Welche Altersvorsorge-Konzepte liegen im Trend?

"Die Rentenversicherung ist die letzte Möglichkeit, unbegrenzt Geld aus dem Nettoeinkommen zu investieren und Kapitalerträge zu erzielen, die in der Ansparphase hundertprozentig steuerfrei bleiben", mit dieser Erklärung lenkte Frank Breiting, Senior Consultant bei Tillinghast – Towers Perrin, einem der weltweit größten Beratungs-Unternehmen, das Augenmerk auf die Produktlandschaft 2005. Während eines Pressegesprächs beim britischen Versicherer Clerical Medical betonte Breiting, dass schon jetzt ein deutliches Umschwenken von der klassischen Lebensversicherung hin zu Rentenversicherungen im Markt erkennbar sei.

Clerical Medical, das zum weltweit tätigen Finanzdienstleister in Großbritannien, der HBOS Group, gehört, präsentiert – pünktlich zum 1. Januar 2005 – ein eigenes neues Modell der so genannten Rürup-Rente.

Mit Blick auf den gesamten Vorsorgemarkt ist laut Breiting erkennbar, dass der Vertrieb in der Rürup-Rente und in Konzepten der klassischen und fondsgebundenen Rentenversicherung einen Ersatz sehe, bisherige Einnahmequellen durch Provisionen aus der Kapital-Lebensversicherung ersetzen zu können. Die privaten Renten-Produkte gelten künftig als das klassische Vorsorge-Produkt.

Vieles wird anders


Mit dem Alters-Einkünfte-Gesetz (AltEinkG) wird auf dem Sektor der privaten Altersvorsorge Vieles anders. Daraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen für die Versicherer, um im Wettbewerb weiter bestehen zu können. Im Grunde genommen handele es sich bei den derzeit angebotenen privaten Rentenversicherungen um Lebensversicherungen ohne Todesfallschutz. Breiting: "99 Prozent aller Verträge für private Rentenversicherungen wurden einst als Kapitallebensversicherungen gestartet."

Aus einer GDV-Studie geht hervor, dass Rentenversicherungen seit Jahren – auch ohne AltEinkG – schon kontinuierlich im Aufwärtstrend lagen. Dabei werde zunehmend der fondsgebundenen Variante der Vorzug gegeben. Tillinghast – Towers Perrin hat in einer eigenen Erhebung festgestellt, dass im Maklermarkt – gemessen am laufenden Neubeitrag – 52 Prozent des Neugeschäfts bis zum dritten Quartal 2004 als fondsgebundene Rentenversicherung abgeschlossen wurde.

Drei-Säulen-Modell durch Drei-Schichten ersetzen


Mit dem AltEinkG entstand auch das Konzept für die so genannte Rürup-Rente, die aus GDV-Sicht nicht nach Sachverständigen und Regierungs-Ratgeber Bert Rürup benannt werden dürfe, sondern eher Basis-Rente heiße müsse. Das neue Konzept löst das bisherige Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge (Säule I: staatliche Rente, Säule II: betriebliche Altersversorgung und Säule III: private Altersvorsorge) ab.

Ab sofort spricht man vom Drei-Schichten-Modell, dessen Grundstein
  • die Schicht 1
  • mit der Basisvorsorge aus staatlicher Rente und Rürup-Rente (beide nachgelagert besteuert) ausmacht. Sie wird zu 100 Prozent von dem Vertragsmodell Rente dominiert.
  • Die Schicht 2
  • , die kapitalgedeckte Vorsorge, setzt sich aus der betrieblichen Altersversorgung (bAV) – nachgelagert besteuert – und einer Riester-Rente zusammen, die Zulagen und/oder nachgelagerte Besteuerung beinhaltet. Bei dem Riester-Modell können bis zu 30 Prozent als Kapital bezogen werden.
  • Die Schicht 3
  • steht für Investment-Produkte, die insgesamt vorgelagert besteuert werden. Dabei kann es sich um eine Lebensversicherung handeln, bei der die Besteuerung in die Ansparphase fällt. Die Rente genießt in der Ansparphase völlige Steuerfreiheit. Darüber hinaus gehören noch Fonds und Sparpläne in die Schicht 3.


Nur in der dritten Schicht besteht künftig eine steuerbegünstigte Möglichkeit, die Leistung optional oder ausschließlich als Kapital ausbezahlt zu bekommen.

Breiting prognostiziert hier ebenfalls einen deutlichen Trend zum Modell Rentenversicherung, denn sie böte ohnehin die letzte Möglichkeit zu 100 Prozent steuerfreie Anspargelder durchzusetzen.

Für die verschiedenen Produktgruppen gab Breiting unterschiedliche Einschätzungen ab. Danach wird künftig die
  • Rürup- oder Basis-Rente deutlich stärker nachgefragt werden als die Riester-Rente. Allerdings werde sie in vielen Fällen nur schwer verkäuflich sein, weil es sich zunächst um einen langsameren Anlauf als bei dem Riester-Modell handele. Mehr Erfolg misst Breiting der Rürup-Rente bei, weil mit ihrer höhere Beiträge angesammelt werden können und der Vertrieb die volle Provision (anders als bei Rürup) beanspruchen kann.
  • Fondsgebundene und klassische Rentenversicherungen werden kurzfristig – so Breitings Prognose – die wesentliche Einnahmequelle für den Vertrieb sein. Sie liegen demnach besonders stark im Trend.
  • Abwärts gehe es dafür mit den klassischen und fondsgebundenen Lebensversicherungen. Generell seien Lebensversicherungs-Verträge zwar noch "verkaufbar", doch sicherlich in reduzierterem Umfang als bisher und nur in bestimmten Marktsegmenten. Das liege am Wegfall des Steuerprivilegs bzw. an der nur noch reduziert steuerbegünstigten Variante.
  • Einen Aufwärtsschub werde die Riester-Rente erfahren, deren Modell vom Gesetzgeber in einigen Punkten nachbearbeitet und vereinfacht worden sei. Das habe das bisherige Negativ-Image zwar nicht wesentlich verbessert; es handele sich hier aber um das einzige Produkt mit staatlicher Förderung und steigendem Förderrahmen.
  • Der bAV Entgeltumwandlung als der "einzigen echten Vorsorgeform direkt aus dem Brutto-Einkommen" bescheinigte Breiting künftig ebenfalls stärkere Akzeptanz Zukunft. Problematisch sei allerdings der bAV-Durchführungsweg über die Pensionskasse, weil die Pauschalbesteuerung wegfällt.


Der Trend zu den Rentenversicherungen und der Wechsel von der Kapitalleistung zur Rentenzahlung bergen nach Breitings Aussagen enorme Konsequenzen bei den Anforderungen an die Versicherer:

Die Laufzeiten der Verträge verlängern sich (von Endalter 60 bis 70 auf den Todestag). Das sei mit Blick auf die neuen Sterbetafeln und die ständig steigende Lebenserwartung bei Frauen und Männern eine logische Folge.

Das bedeute aber auch erhebliche Konsequenzen für Garantien, Kalkulation und Finanzkraft der Versicherungs-Unternehmen. Breitings Prognose: "Garantien werden künftig zurückhaltender ausgestaltet. Die Laufzeit wird entweder verkürzt oder variabler gestaltet werden."

Höhere Verwaltungskosten


Die Versicherer müssten sich auf höhere Verwaltungskosten einstellen, weil die Renten-Vertrags-Betreuung aufwändiger sei als das Handling einer Kapital-Auszahlung. Das vergrößere auch den Druck auf die Solvabilität des Versicherers, zumal bei fondsgebundenen Tarifen die Solvabilitäts-Anforderung bei Verrentung von einem auf vier Prozent steige. Bei klassischen Tarifen wird bei Verrentung der Schlussgewinnanteil aufgelöst und verrentet; daher entfällt er als zur Solvabilität hinzurechenbarer Faktor.

Insgesamt, so resümierte Breiting, werde sich trotz aller Überlegungen das Geschäftsmodell der Lebensversicherer nicht sofort und radikal zum 1. Januar 2005 ändern. Dennoch müsse sich die Branche auf grundlegende Änderungen einstellen.

Autor(en): Ellen Bocquel

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