Das Verbraucherschutzministerium lässt die Bürger seit kurzem über die verschiedenen Möglichkeiten informieren, sich über Finanz- und Versicherungsprodukte informieren zu lassen. Anscheinend ist den Ministerien das Thema selbst zu kompliziert geworden.
Der "Wegweiser Finanzberatung" () wird keineswegs vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und erst recht nicht von den sachlich eher zuständigen Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerien angeboten. Vielmehr zeichnet das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen e. V. für die Verbraucherinformationsseite verantwortlich, wenn auch mit versteckter Angabe, dass dies mit Unterstützung des BMJV erfolge.
Wirrwarr an Erlaubnistatbeständen und tatsächlicher Leistung
Verursachungsgerecht ist diese Art der Aufklärungsarbeit nicht. Denn Hintergrund ist der Wirrwarr, den der Gesetzgeber mittlerweile an Berufen und Erlaubnistatbeständen geschaffen hat, zuletzt mit dem § 34h GewO. Und es geht munter weiter, der § 34i GewO soll folgen.
Allein der § 34d GewO kennt sechs unterschiedliche Formen der Versicherungsvermittler, den ausländischen Vermittler gar nicht einmal mitgerechnet. Aber selbst diese sechs gewerberechtlichen Formen (Vertreter mit Erlaubnis, Vertreter mit Erlaubnisbefreiung, Erlaubnisfreier Vertreter, nicht von der Erlaubnispflicht betroffener Reise-/Garantie-/Restschuldversicherungs-Vermittler, Makler mit Erlaubnis, Makler mit Erlaubnisbefreiung) können nicht zutreffend erklären, was für eine Dienstleistung der Erlaubnisträger genau erbringt.
So kann ein Vertreter mit Gewerbeerlaubnis Ausschließlichkeits- oder Mehrfachvertreter sein, letzteres mit zwei, zehn oder hundert Vertreterverträgen und dementsprechend überaus unterschiedlicher Beratungsgrundlage. Versicherungsmakler laut Vermittlerregister sind nicht selten tatsächlich Versicherungsvertreter, die für einen Makler (oder einen mit Maklererlaubnis tätigen Vertrieb) ausschließlich tätig sind.
Stilblüte des Gewerberechts
Eine Stilblüte des Gewerberechts sind die produktakzessorischen Versicherungsmakler (Makler mit Erlaubnisbefreiung), die als Makler eine treuhänderähnliche Sachwalterstellung dem Kunden versprechen, aber als produktakzessorische Vermittler ein mikroskopisch eng begrenztes Produktangebot haben. Und dass ein produktakzessorisch makelndes Autohaus seinen Kunden den Autokauf ausredet, weil die Daseinsvorsorge wichtiger ist, aber leider die Vorsorgeprodukte nicht produktakzessorisch sind und deshalb gar nicht angeboten werden dürfen, wird wohl niemand vernünftigerweise erwarten.
Obendrein gibt es als vermeintliche Alternative Versicherungsberater nach § 34e GewO. In der Diktion der oben genannten Verbraucherberatungsseite sind sie die beste Wahl, wenn ein Kunde Versicherungsschutz benötigt, weil sie unabhängig sind und nur vom Kunden honoriert werden. Schaut man in die Praxis, findet man unter der Zulassung als Versicherungsberater eine bunte Schar, die bei Rechtsberatern anfängt, teilweise sogar Rechtsanwälten, die gar keine Versicherungsberatererlaubnis benötigen würden, für die aber wohl der Anschein der Versicherungskompetenz günstiger per Gewerbeerlaubnis als per Fachanwaltszulassung zu erlangen ist. Weiter geht es über Töchter von Maklerhäusern, PKV-Tarifwechsel-Makler mit erfolgsabhängigem Honorarmodell bis hin zu Geschäftsmodellen ohne offen erkennbaren Bezug zur Versicherungsberatung.
Selbst Ausschließlichkeitsvertreter können in "Honorar" machen
Noch bunter wird es, wenn man die auf der vom BMJV geförderten Seite gelobten Honorarmodelle betrachtet. Selbst Ausschließlichkeitsvertreter können mittlerweile honorarähnliche Kostenausgleichsvereinbarungen schließen. Jedenfalls fand der Bundesgerichtshof eine solche Vertragsgestaltung wettbewerbsrechtlich nicht anstößig, solange der Kunde korrekt über den kryptisch-unverständlichen, gewerberechtlichen Status aufgeklärt wurde. Wie es aussieht, werden solche Honorarvermittlungs- und Kostenausgleichsmodelle im Markt jüngst verstärkt als Lösung entdeckt, um den Vermittlern und Versicherern zu helfen, die durch Provisionsbegrenzung und Stornohaftung gebeutelt sind. Die Verbraucherberatungsseite dagegen kennt nur "Interessenkonflikte", die bei Maklern, Vertretern und Banken auftreten würden, denn "sie erhalten grundsätzlich nur dann Geld, wenn sie einen neuen Vertrag mit Ihnen abschließen". Bei Honorar soll das dagegen völlig anders aussehen. Ein naiver Traum.
Verwirrung um den Finanzanlagenvermittler
Auch bei den Finanzanlagevermittlern sieht es kaum besser aus. So streiten sich derzeit sogar Ministerien und Erlaubnisbehörden darüber, wie die vom Bundesfinanzministerium erdachte Differenzierung in "Finanzanlagenvermittler" (§ 34f GewO) und "Honorar-Finanzanlagenberater" (§ 34h GewO) gemeint ist. Denn beide sollen das gleiche tun: zu Anlagen beraten und/oder diese vermitteln. Nur dass der "Honorar-Finanzanlagenberater" dies ausschließlich gegen Honorar tun darf. Daraus konstruieren nun einige Experten, dass der Vermittler nach § 34f GewO ausschließlich gegen Provision tätig werden darf. Das steht allerdings so nicht im Gesetz.
Dafür steht im Gesetz, dass der "Honorar-Finanzanlagenberater" doch nicht immer honorig sein muss, wenn man den § 34h GewO aufmerksam liest. Denn auch er darf "Zuwendungen eines Dritten" annehmen, wenn die geeignete Finanzanlage „ohne Zuwendung nicht erhältlich“ ist. Was die Frage aufwirft, wer denn die"Honorar"-Berater zwingt, bei der Kapitalanlagegesellschaft eine Provision zu fordern. Und wer sie anschließend hinreichend eng kontrolliert, dass sie die erhaltene Provision unverzüglich und auf Heller und Pfennig an den Kunden herausrücken.
Stundensatz bei hohen, Provision bei niedrigen Summen
Aus diesem in Berlin geschaffenen Dilemma der vollkommenen Begriffsverwirrung kann allerdings auch das Hamburger Institut den überforderten Verbraucher nicht hinausbegleiten. Flott geschriebene Texte reichen nicht, den Wirrwarr an Vermittlertypen und Vergütungsmodellen zu entzerren und ein klares Bild zu zeichnen. An vielen Stellen wird die Realität vereinfacht, so sind zum Beispiel Strukturvertriebe immer Vertreter und nicht auch Makler, wie es in der Praxis vorkommt. Vertreter scheinen generell über eine geringere Qualifikation als Makler und Berater zu verfügen, obwohl für alle drei Typen dieselben Bildungsvoraussetzungen in §§ 34d GewO und 4 VersVermV genannt sind.
Eine gewisse Einseitigkeit zugunsten der "Honorarberatung" ist nicht zu übersehen. "Die Botschaft wird weiter unterstrichen mit der Farbgebung: ein vertrauenerweckendes Grün für Honorarberater, ein mahnendes Rot für Versicherungsvertreter", so Josephine Pabst in der "Welt". Sie hat dann auch gleich einen noch besseren Rat für die Verbraucher: Der "Honorarberater" mit einer Stundensatzvergütung sollte bei Versicherungen mit hohen Summen gewählt werden, dagegen sind die Kfz- und andere kleinsummige Sachversicherungen beim Provisionsvermittler günstiger. Das stimmt. Jedenfalls so lange, wie das die Provisionsvermittler überleben. Und dann?
Bild: Screenshot der Webseite "Wegweiser Finanzberatung"
Der "Wegweiser Finanzberatung" () wird keineswegs vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und erst recht nicht von den sachlich eher zuständigen Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerien angeboten. Vielmehr zeichnet das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen e. V. für die Verbraucherinformationsseite verantwortlich, wenn auch mit versteckter Angabe, dass dies mit Unterstützung des BMJV erfolge.
Wirrwarr an Erlaubnistatbeständen und tatsächlicher Leistung
Verursachungsgerecht ist diese Art der Aufklärungsarbeit nicht. Denn Hintergrund ist der Wirrwarr, den der Gesetzgeber mittlerweile an Berufen und Erlaubnistatbeständen geschaffen hat, zuletzt mit dem § 34h GewO. Und es geht munter weiter, der § 34i GewO soll folgen.
Allein der § 34d GewO kennt sechs unterschiedliche Formen der Versicherungsvermittler, den ausländischen Vermittler gar nicht einmal mitgerechnet. Aber selbst diese sechs gewerberechtlichen Formen (Vertreter mit Erlaubnis, Vertreter mit Erlaubnisbefreiung, Erlaubnisfreier Vertreter, nicht von der Erlaubnispflicht betroffener Reise-/Garantie-/Restschuldversicherungs-Vermittler, Makler mit Erlaubnis, Makler mit Erlaubnisbefreiung) können nicht zutreffend erklären, was für eine Dienstleistung der Erlaubnisträger genau erbringt.
So kann ein Vertreter mit Gewerbeerlaubnis Ausschließlichkeits- oder Mehrfachvertreter sein, letzteres mit zwei, zehn oder hundert Vertreterverträgen und dementsprechend überaus unterschiedlicher Beratungsgrundlage. Versicherungsmakler laut Vermittlerregister sind nicht selten tatsächlich Versicherungsvertreter, die für einen Makler (oder einen mit Maklererlaubnis tätigen Vertrieb) ausschließlich tätig sind.
Stilblüte des Gewerberechts
Eine Stilblüte des Gewerberechts sind die produktakzessorischen Versicherungsmakler (Makler mit Erlaubnisbefreiung), die als Makler eine treuhänderähnliche Sachwalterstellung dem Kunden versprechen, aber als produktakzessorische Vermittler ein mikroskopisch eng begrenztes Produktangebot haben. Und dass ein produktakzessorisch makelndes Autohaus seinen Kunden den Autokauf ausredet, weil die Daseinsvorsorge wichtiger ist, aber leider die Vorsorgeprodukte nicht produktakzessorisch sind und deshalb gar nicht angeboten werden dürfen, wird wohl niemand vernünftigerweise erwarten.
Obendrein gibt es als vermeintliche Alternative Versicherungsberater nach § 34e GewO. In der Diktion der oben genannten Verbraucherberatungsseite sind sie die beste Wahl, wenn ein Kunde Versicherungsschutz benötigt, weil sie unabhängig sind und nur vom Kunden honoriert werden. Schaut man in die Praxis, findet man unter der Zulassung als Versicherungsberater eine bunte Schar, die bei Rechtsberatern anfängt, teilweise sogar Rechtsanwälten, die gar keine Versicherungsberatererlaubnis benötigen würden, für die aber wohl der Anschein der Versicherungskompetenz günstiger per Gewerbeerlaubnis als per Fachanwaltszulassung zu erlangen ist. Weiter geht es über Töchter von Maklerhäusern, PKV-Tarifwechsel-Makler mit erfolgsabhängigem Honorarmodell bis hin zu Geschäftsmodellen ohne offen erkennbaren Bezug zur Versicherungsberatung.
Selbst Ausschließlichkeitsvertreter können in "Honorar" machen
Noch bunter wird es, wenn man die auf der vom BMJV geförderten Seite gelobten Honorarmodelle betrachtet. Selbst Ausschließlichkeitsvertreter können mittlerweile honorarähnliche Kostenausgleichsvereinbarungen schließen. Jedenfalls fand der Bundesgerichtshof eine solche Vertragsgestaltung wettbewerbsrechtlich nicht anstößig, solange der Kunde korrekt über den kryptisch-unverständlichen, gewerberechtlichen Status aufgeklärt wurde. Wie es aussieht, werden solche Honorarvermittlungs- und Kostenausgleichsmodelle im Markt jüngst verstärkt als Lösung entdeckt, um den Vermittlern und Versicherern zu helfen, die durch Provisionsbegrenzung und Stornohaftung gebeutelt sind. Die Verbraucherberatungsseite dagegen kennt nur "Interessenkonflikte", die bei Maklern, Vertretern und Banken auftreten würden, denn "sie erhalten grundsätzlich nur dann Geld, wenn sie einen neuen Vertrag mit Ihnen abschließen". Bei Honorar soll das dagegen völlig anders aussehen. Ein naiver Traum.
Verwirrung um den Finanzanlagenvermittler
Auch bei den Finanzanlagevermittlern sieht es kaum besser aus. So streiten sich derzeit sogar Ministerien und Erlaubnisbehörden darüber, wie die vom Bundesfinanzministerium erdachte Differenzierung in "Finanzanlagenvermittler" (§ 34f GewO) und "Honorar-Finanzanlagenberater" (§ 34h GewO) gemeint ist. Denn beide sollen das gleiche tun: zu Anlagen beraten und/oder diese vermitteln. Nur dass der "Honorar-Finanzanlagenberater" dies ausschließlich gegen Honorar tun darf. Daraus konstruieren nun einige Experten, dass der Vermittler nach § 34f GewO ausschließlich gegen Provision tätig werden darf. Das steht allerdings so nicht im Gesetz.
Dafür steht im Gesetz, dass der "Honorar-Finanzanlagenberater" doch nicht immer honorig sein muss, wenn man den § 34h GewO aufmerksam liest. Denn auch er darf "Zuwendungen eines Dritten" annehmen, wenn die geeignete Finanzanlage „ohne Zuwendung nicht erhältlich“ ist. Was die Frage aufwirft, wer denn die"Honorar"-Berater zwingt, bei der Kapitalanlagegesellschaft eine Provision zu fordern. Und wer sie anschließend hinreichend eng kontrolliert, dass sie die erhaltene Provision unverzüglich und auf Heller und Pfennig an den Kunden herausrücken.
Stundensatz bei hohen, Provision bei niedrigen Summen
Aus diesem in Berlin geschaffenen Dilemma der vollkommenen Begriffsverwirrung kann allerdings auch das Hamburger Institut den überforderten Verbraucher nicht hinausbegleiten. Flott geschriebene Texte reichen nicht, den Wirrwarr an Vermittlertypen und Vergütungsmodellen zu entzerren und ein klares Bild zu zeichnen. An vielen Stellen wird die Realität vereinfacht, so sind zum Beispiel Strukturvertriebe immer Vertreter und nicht auch Makler, wie es in der Praxis vorkommt. Vertreter scheinen generell über eine geringere Qualifikation als Makler und Berater zu verfügen, obwohl für alle drei Typen dieselben Bildungsvoraussetzungen in §§ 34d GewO und 4 VersVermV genannt sind.
Eine gewisse Einseitigkeit zugunsten der "Honorarberatung" ist nicht zu übersehen. "Die Botschaft wird weiter unterstrichen mit der Farbgebung: ein vertrauenerweckendes Grün für Honorarberater, ein mahnendes Rot für Versicherungsvertreter", so Josephine Pabst in der "Welt". Sie hat dann auch gleich einen noch besseren Rat für die Verbraucher: Der "Honorarberater" mit einer Stundensatzvergütung sollte bei Versicherungen mit hohen Summen gewählt werden, dagegen sind die Kfz- und andere kleinsummige Sachversicherungen beim Provisionsvermittler günstiger. Das stimmt. Jedenfalls so lange, wie das die Provisionsvermittler überleben. Und dann?
Bild: Screenshot der Webseite "Wegweiser Finanzberatung"
Autor(en): Matthias Beenken