig ist.

Die TVO selbst ist in dieser Hinsicht nicht eindeutig. Versicherer selbst müssen geförderte wie ungeförderte Altersvorsorgeprodukte gleichermaßen einbeziehen. Die Versicherungsvermittler werden dagegen nur dann ausdrücklich angesprochen, wenn sie Versicherungsanlageprodukte beraten und vermitteln, mit anderen Worten ungeförderte "Schicht 3"-Produkte. Auch in dieser Hinsicht ist jedoch die Frage, wie glaubwürdig für Kunden eine Aussage wäre, dass man zwar zur Nachhaltigkeit der ungeförderten, nicht aber zu derjenigen der geförderten Produkte eine Aussage treffen kann.

Dreistufiges Verfahren in Sachen Nachhaltigkeitsstrategie

Die TVO verlangt, dass Versicherungsmakler mindestens angeben, ob sie eine Nachhaltigkeitsstrategie haben oder nicht. Wenn es eine gibt, muss erläutert werden, wie Nachhaltigkeitsrisiken in die Beratung einbezogen werden.

Wenn es keine gibt, muss das Fehlen der Strategie begründet werden. Sinnvoll erscheint hier allenfalls, sich auf die noch fehlenden Detailinformationen zu berufen und anzugeben, dass man sich zu gegebener Zeit damit auseinandersetzen und dann eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln wird.

Helfen kann ein stufenweises Vorgehen. Die einfachste Stufe wäre, keine Nachhaltigkeitsstrategie anzugeben und alle Versicherer mit allen ihren Angeboten an Lebens- und Rentenversicherungen einzubeziehen – gewissermaßen weiterzuarbeiten wie bisher. Das ist allerdings für einen Versicherungsmakler, der seine Sachwalterpflichten ernst nimmt, keine auf längere Sicht sinnvolle Vorgehensweise.

 Artikel Nachhaltigkeit Zielke Beenken 16 02 2021

Einfache Nachhaltigkeitsstrategie mit Auswahl der Versicherer

Ein nächster Schritt könnte eine einfache Nachhaltigkeitsstrategie sein, bei der der Versicherungsmakler seine Beratung in dem Fall, in dem ein Kunde explizit Nachhaltigkeit wünscht, auf nachhaltige Versicherer beschränkt. Dazu gibt es bereits erste Versicherer-Ratings, auf die man sich stützen kann.

Wichtig ist allerdings, nicht von vornherein die nicht-nachhaltigen Versicherer quasi per Allgemeinen Geschäftsbedingung auszuschließen, sondern anzugeben, dass der Wunsch des Kunden dafür ausschlaggebend ist. Denn sonst könnte der Versicherungsmakler ungewollt gegen seine Pflichten nach § 60 Absatz 1 Satz 1 VVG verstoßen, wonach er "seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zu Grunde zu legen" hat.

Vorteil der einfachen Nachhaltigkeitsstrategie ist, dass sich der Versicherungsmakler noch nicht im Detail mit einzelnen Versicherungsprodukten und deren jeweiligen Anlagestrategien auseinandersetzen muss. Auch muss er sich nicht auf die derzeit noch nicht standardisierten vorvertraglichen Informationen der Gesellschaften verlassen. Zudem umfasst eine solche Strategie alle Versicherungsprodukte und nicht nur Lebensversicherungen mit Anlagecharakter wie in der TVO beschrieben.

Differenzierte Nachhaltigkeitsstrategie mit Produktanalyse

Wer allerdings auf Dauer ein ernstzunehmender Gesprächspartner für seine Kunden in Sachen Nachhaltigkeit sein will, wird über kurz oder lang eine differenzierte Nachhaltigkeitsstrategie benötigen. Diese sieht - wieder auf Kundenwunsch - nicht nur eine Auswahl nachhaltiger Versicherer, sondern zusätzlich eine Analyse der Produkte selbst vor mit dem Ziel, nur nachhaltige Produkte in den Rat einzubeziehen. Kleinere Versicherungsmaklerbetriebe, die sich kein eigenes Analystenteam aufbauen können, dürften auch bald Hilfe durch Ratingagenturen erhalten. So haben schon mehrere Unternehmen angekündigt, in ihre Produktauswahlsoftware Nachhaltigkeitskriterien zu integrieren.

Die Lage ist sehr dynamisch und sollte deshalb weiter beobachtet werden. Die Versicherungsunternehmen werden nun sukzessive ihre Berichterstattungen ausbauen. Beispielsweise hat der Gewinner im Zielke CSR-Ranking 2019, die Gothaer, noch ein Jahr zuvor große Mängel in der Nachhaltigkeitsberichterstattung gezeigt und im unteren Feld gestanden. Versicherungsmakler sollten deshalb laufend entsprechende Informationen sammeln und auswerten. Eine mehrere Jahre alte Bewertung der Produktauswahl zugrunde zu legen wäre fahrlässig.

Autor(en): Carsten Zielke, Matthias Beenken

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