Der Map-Report hat ein neues Bilanzrating der Lebensversicherer vorgelegt. Welchen Einfluss die Vertriebssteuerung auf die Kennzahlen hat.
In der Lebensversicherung gibt es immer noch viele Anbieter, aber sie werden weniger. Für 77 und damit drei Lebensversicherer weniger finden sich im aktuellen Map-Report 922 detaillierte Zahlen. Davon sind zudem 13 Versicherer im Runoff beziehungsweise speziell für Runoff geschaffene Unternehmen, das heißt, sie zeichnen kein Neugeschäft mehr.
Provisionen verbieten hilft niemandem
In der Niedrig- bis Negativzinsphase schlagen Kostenbelastungen in besonderer Weise auf die Ergebnisse durch. Deshalb hat der Gesetzgeber mit dem Lebensversicherungsreformgesetz 2015 versucht, eine Kostendämpfung zu erwirken. Aktuell verhandeln die Ampel-Parteien unter anderem darüber, ob der Vorschlag der Grünen aus dem Bundestagswahlkampf aufgegriffen werden soll, einen Teil der Abschlusskosten aus den Produkten herauszunehmen und in die individuelle Verhandlung zwischen Beratern und Kunden zu verlagern – die sogenannte Honorarberatung.
Den Produkten würde es gut tun, weil sie dann leichter beweisen können, ob der Versicherer das Geld seiner Kunden gut anzulegen versteht. Für die Kunden ist allerdings wenig gewonnen, die Beratung wird nur einfach separat in Rechnung gestellt. Oder die Kunden werden auf eine Beratung verzichten und der Steuerzahler bezahlt dann später vermehrte Grundsicherung im Alter.
Kostenquoten stagnieren
Die im Map-Report verglichenen Versicherer haben 2020 insgesamt 98,6 Milliarden Euro Beitragseinnahmen verbucht, das sind nur 0,3 Prozent mehr als 2019. Angesichts der unsicheren Zukunft interessiert besonders, ob die Versicherer Fortschritte bei den Betriebskosten machen konnten.
Die beiden Kostenquoten für Abschluss- und für Verwaltungskosten verharren auf einem unveränderten Niveau. Gewichtet mit den Marktanteilen sind es durchschnittlich 4,4 Prozent der Beitragssumme an Abschlusskosten sowie knapp über zwei Prozent der Jahresbruttobeiträge an Verwaltungskosten. Die Abwärtsbewegung der letzten Jahre konnten die Versicherer nicht fortsetzen.
Direkt- und Ausschließlichkeitsvertrieb günstig im Abschluss
Ein Haupttreiber der Abschlusskosten ist der vorherrschende Vertriebsweg. Zwar liegen nicht für alle Versicherer Daten vor. Die aber zeigen, dass – wenig überraschend – der Direktvertrieb deutlich geringere Abschlusskosten verursacht, aber auch der Ausschließlichkeitsvertrieb. Bei beiden Vertriebswegen sind die Korrelationen zwischen den Abschlusskosten der Versicherer und den Anteilen des Vertriebswegs am Geschäft signifikant negativ korreliert. Die beiden Vertriebswege Makler und Bank haben nur wenig Einfluss auf die Abschlusskostenquote.
Die Verwaltungskosten der Lebensversicherer fallen ebenfalls beim Direktvertrieb signifikant geringer aus, die anderen Vertriebswege sind dagegen für höhere Kosten verantwortlich. Ein weiterer Kostentreiber ist in diesem Bereich das Stornoverhalten der Kunden. Je höher das Bestandsstorno, desto höher die Verwaltungskosten. Kunden von Banken und Sparkassen stornieren signifikant häufiger, Direktkunden ebenso signifikant seltener ihre Lebensversicherungen. Die übrigen Vertriebswege sind in dieser Hinsicht unauffällig.
Teure Runoff-Versicherer
Interessant sind die Kostenquoten nach dem jeweils vorherrschenden Vertriebsweg. Erstaunlicherweise fallen die Runoff-Versicherer, die per definitionem eigentlich gar keinen Neuvertrieb mehr machen, mit 7,3 Prozent und damit der höchsten Abschlusskostenquote auf (hier und im weiteren ungewichtete Mittelwerte). Mit immer noch hohen 6,0 Prozent folgen die Versicherer, die ihr Geschäft schwerpunktmäßig von Banken und Sparkassen erhalten. Der drittteuerste Weg, seinen Lebensversicherungsvertrieb zu organisieren, ist der Multikanal-Vertrieb. Diese Versicherer weisen durchschnittlich 5,4 Prozent Abschlusskostenquote auf.
Interessanterweise sind Versicherer, die sich entweder auf Ausschließlichkeits- oder auf Maklervertrieb fokussieren, bei den Abschlusskostenquoten mit 4,1 Prozent nicht teurer als die – allerdings wenigen – Versicherer mit reinem Direktfokus. Diese Versicherer konnten zudem leichte Kostensenkungen im Vergleich zu 2019 erreichen – dass es insgesamt nicht zu Kostensenkungen gekommen ist, liegt an dem deutlichen Anstieg bei den Runoff-Versicherern.
Neustorno sinkt, beitragsfreie Bestände steigen
Die Runoff-Versicherer konnten dagegen die Verwaltungskosten etwas senken, aber mit durchschnittlich 3,3 Prozent sind diese immer noch am höchsten. Am niedrigsten fallen sie bei den reinen Direktversicherern aus, ein deutlicher Anstieg zum Vorjahr ist einem der Versicherer allein zuzurechnen.
Positiv ist die Entwicklung beim Bestandsstorno. Dieses ist (ungewichtet) von 2,9 auf 2,7 Prozent zurückgegangen. Dazu haben alle Vertriebswege beigetragen. Besonders deutlich zurückgegangen ist die Stornoquote bei Ausschließlichkeitsversicherern von 2,7 auf 2,3 Prozent.
Was passiert, wenn die Politik die Lebensversicherten weiter verunsichert
Allerdings steigen die Anteile beitragsfreier Versicherungen. Mehr als jeder vierte Versicherungsvertrag im Bestand wird nicht mehr bespart, im gewichteten Mittel sind es 29,1 Prozent (28,5 Prozent 2019). Hierzu haben alle Vertriebswege bis auf den Multikanalvertrieb beigetragen. Wenn die Politik weiterhin die Lebensversicherten verunsichert und ihre eigenen Förderverträge schlechtredet, dürfte dies weiter ansteigen.
Der Map-Report 922, Bilanzrating deutscher Lebensversicherer 2020, umfasst 202 Seiten und kann kostenpflichtig beim Ratinghaus Franke und Bornberg bestellt werden.
Autor(en): Matthias Beenken