Vorstandsgehälter und Corporate Governance Kodex

Spätestens seit dem derzeitigen Debakel um die Bezüge von CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer kocht die Volksseele wieder einmal, wenn es um die Gehälter und Vergütungen in den Vorstandsetagen geht. Bei den Versicherern ist der Deutsche Corporate Governance Kodex, in dem unter anderem eine Absichtserklärung zur Transparenz der Vergütungsstruktur gegeben wird, schon länger ein Thema, wie die Münchener Rück dazu erklärt.

„Wir entsprechen damit dem Interesse der Investoren und Aktionäre. Für ihre Investitionsentscheidungen sollen sie das Verhältnis zwischen Leistung und Vergütung des Vorstands beurteilen können“, erklärt dazu Münchener-Rück-Chef Dr. Nikolaus von Bomhard.

Der Branchen-Riese Münchener Rück meldet sich mit dem Thema Vorstandsbezüge erneut zu Wort und verkündet, dass die Unternehmensgruppe ab 2005 sämtlichen Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex entspreche. Allerdings mit einer Ausnahme: Die Münchener Rück werde die Vorstandsvergütungen nicht individuell ausweisen, weil sie einen solchen Ausweis nicht für sachgerecht halte.

Dennoch, so lenkt Bomhard ein, werde die Münchener Rück im Geschäftsbericht 2004 die Vergütungsstruktur des Vorstands einschließlich der Zahlenangaben, darunter auch die Pensionsverpflichtungen, detaillierter darstellen und aufschlüsseln als bisher.

Die Information zur Vergütungsstruktur des weltweiten Marktführers unter den Rückversicherern werden ab sofort auf seiner Homepage (http://www.munichre.com/) gegeben. Der Geschäftsbericht 2004 mit weiteren Details zum Thema wird am 15.3.2005 vorgelegt. Das öffentliche Bekenntnis der Münchner Rück sorgt jedoch keinesfalls für „Ruhe an der Front“. Die Vorstandsgehälter bleiben ein Diskussions-Dauerbrenner.

Aus einer anderen Ecke kommt erneuter Gesprächsstoff. „Die Mauer des Schweigens bröckelt erfreulicherweise“, verkündet Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Laut einer Umfrage des ManagerMagazins unter den 30 Dax-Konzernen hat sich mit MAN, Branchenriese im Nutzfahrzeug-, Maschinen- und Anlagenbau, das elfte Unternehmen bereit erklärt, seine Vorstandsgehälter offen zu legen.

Auch die Allianz Group legte inzwischen ihre Vorstandsvergütungen offen – natürlich ebenfalls nur en bloc und nicht für jedes einzelne Vorstandsmitglied. Die Allianz ist sich trotzdem sicher, dass es sich bei ihrer Vergütungs-Veröffentlichung um einen „individualisierten Ausweis“ handele. Rainer Schätzle, bei der Allianz für das Bezügesystem zuständig sowie Autor des Buches „Sind Manager ihr Geld wert?“ erklärt, was es damit auf sich hat.

„Wir haben uns zu einem individualisierten Ausweis der Vorstandsvergütung entschlossen, um diesem Wunsch des Markts nach verstärkter Transparenz entgegen zu kommen. Dabei werden die Zahlen vermutlich keine großen Überraschungen beinhalten: Schon heute lässt sich die Vergütung des Vorstands auf Basis des Geschäftsberichts recht genau einschätzen. Zudem ist die Vergütung des Allianz Top-Managements - wie neueste Studien, beispielsweise der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW, belegen – durchaus angemessen.“

Mit der Offenlegung der Bezüge setze Allianz den Weg fort, transparenter und ausführlicher zu berichten. Schätzle: „Diese Transparenz hat bei uns schon Tradition.“

Dazu nennt er zwei Beispiele: Bereits seit 1999 bilanziere die Allianz Group die Aufwände für Aktien-Optionsprogramme („ … eine Praxis, die nach langen Diskussionen in Europa erst ab 2005 zur Pflicht wird.“).

Hier und in anderen Bereichen fühlt sich die Allianz als Vorreiter, wie Schätzle betont: „Wir weisen schon im aktuellen Geschäftsbericht die betriebliche Altersvorsorge für aktive Vorstandsmitglieder detailliert aus. Diese Transparenz werden wir auch bei der individuellen Ausweisung der Vorstandsvergütung weiterführen – und damit mehr Informationen offen legen, als die deutsche Corporate Governance Kommission oder die Europäische Union fordern.“

Die Frage, ob eine Vergütung angemessen ist oder nicht, lasse sich nicht pauschal beantworten. Dafür müsse man die Aufgaben, Leistungen und Erfolge betrachten, die eine Person generiert oder mitgetragen habe. Ebenfalls einzubeziehen seien Zeit und Situation, in der ein Vergütungspaket verhandelt wurde.

Die Vorstellung vom gemütlichen und bequem hochdotierten Vorstandsposten entspreche in keiner Weise der Realität, betont der Allianz-Spitzenmanager. Immer stünden auch die Vorstände unter hohem Leistungsdruck und müssten sich zunehmend dem Risiko stellen, dass ihr Vertrag im Falle ausbleibender Erfolge nicht verlängert oder vorzeitig aufgelöst werde.

Im europäischen Spiegel der Vorstandsverweil-Dauer in der Assekuranz habe sich in den letzten zehn Jahren viel verändert. Während 1995 die durchschnittliche Verweildauer eines Vorstandsvorsitzenden in Europa 9,5 Jahre betrug, lag diese 2003 bei nur noch 6,5 Jahren.

Fazit: Was der einzelne Top-Manager in der Versicherungswirtschaft an Jahresbezügen erhält, bleibt auch nach gründlicher Recherche für Viele im Nebel des Zahlen-Dickichts unklar.

Ein Gesamt-Marktüberblick, in dem die Assekuranz „unter ferner liefen“ nicht einmal extra erwähnt wird, zeigt: Die Gehälter der Banker fallen am höchsten aus. Eine Analyse der Hamburger Vergütungsberatung PersonalMarkt macht darüber hinaus ceutlich, dass im Handwerk und in sozialen Einrichtungen auf Geschäftsführer-Ebene am schlechtesten bezahlt wird. Ausschlaggebend für das Gehalt seien generell die Firmengröße sowie die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, fanden die Hamburger bestätigt. Auch die jüngste Vergütungsstudie der Kienbaum Unternehmensberatung ergab, dass die Jahresbezüge von Managern in der ersten obersten Führungsebene durchschnittlich bei 240.000 Euro liegen.

Ob Vorstand oder Geschäftsführer – derzeit verdient ein 55- bis 60-Jähriger hierzulande jährlich durchschnittlich 269.000 Euro, während sein 35- bis 40-Jähriger Kollege nur 211.000 Euro erhält. Ein Top-Manager, der eine technische Fachhochschule absolviert hat, kommt im Schnitt auf 213.000 Euro pro Jahr, bei einem Universitätsabschluss wären es 259.000 Euro.

Frauen sind der Studie zufolge nach wie vor Ausnahmeerscheinungen in den Führungsetagen deutscher Unternehmen – auch und besonders bei Versicherern. Unter den 707 untersuchten Geschäftsführerpositionen waren nur 3 Prozent weiblich besetzt. In kleineren Firmen ist die Frauenquote mit sechs Prozent überdurchschnittlich hoch.

Während sich Allianz & Co rühmen, mit einer Art Stufen-Vergütung für gerechte Bezüge auch in den Chef-Etagen zu sorgen, ist das in der gesamten deutschen Wirtschaft längst nichts Neues mehr. Kienbaum fand heraus, dass für 90 Prozent aller Geschäftsführer heutzutage eine variable Vergütung vorgesehen ist, deren Anteil durchschnittlich knapp 30 Prozent des Gesamtgehalts beträgt. Eine betriebliche Altersversorgung erhalten 80 Prozent der Unternehmenslenker.

Autor(en): Marianne Storck

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