Allianz und Ergo wollen expandieren. Aber nicht (nur) in Deutschland, sondern auch im europäischen Ausland. Sie sehen im deutschsprachigen Ausland oder in Mittel- und Osteuropa gute Chancen gute Geschäfte zu machen. Der eine Versicherer setzt dabei auf den Autosektor, der andere glaubt eher an die goldene Zukunft des Bankvertriebs.
Die Ergo geht erstmals außerhalb von Deutschland auf Kundenfang und zwar in Österreich. In der zweiten Jahreshälfte will sie damit beginnen, Autopolicen im Netz zu verkaufen. Doch dabei soll es nicht bleiben, so jedenfalls wenn es nach Mark Klein, dem Chief Digital Officer der Ergo Digital Ventures, geht. Er äußerte sich gegenüber dem Handelsblatt: „ Wir können von Deutschland aus unsere Versicherungen digital anbieten, ohne eigene Töchter in den jeweiligen EU-Ländern aufzubauen. Das ist ein Kostenvorteil.“
Experiment mit offenem Ausgang
Doch nicht nur Autopolicen will der Versicherer beim österreichischen Nachbarn via Internet anpreisen. „Wir schauen uns die Themen Motorrad- und Reiseversicherung an“, verrät Klein noch. „Für uns ist das ein Experiment mit offenem Ausgang.“ In Deutschland hätte sein Unternehmen bereits Signale erhalten, dass dieses Experiment gelingen könnte.
Der Schritt über die Grenze nach Österreich ist für die Tochter der Münchener Rück ein strategisch wichtiger Feldversuch. Sollte dieser glücken, wollen die Düsseldorfer in weiteren EU-Ländern aktiv werden.
Erwartungen um mehr als 100 Prozent übertroffen
Ergo hat den Verkauf von Policen übers Internet bereits in Deutschland getestet. Und zwar mit seinem digitalen Kraftfahrzeugversicherer „Nexible“. Dieser ist seit Oktober 2017 aktiv. Die Düsseldorfer durften im Kfz-Geschäft einen größeren Marktanteil als Baloise/Basler mit ihrem digitalen Arm „Friday“ haben, unter den Top 10 in Deutschland rangiert aber auch Ergo nicht. Ende Marz berichtete Nexible, bis zum Jahresende 2017 mehr als 20.000 Fahrzeuge unter Vertrag genommen zu haben. Damit seien die eigenen Erwartungen um mehr als 100 Prozent übertroffen worden. Die Beitragseinnahmen näherten sich der Zehn- Millionen-Euro-Grenze. „Das beobachtete Wachstum bestätigt, dass Nexible ein Experiment mit Potenzial ist“, freut sich Geschäftsführer John-Paul Pieper.
Auch andere Versicherungsunternehmen strecken wieder ihre Fühler ins (europäische) Ausland aus und versuchen so, neue Kunden zu gewinnen und Die Allianz Gruppe und die Unicredit haben einen langfristigen Kooperationsvertrag für Mittel- und Osteuropa unterzeichnet. Mit der Kooperation, die sukzessive in der zweiten Jahreshälfte 2018 beginnt, wird die Unicredit ihren einzelnen Kunden in Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Ungarn, Rumänien, Slowenien und der Slowakei exklusiv den Zugang zu Lebens-, Sach- und Unfallversicherungsangeboten der Allianz ermöglichen.
Einfacher Zugang zu Versicherungslösungen
Bei dieser Partnerschaft soll die starke Präsenz der Unicredit im Finanzsektor mit der umfassenden Versicherungskompetenz der Allianz kombiniert werden. Somit sollen Kunden der paneuropäischen Geschäftsbank über das Filialnetz der Unicredit und digitale Plattformen einen einfachen Zugang zu den Versicherungslösungen der Allianz erhalten. Die Partnerschaften in den lokalen Märkten werden nach und nach in Übereinstimmung mit den lokalen regulatorischen Anforderungen eingeführt, so der Versicherer aus München.
Nach Einschätzung der Allianz ist Mittel- und Osteuropa ein bedeutender Wachstumsmarkt für die Versicherungswirtschaft. Die dortige Marktdurchdringung liege deutlich unter denen in Westeuropa. Es sei davon auszugehen, dass die Bedeutung der Bancassurance als Vertriebskanal steigt und damit die dortige Versorgungslücke in den kommenden Jahren geschlossen werden könne.
Quellen: Allianz, Handelsblatt, Versicherungsmagazin (Stefan Terliesner)
Autor(en): Meris Neininger