Die CFA Society Germany, ein Berufsverband für Investmentmanager und professionelle Investoren hat zwölf Empfehlungen veröffentlicht, um die individuelle Vorsorge durch betriebliche und private Altersvorsorge in Deutschland zu fördern.
Die Experten haben sich im Ausland umgeschaut und elf Länder untersucht, in denen die Förderung der Altersvorsorge eine große Bedeutung hat, oder die besonders nachhaltige und verbraucherfreundliche Modelle installiert haben. Zu ihnen gehören unter anderem Bulgarien, Australien, die Niederlande, Frankreich, Kanada sowie Großbritannien. "Als Teil eines globalen Netzwerks von Investment Professionals war es für uns naheliegend, nach internationalen Modellen zu schauen, um mögliche Lösungsansätze für die Problemstellungen in Deutschland zu finden", erläutert Susan Spinner, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende der CFA Society Germany.
Im "Positionspapier zur Reform der staatlich geförderten Altersvorsorge in Deutschland" formulieren die Autoren zwölf Empfehlungen:
- Integration von bAV und geförderter pAV
Die Experten plädieren dafür, die strikte Trennung von beruflicher Altersversorgung (bAV) und privater Altersvorsorge (pAV) aufzuheben. Dies könne die Portabilität bestehender Verträge bei einem Arbeitgeberwechsel erhöhen. Außerdem verringere diese Maßnahme die Benachteiligung bestimmter Gruppen etwa befristet Beschäftigter, Geringverdiener, Selbstständige oder Hausfrauen und -männer.
- Anlageauswahl
Aufgrund unterschiedlicher Kenntnisse und Anforderungen gebe es zwei Gruppen von Vorsorgesparern: jene, die selbstbestimmt die Anlageauswahl vornehmen möchten und jene, die lieber einer Standardlösung anschließen wollen. Für beide Marktsegmente solle je ein Modell angeboten werden.
- Zentrale Plattform für Produkte mit fremdbestimmter Anlageauswahl
Eine neutrale, zentrale Plattform soll für die Koordination der pAV und bAV zwischen Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Anbietern installiert werden.
- Modell für die selbstbestimmte Anlageauswahl
Parallel plädieren die Autoren dafür, ein Modell für die selbstbestimmte Vermögensanlage aufzubauen. Wer eine selbstbestimmte Anlage bevorzuge, solle die Möglichkeit erhalten, bei einer dafür zugelassenen Bank ein Konto zu eröffnen, welches ausschließlich für diese Form der AV genutzt werden dürfe. Anbieter sollten ein breites Spektrum an dafür zugelassenen Anlageoptionen offerieren und etwaige vorzeitige Entnahmen überwachen, die steuerpflichtig wären.
- Rentenanbieter
Neben den großen deutschen Versicherern und Vermögensverwaltern sollten auch mittelgroße und kleinere Pensionskassen und Versorgungswerke als Rentenanbieter aufgenommen werden.
- Begünstigte
Analog zum Betriebsrentenstärkungsgesetz befürworten die Autoren eine Ausweitung der staatlich geförderten AV für alle Erwerbstätigen. Mithilfe einer Opt-out-Regelung könne eine weitreichende Abdeckung erzielt werden.
- Besteuerung
Eine Besteuerung solle nur in der Auszahlungsphase erfolgen. Die steuerliche Begünstigung bei Einzahlung und eine Thesaurierung solle den Zinseszins-Effekt bestmöglich gewährleisten.
- Auszahlungsmodalitäten
Die Autoren lehnen die Einmalauszahlung ab, da diese mintunter falsche Anreize setze. In besonderen Härtefällen könne eine frühzeitige Auszahlung geprüft werden.
- Zinsgarantie und Lebenszyklusmodell
Garantien sollten nicht angewendet werden. Die Anbieter sollten die Anleger über deren Wirkungsweise sowie Vor- und Nachteile aufzuklären. Zudem sollten Anbieter die Mittel der Sparer anhand von Risiko- und Renditegesichtspunkten anlegen, anstatt in einer Gesamtallokation.
- Kostenkontrolle
Um die Kosten zu kontrollieren sollten die Anbieter in einem offenen Wettbewerb stehen.
- Absicherung des Langlebigkeitsrisikos
Eine Absicherung des Langlebigkeitsrisikos im Alter sollte gewährleistet werden. Insofern müssten Anbieter eigenständige Lösungen oder Produkte mit Partnerunternehmen für eine kostengünstige und effektive lebenslange Rente bei Renteneintritt oder danach bereitstellen.
- Bildungsoffensive AV
Die Altersvorsorge sei ein existentieller Bestandteil der finanziellen Sicherheit, stelle die Vorsorgenden und alle beteiligten Akteure aber auch vor komplexe Entscheidungen. Daher sei ein umfangreiches (Finanz)bildungsangebot nötig. Für Honorarberater könne eine Zertifizierung in Bezug auf die geförderte AV eingeführt werden mit dem Ziel, neue Standards für die Beratungsqualität in der Honorarberatung zu setzen und deren Akzeptanz in der Bevölkerung zu steigern.
Spinner mahnt: "Deutsche Sparerinnen und Sparer unterschätzen vielfach ihre eigene Versorgungslücke im Alter oder sind unsicher, wie sie diese bestmöglich durch eigenes Handeln schließen können." In Deutschland seien Reformen dringend erforderlich, um die administrativen, steuerlichen und informativen Hürden abzubauen, die eine individuelle Vorsorge erschwerten.
Autor(en): Versicherungsmagazin.de