Seit 2. Juli 2016 können sich Personen, die von tatsächlichen oder möglichen Verstößen gegen aufsichtsrechtliche Vorschriften bei Versicherern oder sonstigen Finanzdienstleistern wissen (Whistleblower), bei der Hinweisstelle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) melden. Im ersten Jahr sind knapp 400 Hinweise eingegangen.
Mit der Einrichtung einer zentralen Hinweisgeberstelle sollte die Zahl der Meldungen erhöht werden. Absoluter Dreh- und Angelpunkt des Systems ist die Anonymität der Tippgeber. "Denn nur, wenn Hinweisgeber auf ihren Schutz vertrauen können, sind sie bereit, ihr Wissen mit der Bafin zu teilen", heißt es im aktuellen Juli-Journal der Behörde.
Nicht für Verbraucher gedacht
Rund zwei Drittel der bislang eingegangenen Hinweise erreichten die Bafin im ersten Halbjahr 2017. Die Hälfte der Meldungen bezog sich sowohl 2016 als auch 2017 auf mutmaßliche Verstöße beaufsichtigter Unternehmen. Einige Hinweise hätten dazu beigetragen, aufsichtsrechtliches Fehlverhalten aufzudecken. Man sei ihnen nachgegangen und habe bereits aufsichtsrechtliche Maßnahmen eingeleitet.
Daneben sind auch Meldungen zu Unternehmen eingegangen, die nicht unter Bafin-Aufsicht stehen. Diese greife sie im Rahmen der Bekämpfung unerlaubter Geschäfte auf. Auch Verbraucher haben sich an die Hinweisstelle gewandt, die für sie nicht gedacht ist. Auf der Behörden-Homepage werden sie an das hauseigene Verbrauchertelefon verwiesen.
Meldestelle wird nicht missbraucht
Die Erfahrung der ersten zwölf Monate habe gezeigt, dass der Anteil von "Hinweisen ohne erkennbaren Tatsachengehalt oder mit verleumderischen Inhalt" gering sei. Es sei aber für Hinweisgeber schwer zu beurteilen, welche Informationen für die Aufsicht von Bedeutung sind.
Zunächst konnten sich Hinweisgeber anonym per Post, E-Mail, telefonisch oder persönlich bei der Bafin melden. Dies hatte den Nachteil, dass die Behörde nur dann Rückfragen an diese stellen konnte, wenn sie ihre Identität preisgaben. Deshalb wurde Anfang 2017 ein elektronisches Meldesystem einrichtet, das Rückfragen über einen geschützten Postkasten ermöglicht. "Dabei ist es technisch ausgeschlossen, die über das System gemeldeten Hinweise zurückzuverfolgen", versichert die Bafin. Obwohl somit die absolute Anonymität des Hinweisgebers gewährleistet sei, könne nun geprüft werden, ob die Hinweise aufsichtsrechtliche Bedeutung haben.
Über die Hälfte der Tippgeber hat das elektronische Hinweisgebersystem genutzt. Etwa zwei Drittel davon richteten einen geschützten Postkasten ein und ermöglichen der Bafin somit die weitere Kommunikation.
"Whistleblower aus beaufsichtigten Unternehmen können sich zudem ohne Sorge vor arbeits- oder strafrechtlichen Konsequenzen an die BaFin-Hinweisgeberstelle wenden. In § 4d Absatz 6 FinDAG ist geregelt, dass Mitarbeiter beaufsichtigter Unternehmen, die sich an die Hinweisgeberstelle der BaFin wenden, dafür grundsätzlich weder arbeits- noch strafrechtlich verantwortlich gemacht noch zum Ersatz von Schäden herangezogen werden dürfen – es sei denn, sie haben die Meldung vorsätzlich oder grob fahrlässig unwahr abgegeben. Diese Regelung beseitigt den Konflikt, dass ein Arbeitnehmer durch die Meldung von Verstößen seine arbeitsvertragliche Pflicht gegenüber seinem Arbeitgeber verletzt." Bafin Journal Juli 2017
Autor(en): Alexa Michopoulos