Versicherungsberater: Schwerer Streit um Maklerkooperation

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Eine schwere Auseinandersetzung tobt derzeit im Bundesverband der Versicherungsberater (Bvvb). Das langjährige Mitglied Elmar Sittner soll aus dem Verband ausgeschlossen werden. Offiziell geht es bei diesem Streit um die Legalität einer Kooperation mit einem großen Versicherungsmakler. Gleichzeitig spielt aber auch das besondere Geschäftsmodell von Sittner eine Rolle.

Sittner ist wie kein anderer bei der Versicherungsberatung der öffentlichen Hand erfolgreich. Mit einem neuen Kooperationspartner konnte er sich nun noch besser positionieren. Und der Millionenversicherungsmarkt der öffentlichen Hand wird immer interessanter, denn der Druck auf die Haushalte von Städten, Gemeinden und anderen öffentlichen Institutionen wächst. Vor allem hier sind Versicherungsberater aktiv. Bei der Auseinandersetzung zwischen Bvvb und Sittner geht es somit auch um einen immer schärferen Wettbewerb.

Kooperation verstößt laut Verband gegen die Berufsgrundsätze
Wie aus verlässlicher Quelle aus Verbandskreisen zu erfahren war, wurde Elmar Sittner bereits über den drohenden Ausschluss informiert. Der Berater aus Leipzig bestätigt den Eingang eines entsprechenden Briefes. Nach Ansicht des Bvvb verstößt Sittner durch eine Kooperation mit dem Versicherungsmakler Martens & Prahl aus Lübeck gegen die Berufsgrundsätze des Verbandes. So heißt es auf der Homepage des Bvvb: „Versicherungsberatung ist neutrale und unabhängige Beratung in allen Versicherungsfragen, ohne Verkauf oder Vermittlung“. Gegen diese Berufsregeln habe Sittner durch seine gemeinsame Teilhaberschaft an der Simap Versicherungsberatung GmbH in Leipzig verstoßen. Das Unternehmen gehört zu 50 Prozent der Holding Martens & Prahl Versicherungskontor GmbH & Co. KG. Sittner ist Geschäftsführer der Simap GmbH.

Soll grundsätzlich nicht mehr als Versicherungsberater tätig werden
Der Bvvb beruft sich in seiner Kritik auf eine Kommentierung von Ministerialdirigent Ulrich Schönleiter aus Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. In einem Standardkommentar zur Gewerbeordnung verweist Schönleiter darauf, dass das Unabängigkeitsgebot des Versicherungsberaters eine gesellschaftrechtlich Verbindung mit einem Versicherungsvermittler nicht erlaube. Umgekehrt gelte, so Schönleiter, das gleiche für die Beteiligung eines Vermittlers an einer Beratungsgesellschaft. „Herr Sittner verstößt gegen die Berufsgrundsätze und hat im Bvvb keinen Platz mehr“, so die Ansicht von Oskar Durstin, von der River GmbH aus Mering. Stimmen im Bvvb gehen sogar noch weiter.
„Herr Sittner darf grundsätzlich nicht mehr als Versicherungsberater tätig werden. Hier sollte die Aufsichtsbehörde einschreiten“, sagt ein Berater aus dem Rheinland.

Problematisch, wenn Makler und Berater die gleiche Person sind

Schon bei der Gründung der Simap, im März 2013, hatte es im Bvvb Kritik gegeben. „Unsere Grundsätze verbieten eine derartige Zusammenarbeit“, sagte bereits damals Präsident Stefan Albers aus Montabaur. Versicherungsberater dürften zur Wahrung der beruflichen Unabhängigkeit keine Bindungen eingehen, die ihre Entscheidungsfreiheit beeinträchtigen könnten oder auch nur solchen Anschein erwecken und dadurch Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben. Das gelte gleichermaßen für Mitarbeiter und Personen, die bei Beratung und beruflicher Tätigkeit mitwirken. Diese Kritik bezog sich auf die Nutzung von Manpower von Martens & Prahl durch die Simap. Kritik kommt auch von der Aufsichtsbehörde. Nach Meinung von Mona Moraht, Leiterin des Referats Gewerberecht beim Deutscher Industrie- und Handelskammertag, ist es problematisch, wenn Makler und Berater die gleiche Person sind.

„Das würde auf jeden Fall die Unabhängigkeit des Beraters beeinträchtigen.“ Es gäbe aber bei Kooperationen zwischen Makler und Beratern noch erhebliche Unsicherheiten. Einzelne Industrie- und Handelskammern könnten die Beratererlaubnis von bestimmten Auflagen abhängig machen, damit die Unabhängigkeit des Beraters gewahrt bleibe. Kritisch hatte sich zudem der Verband öffentlicher Versicherer geäußert, dessen Mitglieder die meisten öffentlichen Auftraggeber versichert haben.

Grundsätzliche Gefahr einer Interessenkollision
„Unabhängig vom konkreten Fall sind wir der Meinung, dass solche Konstellationen grundsätzlich die Gefahr einer Interessenkollision zwischen einer unabhängigen Beratung gegen Honorar und der provisionsorientierten Versicherungsvermittlung bergen“, sagt Pressesprecher Andreas Meinhardt. Dies könnte dann möglicherweise den rechtlichen Rahmenbedingungen eines Vergabeverfahrens zuwiderlaufen und müsste von der Öffentlichen Hand, da sie Herr des Vergabeverfahrens ist, entsprechend berücksichtigt werden. Solche Probleme sieht hingegen der Bundesverband der Deutschen Versicherungsmakler (VDVM) nicht. „Das ist eine ganz normale Gründung und kein Quantensprung“, erklärt der Geschäftsführende VDVM-Vorstand Hans-Georg Jenssen.

Solche Unternehmen gäbe es schon am Markt. Eine klare Trennung zwischen den Berufsbildern "Versicherungsmakler" und "Versicherungsberater" gebe es nicht mehr. „Daher fordern wir seit Jahren die Regelung aus Österreich zu übernehmen, wo es nur einen Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten gibt“, so Jenssen. Zudem dürften natürlich auch Versicherungsmakler an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen. Entgegenstehende Gerichtsurteile einzelner Oberlandesgerichte seien in der Praxis längst überholt, seitdem ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Bundesgerichtshof (BGH) 2005 diese Verfahren kritisiert habe.

Gemeinden wollen keine Versicherungsmakler

Doch diese Rechtsauffassung scheint im praktischen Alltag, bei Gemeinden, Verbänden und sonstigen öffentlichen Institutionen bisher nicht angekommen zu sein. „Wir haben die gemeinsame Gesellschaft gegründet, weil viele Institutionen eine Ausschreibung über einen Versicherungsmakler grundsätzlich ablehnen“, sagt Elmar Sittner. Er ist über die Redaktion des Bvvb enttäuscht. „Ich habe zwar damit gerechnet nicht unbedingt auf Wohlwollen und Beifall zu stoßen. Doch die jetzt gegen mich erhobenen Vorwürfe sind absurd.“ Der Versicherungsberater will gegen den Ausschluss Rechtsmittel einlegen und notfalls sogar vor Gericht für seine Mitgliedschaft im Bvvb kämpfen. „Es geht hier um mein Image“, sagt Sittner. Er hat bereits eine Beschwerde gegen den Beschluss der Schlichtungsstelle des Bvvb eingereicht.

GmbH stehe in keinem Abhängigkeitsverhältnis
Nach Ansicht des beauftragten Anwalts ist die Entscheidung des Bvvb sowohl materiell, wie auch formal rechtswidrig und müsse aufgehoben werden. So werde Sittner ohne konkrete Grundlage unter einen Generalverdacht bezüglich eines Verstoßes gegen die Unabhängigkeit seiner Versicherungsberatertätigkeit gestellt. Die angegriffene Simap GmbH stehe in keinem Abhängigkeitsverhältnis zur Versicherungswirtschaft oder zu Versicherungsmaklern. Als Holding sei die Martens & Prahl GmbH & Co. KG zudem gar kein Versicherungsmakler, sondern eine Obergesellschaft zu der als selbstständige Tochterunternehmen auch Versicherungsmakler gehören. Die Holding sei mit einem Gesellschaftsanteil von 50 Prozent kein Mehrheitsgesellschafter und könne daher die Geschäftspolitik der Simap GmbH nicht vorgeben. Gerügt wird zudem, dass mitten im laufenden Ehrengerichtsverfahren gegen Sittner plötzlich einen Schlichtungsverfahren aus der Taufe gehoben wurde. Sittner: „Damit ist mir die Möglichkeit zur persönlichen Anhörung genommen worden.“ Besonders irritierend sei, dass der Bvvb im Verfahren nach der Sinnhaftigkeit der Simap-Gründung fragt.

Er habe seit 2007 erfolglos nach hochqualifizierten Mitarbeitern gesucht „Die findet man leider nicht auf dem Arbeitsamt, sondern sie sitzen in gut dotierten Jobs bei Versicherungsmaklern oder in der Assekuranz“, so Sittner. Erst mit der Gründung der Simap – und der Botschaft das Geschäft deutlich auszubauen – habe sich auch beim Personal der Erfolg eingestellt. Heute besteht sein Team aus sieben Personen.

Partizipation an Provisionen vertraglich ausgeschlossen
„Noch viel wichtiger ist aber, das ich nun über die Fachkompetenz der Martens & Prahl-Gruppe verfügen kann“, so Sittner. Solche Unternehmen besäßen eine regelrechte „Schwarmintelligenz“ in Sachen Gewerbe- und Industrieversicherung.
Er habe auch schon im September 2013 in einem Gesellschafterbeschluss der Simap festgehalten, dass grundsätzlich keine Versicherungsvermittlung durch die Martens & Prahl Guppe bei Simap-Kunden stattfinden darf. Darin heißt es unter anderem: „Eine Partizipation an Provisionen wird die Simap weder fordern noch annehmen.“ Damit gebe es eine klare Abgrenzung und Interessenkonflikte würden verhindert.

Versuch einen Spezialisten loszuwerden?
„Wir schreiben jährlich rund zwanzigmal Versicherungsschutz europaweit für die öffentliche Hand aus. Viele Institutionen könnten, wie eine AOK, die Sittner gerade beraten hat, siebenstellige Beträge bei gleichem oder sogar besserem Versicherungsschutz sparen. Kurz vor dem Zusammensturz des historischen Archivs in Köln ist es Sittner gelungen für die Kunstausstellungsversicherung der Stadt eine mehr als dreifach so hohe Abdeckung zu erheblich geringer Prämie abzuschließen.
Viele der heutigen 274 Versicherungsberater seien reine Einzelkämpfer. Trotzdem würden sie sich immer wieder an öffentlichen Versicherungsausschreibungen beteiligen. „Die verlangen im Vergleich zu meinem Honorar oft nur ein Drittel“. Das komme Dumping nahe. Daher beteilige sich Sittner schon gar nicht mehr an Ausschreibungen, bei dem die Honorarhöhe eine Rolle spiele. Man versuche nun wohl mit anderen Mitteln einen Spezialisten für den Schutz der öffentlichen Hand „loszuwerden“. Noch sei das letzte Wort aber nicht gesprochen.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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