Viele Zahnärzte patzen – Versicherer will Empfehlungen geben

Bei der Erstdiagnose patzen viele Zahnärzte. Das ist das Ergebnis einer aufwändigen Studie, die die Zahnärzte Florian Grummt aus Fürth, Hans-Georg Melchers aus Hannover und Eberhard Riedel aus München für die Ergo-Direkt erstellt haben.

In 71 Prozent der 114 bundesweit untersuchten Zahnpraxen machten die Zahnärzte beim Erstbefund mehr oder weniger schwere Fehler. In rund einem Drittel der Zahnarztpraxen waren sogar sämtliche Beratungen und Therapieempfehlungen vollkommen wertlos.

Freundlichkeit keine Gewähr für Qualität
Die Zahnärzte übersehen nicht nur Erkrankungen, sondern bauschen Befunde teilweise auch auf: Zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil. Die Patienten haben als Laien kaum eine Möglichkeit, die Qualität des zahnärztlichen Befunds festzustellen. So ist ein überaus freundliches, flottes und sehr direktes Auftreten des Zahnarztes keine Gewähr für dessen Qualität.

In anderen schlecht bewerteten Testpraxen wurden die Probanden durch den Einsatz aufwendiger Technik beeindruckt. So wurde mit stark vergrößernden Mundkameras oder Kariesdiagnostikgeräten der Anschein besonderer Sorgfalt erweckt. Die Testpersonen fielen teilweise auf solche Ärzte rein. Denn tatsächlich dienten die Geräte nur dazu Professionalität vorzutäuschen, um einen überzogenen Therapieumfang zu untermauern.

Mehrfachdiagnosen verwirren Patienten nur
Die Autoren der Studie empfehlen daher allen Patienten für den Erstbefund eine Zweitmeinung einzuholen. Von Mehrfachdiagnosen raten sie hingegen ab "weil dieses eher die Verwirrung durch unterschiedliche zahnärztliche Empfehlungen erhöhen dürfte", heißt es in der Studie. Eine solche Verwirrung dürfte für Laien aber schon bei der Zweitmeinung eintreten, wenn diese von der Diagnose des ersten Zahnarztes abweicht.

Überblick über "katastrophalen Zustand" von deutschen Zahnarztpraxen
Das hat auch die Ergo-Direkt erkennt, die die Studie mit rund 50.000 Euro finanziert hat. „Wir wollten einfach einmal wissen, ob die 150 Millionen Euro, die wir für rund 450.000 Zahnschäden pro Jahr zahlen, sinnvoll angelegt sind“, sagt Pressesprecher Frank Roth. Das Ergebnis der Studie zeige, dass dies nicht so sei. Nun kenne man die katastrophalen Zustände in deutschen Zahnarztpraxen. "Wir arbeiten derzeit an einer Lösung, wie wir die Qualität von Zahnärzten erkennen können, damit wir unseren Kunden gute Praxen empfehlen können", so Roth.
Tatsächlich hilft die Studie Verbrauchern somit kaum weiter.

Idee der Werkstattbindung auf die private Zahnzusatzversicherung übertragen
Vorstellbar sei beispielsweise, die Idee der Werkstattbindung aus der Kfz-Versicherung in die private Zahnzusatzversicherung zu übertragen. Die Kunden müssten sich dann verpflichten, nur die Partner-Zahnärzte des Versicherers aufzusuchen. Natürlich müsste dann die Qualität der Partner von unabhängigen Dritten überprüft werden. In der Autoversicherung macht das beispielsweise für Partnerwerkstätten regelmäßig die Dekra. Schon heute können die Kunden aber ihre privaten Krankenversicherer anrufen und sich nach einer günstigen Zahnarztpraxis zu erkundigen. "Bei uns sind diese Daten aber noch nicht statistisch erfasst. Daher muss man auf die Erkenntnis eines Schadenbearbeiters vertrauen", so Roth.

Zahnarzt sollte vor allem Tipps zur Vorbeuge geben
Bis es von den Versicherern Qualitätsempfehlungen gibt, sollten Kunden, so die Studie, darauf achten, ob der Zahnarzt umfangreich hinsichtlich der Mundhygiene berät und Tipps zur Vorbeugung gibt. Wenn hingegen gleich ein umfangreicher Behandlungsplan entwickelt werde, sei allerhöchste Skepsis angesagt.

Bild: © Claudia Heck /

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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