Der Status quo des deutschen Gesundheitswesen, die Probleme der Lebensversicherung, die Situation der Kfz-Versicherung und die Zukunftsperspektiven der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, das waren die zentralen Themen des 11. Vorlesungstages an der Universität Leipzig. Versicherungsmagazin hat sich vor Ort die Einschätzungen angehört.
Die Blümsche Behauptung „ Die Rente ist sicher“ war Ausgangspunkt für eine rege Podiumsdiskussion zum Thema „Herausforderungen im Gesundheitswesen“, bei der diverse Experten der Versicherungsbranche ihre Einschätzung lieferten, was von dieser selbstsicheren Anschauung des ehemaligen Arbeitsministers Norbert Blüm noch übrig geblieben ist. Professor Dr. Fred Wagner, Vorstand des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig, moderierte die Runde.
Sinkende Geburtenrate zwingt deutsche Volkswirtschaft in die Knie
„Wenn wir bis zum letzten Atemzug arbeiten, dann ist die Rente sicher“, war die ironische Antwort von Professor Dr. Herwig Birg, Bevölkerungswissenschaftler und Demograf an der Universität Bielefeld, auf die Blümsche Aussage. Doch schnell lieferte er harte Fakten nach, die belegten, dass die Rente eben keinesfalls sicher sei, weil die Geburtenrate erschreckend niedrig sei und es zunehmend an Beitragszahlern fehle. So erbrächten seiner Recherche nach nur ein Viertel bis ein Drittel der Bürger lediglich eine monetäre Beitragsleistung, keine generative, da sie keine Kinder hätten.
Diese Schrumpfung der Gesellschaft führe dazu, dass die deutsche Volkswirtschaft in die Knie gezwungen werde und der technische Fortschritt bedroht sei. Schlimmer sei aber noch, dass er bei den politischen Parteien kein Interesse sähe, dem demografischen Problem entgegenzusteuern und die Talfahrt des Systems zu stoppen. Ganz so düster wollte Stefan Kapferer, Staatssekretär des Bundesministeriums für Gesundheit, die Zukunft natürlich nicht sehen und zeigte sich überzeugt, dass das deutsche Gesundheitssystem sicher sei. Sicher sei aber auch, dass es teurer werde. So werde der Zusatzbeitragsanteil künftig bestimmt weitaus höher sein und man müsse die Menschen weiter dazu ermuntern, mehr private Vorsorge zu treffen. Zudem seien im System noch „Effizienzreserven“ vorhanden, die noch auszuschöpfen seien, so zum Beispiel durch die Reduktion der Krankenhausbetten und von Arztbesuchen.
Die Finanzen im Gesundheitssystem sind endlich
Auch Dr. Volker Leienbach, PKV-Verbandsdirektor, ist sich sicher, dass das Gesundheitssystem für den Einzelnen teurer wird. So müsse man sich fragen, wie die Leistungskataloge in der PKV und der GKV künftig aussehen werden und dafür sorgen, dass die Menschen mehr Vorsorge für ihre Alterssicherung träfen. „Denn die Finanzen sind endlich“, so seine Argumentation. Zu revidieren sei auch die Vollkaskomentalität, die in der Krankenversicherung vorherrsche, eine Haltung, die es bei der Pflege- und Arbeitslosenversicherung in dieser Form nicht gäbe, diese seien nur durch eine Teilkaskophilosophie geprägt.
Kraft der Versicherer kann demografisches Problem abfedern
Ähnlich argumentierte auch Dr. Werner Görg, Vorsitzender des Vorstands des Gothaer Versicherungskonzerns. Er plädierte dafür, dass die Bundesbürger weniger auf den fürsorglichen Staat setzen sollten und vielmehr die Position der Selbstversorger einnehmen müssten. Görg wörtlich: „Ich bin ein Fan des Subsidiaritätsprinzips, welches meines Erachtens auch dem menschlichen Lebensprinzip weitaus eher entspricht“. Und trotz des wachsenden demografischen Problems glaubt er an die Kraft der privaten Versicherer, dieses mit guten Vorsorgeprodukten lösen zu können. Grundlage für seine optimistische Haltung: „Eine Sparquote von 11,5 Prozent hilft uns, dieses Vorhaben zu realisieren“.
Renaissance der Umlagefinanzierung
Ganz gegensätzlich natürlich die Argumentation von Professor Dr. Herbert Rebscher, Vorsitzender des Vorstands der Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK). Er wehrte sich vehement gegen Leienbachs Vorwurf der Vollkaskomentalität. Diese sei bei den gesetzlich Versicherten keineswegs gegeben, denn sie müssten ja diverse Kosten wie Praxisgebühr, Rezeptgebühr oder Beiträge für Hilfsmittel übernehmen. Rebscher zeigte sich auch als klarer Verfechter der Umlagefinanzierung und prophezeit dieser eine Renaissance. An die Umsetzung einer wirklichen Kapitaldeckung glaubt er nicht, erachtet diese sogar als die „plumpste Form einer Steuererhöhung“.
Weitere Details zum 11. Vorlesungstag an der Universität Leipzig finden Sie in der Mai-Ausgabe von „Versicherungsmagazin“.
Bild: © Peter Kirchhoff /
Die Blümsche Behauptung „ Die Rente ist sicher“ war Ausgangspunkt für eine rege Podiumsdiskussion zum Thema „Herausforderungen im Gesundheitswesen“, bei der diverse Experten der Versicherungsbranche ihre Einschätzung lieferten, was von dieser selbstsicheren Anschauung des ehemaligen Arbeitsministers Norbert Blüm noch übrig geblieben ist. Professor Dr. Fred Wagner, Vorstand des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig, moderierte die Runde.
Sinkende Geburtenrate zwingt deutsche Volkswirtschaft in die Knie
„Wenn wir bis zum letzten Atemzug arbeiten, dann ist die Rente sicher“, war die ironische Antwort von Professor Dr. Herwig Birg, Bevölkerungswissenschaftler und Demograf an der Universität Bielefeld, auf die Blümsche Aussage. Doch schnell lieferte er harte Fakten nach, die belegten, dass die Rente eben keinesfalls sicher sei, weil die Geburtenrate erschreckend niedrig sei und es zunehmend an Beitragszahlern fehle. So erbrächten seiner Recherche nach nur ein Viertel bis ein Drittel der Bürger lediglich eine monetäre Beitragsleistung, keine generative, da sie keine Kinder hätten.
Diese Schrumpfung der Gesellschaft führe dazu, dass die deutsche Volkswirtschaft in die Knie gezwungen werde und der technische Fortschritt bedroht sei. Schlimmer sei aber noch, dass er bei den politischen Parteien kein Interesse sähe, dem demografischen Problem entgegenzusteuern und die Talfahrt des Systems zu stoppen. Ganz so düster wollte Stefan Kapferer, Staatssekretär des Bundesministeriums für Gesundheit, die Zukunft natürlich nicht sehen und zeigte sich überzeugt, dass das deutsche Gesundheitssystem sicher sei. Sicher sei aber auch, dass es teurer werde. So werde der Zusatzbeitragsanteil künftig bestimmt weitaus höher sein und man müsse die Menschen weiter dazu ermuntern, mehr private Vorsorge zu treffen. Zudem seien im System noch „Effizienzreserven“ vorhanden, die noch auszuschöpfen seien, so zum Beispiel durch die Reduktion der Krankenhausbetten und von Arztbesuchen.
Die Finanzen im Gesundheitssystem sind endlich
Auch Dr. Volker Leienbach, PKV-Verbandsdirektor, ist sich sicher, dass das Gesundheitssystem für den Einzelnen teurer wird. So müsse man sich fragen, wie die Leistungskataloge in der PKV und der GKV künftig aussehen werden und dafür sorgen, dass die Menschen mehr Vorsorge für ihre Alterssicherung träfen. „Denn die Finanzen sind endlich“, so seine Argumentation. Zu revidieren sei auch die Vollkaskomentalität, die in der Krankenversicherung vorherrsche, eine Haltung, die es bei der Pflege- und Arbeitslosenversicherung in dieser Form nicht gäbe, diese seien nur durch eine Teilkaskophilosophie geprägt.
Kraft der Versicherer kann demografisches Problem abfedern
Ähnlich argumentierte auch Dr. Werner Görg, Vorsitzender des Vorstands des Gothaer Versicherungskonzerns. Er plädierte dafür, dass die Bundesbürger weniger auf den fürsorglichen Staat setzen sollten und vielmehr die Position der Selbstversorger einnehmen müssten. Görg wörtlich: „Ich bin ein Fan des Subsidiaritätsprinzips, welches meines Erachtens auch dem menschlichen Lebensprinzip weitaus eher entspricht“. Und trotz des wachsenden demografischen Problems glaubt er an die Kraft der privaten Versicherer, dieses mit guten Vorsorgeprodukten lösen zu können. Grundlage für seine optimistische Haltung: „Eine Sparquote von 11,5 Prozent hilft uns, dieses Vorhaben zu realisieren“.
Renaissance der Umlagefinanzierung
Ganz gegensätzlich natürlich die Argumentation von Professor Dr. Herbert Rebscher, Vorsitzender des Vorstands der Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK). Er wehrte sich vehement gegen Leienbachs Vorwurf der Vollkaskomentalität. Diese sei bei den gesetzlich Versicherten keineswegs gegeben, denn sie müssten ja diverse Kosten wie Praxisgebühr, Rezeptgebühr oder Beiträge für Hilfsmittel übernehmen. Rebscher zeigte sich auch als klarer Verfechter der Umlagefinanzierung und prophezeit dieser eine Renaissance. An die Umsetzung einer wirklichen Kapitaldeckung glaubt er nicht, erachtet diese sogar als die „plumpste Form einer Steuererhöhung“.
Weitere Details zum 11. Vorlesungstag an der Universität Leipzig finden Sie in der Mai-Ausgabe von „Versicherungsmagazin“.
Bild: © Peter Kirchhoff /
Autor(en): Meris Neininger