Deutschland sieht sich in den kommenden Jahren einer massiven Alterung der Bevölkerung ausgesetzt, die nach und nach auch mit einem Bevölkerungsrückgang einhergeht. Warum dies so ist und was dies für Deutschland bedeutet, haben Professor Dr. Jutta Rump und Silke Eilers vom Institut für Beschäftigung und Employability der Hochschule Ludwigshafen am Rhein im Medium „Aktuar Aktuell“ der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) analysiert. Nachfolgend ein Ausschnitt.
Laut Prognosen wird der Anteil Erwerbsfähiger (20- bis 64-Jährige) an der Gesamtbevölkerung von 61 Prozent im Jahr 2013 auf ungefähr 51 Prozent im Jahr 2060 absinken. Ein weiterer Faktor, der die demografische Entwicklung prägt, ist die Zuwanderung. Die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung geht in ihren Szenarien von einem Wanderungssaldo, also von einer Differenz aus Zu- und Abwanderung, von 500.000 Personen im Jahr 2015 sowie sinkenden Zahlen in den folgenden Jahren bis zum Jahr 2021 aus (Statistisches Bundesamt 2015). Diese Schätzungen wurden allerdings vor der stark ansteigenden Zahl Schutzsuchender, die im Jahr 2015 und darüber hinaus nach Deutschland kamen, berechnet.
Nur zeitverzögerte Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt möglich
Doch auch wenn zu erwarten ist, dass sich rein quantitativ eine Abmilderung der demografischen Entwicklung ergibt, kann die Zuwanderung nicht per se als kurz- bis mittelfristige Lösung insbesondere im Hinblick auf sich abzeichnende Fachkräfteengpässe angesehen werden. Zwar sind die Geflüchteten im Durchschnitt deutlich jünger als die deutsche Bevölkerung, doch neben der Betrachtung der Erwerbsfähigen über das Alter muss außerdem ihre Qualifikation betrachtet werden. Diese qualitative Betrachtung gestaltet sich schwierig, da verlässliche und repräsentative Informationen fehlen, wenngleich sich erste Tendenzen abzeichnen. So ist davon auszugehen, dass die qualifikatorischen, aber auch sprachlichen und kulturellen Barrieren zu einer zeitverzögerten und aller Voraussicht nach auch nicht vollständigen Integration in den Arbeitsmarkt führen.
Die erfolgreiche Anpassung an die gegebenen demografischen und strukturellen Trends der Arbeitswelt erfordert auch Maßnahmen auf der betrieblichen Ebene. Derzeit werden Maßnahmen und Konzepte aus unterschiedlichen Bereichen der Unternehmens- und Personalpolitik diskutiert, wie Förderung und Erhalt der lebenslangen Beschäftigungsfähigkeit, alternsgerechte Personalentwicklung und Arbeitsorganisation, Stärkung der Ausbildung, Gesundheitsmanagement, Umgang mit Vielfalt (Gender, Generationen, Kulturen, Ability/Disability) sowie Gestaltung einer Arbeitgebermarke zur Fachkräftegewinnung und -bindung.
In Zukunft: Hierarchie-, Matrix- und Netzwerkorganisation gleichbedeutend nebeneinander
Handlungsleitend bei Ansätzen im betrieblichen Bereich muss dabei stets das Grundprinzip der „Flexicurity“ (Anmerkung der Redaktion: Mischwort aus flexibility - dt.: Flexibilität - und security - dt.: Sicherheit) sein, wonach bei aller gebotenen Flexibilität, die die Herausforderungen des Jahres 2030 mit sich bringen, auch das Bedürfnis der Beschäftigten nach Sicherheit und Stabilität nicht aus dem Blick verloren wird. Dabei gilt es sich zunächst vor Augen zu führen, dass die Herausforderungen, denen sich Unternehmen gegenüber sehen, nur bedingt kompatibel mit festen Organisationswelten sowie mit hierarchischen und zentralistischen Steuerungssystemen sind. Zudem besteht die Notwendigkeit, auch in der Zukunft die Strategie mit den Strukturen und Prozessen zu verknüpfen. Künftig stehen Organisationstypen wie Hierarchie-, Matrix- und Netzwerkorganisation gleichbedeutend nebeneinander – auch innerhalb eines Betriebs.
Ein Muss: Erforderliche Motivation langfristig aufrechterhalten
Und: Nur wenn die Stärken und Talente des einzelnen Beschäftigten im Kontext von Personalentwicklung und Führung entdeckt und entwickelt werden, ist eine Lebensarbeitszeit von 45 Jahren möglich und die dafür erforderliche Motivation langfristig aufrechtzuerhalten. Eine Stärkenorientierung bedeutet eine Individualisierung des Personalmanagements. In engem Zusammenhang hierzu sind berufliche Werdegänge dahingehend auszurichten, dass sie die gesamte Verweildauer im Betrieb in den Blick nehmen und gleichzeitig die Vereinbarkeit von Berufs- und Arbeitsphasen auf der einen Seite sowie der Lebensphasen und -situationen auf der anderen Seite berücksichtigen.
Quelle: DAV
Autor(en): Meris Neininger