Versicherer fürchten Konkurrenz der Garantiefonds

Handelt es sich bei Garantiefonds und Lebensversicherungen um zwei unterschiedliche Produktwelten? Die Experten streiten darüber. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will nun die Zulassung von deutschen Garantiefonds gestatten, bei denen die produktgebenden Kapitalanlagegesellschaften deutlich weniger Eigenmittel nachweisen sollen als die Versicherer.

Dagegen laufen der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) Sturm. Es sei widersinnig, dass Anbieter von Garantiefonds erst dann die erforderlichen Eigenmittel anbringen müssen, wenn der Ernstfall bereits eingetreten sei, kommentiert DAV-Präsident Norbert Heinen die Situation. Der Streit um Einführung von Garantiefonds in Deutschland ist in vollem Gang.

Die DAV-Mitglieder, Versicherungsmathematiker, die meist auch die Aktuare in den Versicherungsgesellschaften sind, warnen davor, die Zulassung von Garantiefonds mit den Vorschlägen der BaFin in der jetzigen Form umzusetzen. Wenn es zu einem extremen Kursrutsch komme, sei das Geld (das Kapitalanlagegesellschaften in Sachen Garantiefonds anlegen) theoretisch nicht sicher.

Bei Garantiefonds handelt es sich um ein Anlage-Produkt, in dem ähnlich wie bei Lebensversicherungen - allerdings mehr oder weniger regelmäßig - Geld angesammelt wird. Das Geld wird in Fonds investiert. Die Kunden erhalten die Garantie, nach Ablauf einer vereinbarten Frist mindestens die eingezahlte Summe zurückzuerhalten, auch wenn der Fonds wegen schlechter Verläufe an den Aktien- und Rentenmärkten ins Minus gerutscht sein sollte. Anbieter von Garantiefonds müssen - anders als Lebensversicherer - erst zum Ende der Laufzeit Eigenmittel für die Auszahlung der garantierten Summe vorhalten.

"Ich finde es bedenklich, dass man für die Garantiefonds eine deutlich geringre Eigenkapitalunterlegung braucht als für klassische Kapitallebensversicherungen", kritisiert Heinen, der noch bis vor wenigen Wochen Vorstandsvorsitzender der Gerling-Konzern Lebensversicherung AG war. Die BaFin, so Heinen, berücksichtige das Risiko fallender Zinsen bei der Eigenmittelausstattung der Kapitalanlagegesellschaften zu wenig. Nur die Lebensversicherer müssen hohe Eigenmittel vorhalten, um die Zins-Garantieversprechungen gegenüber Kunden zu decken. Die Versicherten bringen dabei rund zwei Drittel selbst auf. Der Garantie-Zins wurde für Versicherer auf die Obergrenze von 2,75 Prozent festgelegt. Ab 2007 sinkt diese Marge laut Gesetzgeber auf 2,25 Prozent.

Marktbeobachter sehen in der öffentlichen Kritik der Versicherungsmathematiker nun nur ein vorgetäuschtes Scharmützel pro Anlegerschutz. Unterm Strich gehe es aber um hartes Geschäft und Wettbewerbsnachteile. Die Versicherer befürchten, sollten die Garantiefonds nach den jetzigen BaFin-Vorstellung in den Markt kommen, dass ihre Leben-Produkte noch uninteressanter für die Kundschaft werden, seit die Halbierung des Steuerprivilegs der Erträge bei Kapitallebensversicherungen im letzten Jahr die Nachfrage drastisch beschnitten hatte.

Der GDV hat deshalb eine Stellungnahme an die Adresse der BaFin erarbeitet, in der faire Wettbewerbsbedingungen angemahnt werden. Es handele sich um ein Ungleichbehandlung, wenn die Versicherer für die fondsgebundene Lebensversicherungen von Anfang an ein Prozent des Fondsvolumens bereitstellen müssen. Weshalb die Eigenmittelanforderungen von Lebensversicherern systematisch höher sein müssen als die der Kapitalanlagegesellschaften, sei nicht einzusehen.

Die Interessenvertretung der Kapitalanlagegesellschaften, der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI), will die Bedenken der Versicherer zerstreuen. Beim Garantiefonds handele es sich per se um ein sicheres Produkt. Es gebe Marktinstrumente, mit denen die auszuzahlende Summe am Ende der Laufzeit abgesichert werde. Mehr sei nicht nötig. Es sei sogar abwegig, eine Gleichbehandlung mit fondsgebundenen Lebensversicherungen zu fordern, denn die individuelle Verwaltung von Investmentfonds und die kollektive Vermögensanlage einer Versicherung seien zwei völlig verschiedene Welten.

Autor(en): Ellen Bocquel

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