Versicherungsmagazin-Fachtag: Vertrieb im Spannungsfeld neuer Gesetze und Verordnungen

Der Branche stehen auch in nächster Zukunft eine Vielzahl von Veränderungen bevor, die neue, innovative Lösungen und Strategien erforderlich machen. Der Versicherungsvertrieb befindet sich im Spannungsfeld zwischen Gesetzen und Verordnungen, aber in einem gigantischen Markt bieten sich auch neue Chancen, die es jetzt anzupacken gilt. So kann das Fazit des Versicherungsmagazin-Fachtages "Vertrieb zwischen Alterseinkünftegesetz und EU-Vermittlerrichtlinie", der am 26. April in Mainz stattfand, lauten. Hochkarätige Referenten - Branchenexperten und Praktiker - zogen eine kritische Bilanz der zurückliegenden Entwicklungen, stellten ihre Prognosen und Visionen zur Zukunft des Versicherungsvertriebs zur Diskussion und gaben den 140 Teilnehmern des Fachtages fundierte und umsetzbare Tipps und Tools für die tägliche Praxis mit auf den Weg.

Rolf Schünemann, leitender Direktor der Gerling Lebensversicherungs-AG in Wiesbaden, stellte dar, wie ein erfolgreicher Vertrieb von Altersvorsorgeprodukten trotz aller Probleme und Herausforderungen nach einem Jahr Alterseinkünftegesetz gelingen kann. Geförderte Produkte wie Riester- und Rürup-Policen zum Beispiel werden seiner Überzeugung nach neue Kunden ziehen, der "Volkssport Förderquote" sei auch im Jahr 2006 der stärkste Anker. Als "Trend 2006" machte Schünemann weiterhin fondsgebundene Renten- und Lebensversicherungen aus sowie budgetschonende Vorsorgekonzepte (bAV), BU-Absicherungen mit Qualitätsanspruch und Zielgruppenkonzepte.

Das Zauberwort für die Zukunft lautet Anteilsrente - so jedenfalls nach Ansicht von Aspecta Assurance International Luxembourg S.A.. Markus Novak, Vertriebsdirektor des Unternehmens, stellte diese innovative Lösung für die Zielgruppe 55+ vor. Der Versicherer hat dieses Produkt - die "Rente.invest" - zusammen mit Activest, Fidelity und Franklin Templeton auf den Markt gebracht, da er glaubt, dass die klassischen Verrentungsmodelle wie Bankauszahlpläne und Fondsauszahlpläne nicht helfen, die Probleme der zweiten Phase zu lösen. Die Anteilsrente gibt es in den USA schon relativ lang, in Deutschland ist sie noch ein Novum. Das Konzept in Kürze: Der Begünstigte erhält jeden Monat eine bestimmte Anzahl an Anteilen eines Investmentfonds als lebenslange Rente. Zum Beispiel einen Anteil pro Monat. Diese Rente schwankt während der Rentenphase, aber sie wird im Zeitverlauf immer mehr wert. Das Bonbon dieses Produktes: Das eingebrachte Vermögen bleibt unbesteuert, nur die Rentenleistung wird besteuert. Das Produkt wurde kürzlich zum innovativsten Produkt 2006 gekürt.

Ulrich Brock, Vizepräsident des Bundesverbandes deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) und selbständiger Bezirksdirektor der Nordstern Versicherung AG, heute Axa Konzern, Recklinghausen, sprach zu einem Thema, das derzeit wohl ausnahmslos alle Vermittler beschäftigt: die Auswirkungen der EU-Vermittlerrichtlinie auf den Vertrieb von Versicherungsprodukten. Probleme könnten sich vor allem bei der Dokumentationspflicht ergeben. Es wäre wünschenswert, dass von Seiten der Politik klar gesagt werde, "was im Beratungsprotokoll überhaupt stehen soll", so Brock. Zudem befürchtet der Vertriebspraktiker eine überbordende Bürokratie und verlangt deutlich weniger an Dokumentation als das, was derzeit vorgesehen ist. Schon jetzt sei der bürokratische Aufwand für die Vermittler sehr hoch: "Wir arbeiten mehr für die Verwaltung als für den direkten Verkauf und den Kunden."

Einen Appell, Kunden, die ihre Kapitallebensversicherung kündigen wollen, über die Möglichkeiten des Zweitmarktes aufzuklären, richtete Tim Krömker vom Policenverkäufer Cash.life an die anwesenden Vermittler. "Sie haben die Chance, mit Verkauf statt Kündigung Geld zu verdienen und zudem noch Cross Selling-Geschäft zu betreiben", nannte er die Vorteile für die Vertriebsseite in diesem seiner Einschätzung nach weiterhin stark wachsenden Markt. Mit dem Investmentthema "Private Equity" zog Horst Güdel, Gründungsgesellschafter und Vorstand der Rendite-Wert-Beteiligungen AG (RWB), Oberhaching, die Aufmerksamkeit auch vieler klassischer Versicherungsvermittler auf sich. Mit einem überdurchschnittlichen Renditepotenzial und einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 16 Prozent seien Private-Equity-Dachfonds die renditestärkste Anklageklasse und eine interessante Alternative beziehungsweise Ergänzung zu traditionellen Versicherungsprodukten für die Altersvorsorge.

Rund 30.000 Vermittlerbetrieb arbeiten mit circa 50 unterschiedlichen Maklerverwaltungsprogrammen - eine Vielfalt die kostenintensiv ist und Fehlerquellen in sich birgt. Um diese Probleme zu minimieren und die elektronische Abwicklung der Geschäftsprozesse für Makler und Versicherer zu vereinfachen, bietet die Indatex Services for Finance and Insurance AG diverse Lösungen an. Was diese leisten und welche Vorteile sie den Maklern und Versicherern bieten, erläuterte Bodo Reiner, Geschäftsleitungsmitglied für den Vertrieb bei Indatex. Das Ziel: Jeder Vermittler soll mit jedem Versicherer kommunizieren können - der Dienstleister aus Starnberg übernimmt dafür die Steuerung. Ein besonderen Auftrag hat das Unternehmen 2005 erhalten: Die VHV Versicherungen wollen ein vollautomatisiertes Versicherungsunternehmen werden. Das heißt unter anderem: Der Versicherer hat (weiterhin) standardisierte Schnittstellen, die Makler sollen aber individuell entscheiden können, wie sie ihre Unterlagen abwickeln. Der komplexe Prozess soll 2009 abgeschlossen sein.

Wie man ein erfolgreiches Makler- oder Agenturunternehmen auf die Beine stellen oder ausbauen kann, veranschaulichte Steffen Ritter, Initiator des gleichnamigen Instituts für Agenturqualifizierung, an Hand von praktischen Tipps, ungewöhnlichen Querverweisen und viel Humor. So skizzierte er die Strukturen in Unternehmen wie Ikea und MacDonalds und erntete zahlreiches Kopfnicken bei dem Hinweis, dass der Vertrieb in vielen Agenturen zu oft nur intuitiv, statt strukturiert ablaufe und das Gespür für Cross Selling-Geschäfte noch zu wenig ausgeprägt sei. Ritter wörtlich: "Wir verkaufen oft nur Cola, anstatt ein Menü." Auch forderte er die Tagungsteilnehmer auf, jede Situation, die im Unternehmen auftreten könne, im Vorhinein einmal gedanklich durchzuspielen, die Mitarbeiter gezielt zu schulen (genau erläutern, wie ein Kundenkontakt ablaufen sollte) und zu mehr Eigeninitiative zu motivieren (Mitarbeiter dazu bewegen, auch schwierige Situationen alleine zu meistern). Immens wichtig sei auch, strategisch vorzugehen, das heißt, sich immer wieder zu fragen, was kann ich dafür tun, dass ich mich in meinem Unternehmen wohl fühle. Um strategische Überlegungen anzustellen, müsse man sich Zeit nehmen, aber genau dieses Bewusstsein sei in der Assekuranz - im Vergleich zu anderen Branchen - noch zu wenig ausgeprägt.

"Viele in der Finanzdienstleistungsbranche sind deshalb nicht erfolgreich, weil sie es nicht schaffen, überhaupt zum Kunden zu kommen", klärte schließlich der bekannte Telefon- und Vertriebstrainer Klaus J. Fink die Teilnehmer des Fachtags auf. "Wir werden in Zukunft daran arbeiten müssen, authentischer zu bleiben", nannte er eine der zukünftigen Herausforderungen für Vermittler. Sein Tipp: "Zeichnen Sie einfach mal eines Ihrer Akquisegespräch auf und hören Sie sich nachher an, wie Sie sprechen und wie Sie wirken. Sie können dabei sehr viel lernen."

Einen ausführlichen Bericht zum Versicherungsmagazin-Fachtag lesen Sie in der Ausgabe 6/06 des Versicherungsmagazins.

Autor(en): Gabi Böttcher, Meris Neininger

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