Werden "schlechte Risiken" ferngehalten?

Wie die Financial Times (FTD) kürzlich berichtete, würden Autoversicherer die neue elektronische Versicherungsbestätigung ausnutzen, um ungewollte Kunden auszusortieren. Bevor sie die vorläufige Deckung für die Fahrzeugzulassung erteilen, würden einige Gesellschaften die finanzielle Situation der Interessenten prüfen.

Kein Zusammenhang ersichtlich
Stephan Schweda, Presseabteilung des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nimmt klar Stellung zu dieser Aussage: „Die Einführung der elektronischen Versicherungsbestätigung steht in keinem Zusammenhang mit der Bonitätsprüfung. Diese war vorher genauso möglich. Ob ein Unternehmen das macht oder schon immer gemacht hat, obliegt den Gesellschaften. Das ist eine unternehmerische Entscheidung. Aus welchen Gründen der Versicherer einen Kunden nicht versichert, ist jedem selbst überlassen. Man muss die Zulassung eines Fahrzeugs klar von der Bonitätsprüfung trennen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die FTD hat etwas vermengt, was in keinem Zusammenhang steht.“

Einverständniserklärung der Kunden
Seit dem 1. März vergibt die Versicherungswirtschaft die elektronische Versicherungsbestätigung bei der Kfz-Zulassung. Früher hatte der Kunde mit der so genannten Doppelkarte belegt, dass er eine Haftpflichtdeckung besitzt. Jetzt geschieht das über eine siebenstellige Nummer. Der Nummer sind persönliche Daten wie Name und Adresse zugeordnet. Die alte Deckungskarte wurde dagegen meist blanko ausgegeben. Neukunden, die über das Internet eine Deckungsbestätigung beantragen, müssen sich damit bereit erklären, dass das Unternehmen ihre Zahlungsfähigkeit kontrollieren lässt.

“Wir haben eine Bonitätsprüfung für uns unbekannte Kunden eingeführt", sagte eine Sprecherin des Kölner Versicherers Gothaer. Es bekomme aber jeder Interessierte ein Angebot. Auch andere Versicherer wie die Signal Iduna aus Dortmund und die Basler, Bad Homburg, haben die Bonitätsprüfung vor Vertragsschluss eingeführt. Basler und Gothaer kontrollieren die Zahlungsfähigkeit nur bei Neukunden, Signal Iduna prüft auch bereits bekannte Kunden. Die Allianz hat keine Kontrolle der Bonität vor Vergabe der Deckungsnummer eingeführt.

Bei der Kasko-Versicherung muss nicht jeder Kunde genommen werden
Die Kfz-Haftpflichtdeckung ist eine Pflichtversicherung, deshalb dürfen die Versicherer hier keine Kunden ablehnen. Die Kasko-Police ist aber keine Pflichtversicherung - dort müssen die Versicherer nicht jeden Kunden annehmen. Wer bei der Bonitätsprüfung durchfällt, bekommt keine Kasko-Police. Die Versicherer wollen so genannte „schlechte Risiken“ von vornherein fernhalten.

Kritische Stimmen über das Verfahren
Versicherungsmakler sehen das Verfahren kritisch. "Wir möchten, dass die Versicherer die Kunden aufklären und sicherstellen, dass das Verfahren mit den Datenschutzklauseln zu vereinbaren ist", sagt Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand beim Verband deutscher Versicherungsmakler. Auch Thorsten Rudnik von der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten sieht die Gefahr, dass manche Leute irgendwann gar keinen Versicherungsschutz mehr bekommen.

Frau Bobell vom Bund der Versicherten: „Es ist davon auszugehen, dass „dieser Trend“ sich weiter fortsetzten wird, aber die Rechtlichkeit wird hier in Frage gestellt. Der Kunde muss die Einwilligung geben.“ Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten habe schon zum Ausdruck gebracht, dass beim Kasko-Schutz gewisse Personengruppen eventuell Prämienzuschüsse bekommen. Die Versicherungsgesellschaften werden versuchen das für sich zu nutzen. Der Versicherer werde spätestens wenn der Antrag vorliegt prüfen wollen, ob es mit diesem Kunden schon Probleme gab oder geben könnte, wenn es ein Neukunde ist.

Bildquelle: Pixelio

Autor(en): Susanne Niemann

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