Was Versicherer leisten müssen, um für die Zukunft gerüstet zu sein

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Welche Kompetenzen benötigt die Versicherungswirtschaft künftig? Dieser Frage ging der BWV Bildungsverband seit April 2016 nach. Nun legt er die dazugehörige Studie vor, die das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) wissenschaftlich begleitet hat.

Zentrale Fragestellungen der Untersuchung sind: Wie beeinflussen Megatrends wie Digitalisierung oder Automatisierung die Versicherungswirtschaft? Inwieweit tangieren diese Entwicklungen Geschäfts- und Arbeitsprozesse und was bedeutet dies für die tägliche Arbeit der Mitarbeiter der Assekuranz? Welche Kompetenzen müssen sie künftig mitbringen?

Im Fokus: Ausbildung Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzen
Mittels einer Literatur- und Dokumentenanalyse wurden zentrale Herausforderungen, Trends und deren Auswirkungen identifiziert. Basierend auf Expertenbefragungen wurden in Workshops die Zukunftsprognosen für die Versicherungswirtschaft erarbeitet. Im Fokus stand dabei die Ausbildung Kaufmann/Kauffrau für Versicherungen und Finanzen. Ein Vergleich zwischen den aktuell und künftig notwendigen Kompetenzen hat ergeben, dass die Mehrheit der künftig notwendigen Fähigkeiten in der aktuellen Ausbildungsordnung abgebildet wird.

Die kaufmännische Ausbildung in der Versicherungswirtschaft bereitet demnach gut auf die Anforderungen der kommenden Jahre vor. Davon sind die Studienmacher überzeugt. Doch sie wissen auch: In einigen Bereichen besteht Handlungsbedarf, um für die Zukunft noch besser gewappnet zu sein.

Einige Details der Studie:
Für die Versicherer kommen Globalisierung und Digitalisierung zu den aktuellen Herausforderungen aus dem Sektor Finanzpolitik und Kapitalmarkt, wie Niedrigzinsphase oder die steigende Regulierung, hinzu. In diesem Kontext ist gegebenenfalls eine neue Unternehmensstrategie gefragt, welche zu Veränderungen der Geschäfts- und Tätigkeitsbereiche führt und neue Anforderungs- und Kompetenzprofile erzeugt.

Um zentralen Themen wie Datengewinnung und -nutzung, Datenschutz, Weiterentwicklung von Standardisierungs- und Automatisierungsprozessen, Mobilisierung oder Cyber Security gerecht zu werden, sind hohe Investitionserfordernisse hinsichtlich der IT-Infrastruktur notwendig. Dabei ergibt sich ein permanenter Wettlauf mit Startups (Fintechs, Insuretechs) hinsichtlich der Geschwindigkeit, Agilität und Innovation.

Zweckmäßige Vernetzung von Daten
In Bezug auf eine Big-Data-Strategie wird für die Versicherungsbranche die Arbeit mit einheitlichen Plattformen und Datenbanken im Innen- und Außendienst sinnvoll, um auch die Frage nach einer zweckmäßigen Vernetzung von Daten und Informationen zu beantworten. Die Rekrutierung externer Talente sowie das Lernen von und Zusammenarbeiten mit anderen Branchen (z. B. Banken, E-Commerce) könnten strategische Vorteile bieten.

Bestandsdaten bleiben noch häufig ungenutzt
Bei der Datengewinnung ist es sinnvoll, Postings in sozialen Netzwerken, Online-Käufe, die Nutzung von Apps und Gadgets als Trigger zu nutzen, um den Versicherungsbedarf des Kunden frühzeitig zu erkennen. Bei der Einhaltung des rechtlichen Rahmens können sowohl die Versicherungsunternehmen, als auch die Vertriebseinheiten Daten unbedenklich nutzen. Bereits die Bestandsdaten im eigenen Unternehmen, die häufig in „Datensilos“ unverknüpft gespeichert sind, bringen geldwerte Vorteile, bleiben aber laut einer KPMG-Studie derzeit bis zu 85 Prozent ungenutzt.

Gut jeder vierte Arbeitsplatz in Gefahr
Laut einer Studie von McKinsey sei aufgrund der Digitalisierung und der damit verbundenen Automatisierung in den nächsten zehn Jahren jeder vierte Arbeitsplatz in Gefahr. Besonders betroffen seien Arbeitsplätze im operativen Geschäft, unter anderem in der Verwaltung (circa 50 Prozent) und der Schadensabwicklung (ca. 30 Prozent). Die Produktentwicklung, das Marketing und der Sales Support sollen am wenigsten betroffen sein (circa ein Prozent).

Alle zwei bis drei Jahre das Unternehmen wechseln
Ferner soll die Bedeutung der Projektarbeit weiter zunehmen, so dass der 2b Ahead ThinkTank prognostiziert, dass immer mehr Menschen als „Projektarbeiter“ alle zwei bis drei Jahre das Projekt und das Unternehmen wechseln könnten. Dadurch bekommen die Themen Arbeitgeberattraktivität, Rekrutierung und Mitarbeiterbindung einen größeren Stellenwert. Die Organisation der Mitarbeiter in Projekten würden den Unternehmen zudem mehr Möglichkeiten bieten, flexibel auf zum Teil kurzlebige Trends reagieren zu können.

Und wie sieht die Versicherungswirtschaft in zehn bis 15 Jahren aus? Hier liefert die Studie einige Szenarien (eine Auswahl):

Die Versicherungswirtschaft im Jahr 2030
  • Die Entwicklung geht weg von Versicherungsprodukten hin zu „Erlebniswelten“ für den Kunden. Diese werden von Playern der Versicherungswirtschaft oder alternativ von Wettbewerbern aus anderen Branchen (zum Beispiel IT-Plattformanbietern wie Amazon, Google, Facebook) angeboten. Die „Erlebniswelten“ werden zunehmend digital mithilfe verschiedener Plattformen angeboten und entwickeln sich thematisch rund um die versicherungsrelevanten Bereiche wie Mobilität, Gesundheit, Altersvorsorge oder Smart Home.
  • Die künftige Vertriebsform hängt von den zukünftig etablierten Geschäftsmodellen ab. Sollten sich beispielweise die Wettbewerber aus den anderen Branchen im Versicherungsgeschäft zunehmend etablieren und zu den Hauptanbietern der Erlebniswelten werden, bleibt den Versicherern nichts anderes übrig, als die Versicherungsleistungen „zuzuliefern“. Bei dieser Konstellation würde sich der Vertrieb für die Versicherungsunternehmen verstärkt in Richtung B-to-B-Geschäft entwickeln.
  • Die Strukturen in den Versicherungsunternehmen werden sich verändern, Hierarchien werden abgebaut, Führung wird zu Coaching. Mit Blick auf die beschriebenen Veränderungen bedarf es künftig verstärkt der Arbeit in Netzwerken und mit Partnern. Linienaufgaben werden abnehmen, die Arbeit wird verstärkt agil organisiert. Die Beschäftigten arbeiten zeitlich flexibel in interdisziplinären Teams.


Quelle: BWV; Bild: © scandinaviastock / fotolia

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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