Der AfW erkennt im Koalitionsvertrag erste positive Ansätze, kritisiert jedoch insbesondere das Ausbleiben grundlegender Reformen über alle drei Säulen der Altersvorsorge. Auch wenn die gesetzliche Rente von den unabhängigen Finanz- und Versicherungsvermittlerinnen und -vermittlern nicht beraten werde, seien die Festlegungen hier für eine ganzheitliche Beratung zur Altersvorsorge relevant.
Umlagefinanzierte Rente nur steuerfinanzierte Sozialleistung?
„Die Festlegung auf ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 mag auf den ersten Blick Sicherheit vermitteln – tatsächlich ist sie Ausdruck politischer Untätigkeit und folgt auch nicht dem dringenden Reformaufruf maßgeblicher Ökonomen noch in den letzten Tagen. Wenn die entstehenden Mehrausgaben allein über Steuermittel ausgeglichen werden, droht die umlagefinanzierte Rente zur steuerfinanzierten Sozialleistung zu verkommen“, erklärt Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. Schon heute flössen rund 120 Milliarden Euro jährlich aus dem Bundeshaushalt in die gesetzliche Rentenversicherung – Tendenz steigend.
Auch bei der betrieblichen Altersversorgung (bAV) blieben die Ankündigungen vage. Digitalisierung, Vereinfachung und Portabilität seien zwar sinnvolle Ziele, ersetzen aber keine konkrete Strategie zur Verbreitung der bAV in kleinen und mittleren Unternehmen. Die wichtige Rolle unabhängiger Vermittlerinnen und Vermittler werde nicht erwähnt.
Sieht Frühstart-Rente als richtiges Signal
Positiv bewertet der AfW die Einführung einer sogenannten Frühstart-Rente: zehn Euro monatlich für jedes Kind zwischen dem sechsten und 18. Lebensjahr sollen in ein kapitalgedecktes Vorsorgedepot fließen. „Das ist ein richtiges Signal – auch wenn der Betrag eher symbolisch ist. Entscheidend wird sein, wie die konkrete Ausgestaltung erfolgt – insbesondere mit Blick auf die Auswahl der Produkte und deren Beratung“, so Wirth.
Die vorgesehene Reform der Riester-Rente – künftig ein einfaches Anlageprodukt mit staatlicher Förderung, ohne verpflichtende Garantien – weise in die richtige Richtung, bleibe aber ebenfalls unkonkret. Es fehlen klare Aussagen zu Übergangsregelungen, zu Vergütungsfragen sowie zur Rolle unabhängiger Berater. „Ein Standardprodukt allein reicht nicht. Menschen brauchen qualifizierte persönliche Beratung – und diese muss fair und nachvollziehbar vergütet werden“, betont Wirth.
Besonders begrüßt der AfW die eindeutige Haltung zur Beratungsvielfalt: Provisions- und Honorarberatung sollen gleichberechtigt bestehen bleiben. Gleichzeitig soll die BaFin prüfen, ob ihre Instrumente zur Bekämpfung von Fehlanreizen ausreichen. „Es ist ein starkes Signal, dass beide Vergütungsmodelle anerkannt werden. Entscheidend ist nun, dass daraus auch eine faire Regulierungspraxis folgt – ohne ideologische Schlagseiten, die bei einer Übernahme des Finanzministeriums und damit auch der Verantwortung für die BaFin nicht völlig unwahrscheinlich sind.“, kommentiert Wirth.
Einführung einer verpflichtenden Elementarschadenpolice
Die Einführung einer verpflichtenden Elementarschadenversicherung mit staatlicher Rückversicherung und Opt-out-Möglichkeit bewertet der AfW ebenfalls positiv. „Das ist ein ausgewogener Vorschlag, der den Versicherungsschutz gegen zunehmende Klimarisiken stärkt und gleichzeitig individuelle Spielräume wahrt.“
Sein erstes Fazit: „Unsere Branche braucht stabile, verlässliche Rahmenbedingungen – aber auch echten Reformwillen. Altersvorsorge darf nicht nur verwaltet, sondern muss gestaltet werden.“, so Wirth abschließend.
Quelle: AfW
Autor(en): Meris Neininger