Versicherer beunruhigt über neue Bilanzregeln

Die europäische Versicherungswirtschaft befürchtet Nachteile aus der Einführung der neuen Bilanzierungsregeln für börsennotierte Unternehmen. Die Einführung von IFRS 4 und die damit verbundene stärkere Orientierung an Marktwerten sei zwar positiv zu bewerten. Doch bei der nächsten Phase müsse die Assekuranz in die Standardsetzung besser einbezogen werden, hieß es auf einer gemeinsamen Informationsverantstaltung der Verbände aus der Schweiz, Lichtenstein, Österreich und Deutschland.

Es müsse vor allem verhindert werden, dass die neuen Regeln zu einer "künstlichen Schwankung der Ergebnisse" führten, sagte Susanne Kanngiesser, die bei der Allianz die Konzernrechnungslegung leitet. So sei in der nun geltenden Form von IFRS die Aktivseite an Marktwerten orientiert, nicht aber die Passivseite der Versichererbilanz. Komme es beispielsweise zu Veränderungen des Marktzinses, schwanke nach IFRS nur die eine Seite der Bilanz. Das führe zu Schwankungen im Ergebnis, die nicht die wirkliche Entwicklung spiegelten.

Alle börsennotierten Unternehmen müssen von 2005 an Versicherungsverträge nach IFRS 4 bilanzieren. Das Kürzel steht für International Financial Reporting Standard. Diese Form der Bilanzierung auf Konzernebene soll die Transparenz vor allem gegenüber den Anlegern erhöhen. Daneben müssen alle Gesellschaften für ihre rechtlichen Einheiten Einzelabschlüsse vorlegen, in Deutschland zum Beispiel nach dem Handelsgesetzbuch (HGB), die auch für die Steuerbilanz grundlegend sind. Die IFRS-Bilanzierung dient also zunächst nur der Information. Doch viele Versicherer fürchten, dass die neuen Regeln im Laufe der kommenden Jahre auch auf die Praxis der Aufsichtsbehörden und der Finanzbehörden abfärben. Insbesondere die Schwankungsrückstellung scheint in Gefahr zu sein. Durch sie können die Unternehmen die volatilen Schadensverläufe über die Jahre glätten. Die Rückstellungen mindern die Gewinne und damit die Steuerlast. Nach IFRS 4 sind solche Rückstelungen nicth erlaubt.

Susanne Kanngiesser erwartet, dass es einen Rückkopplungseffekt geben wird von IFRS auf den HGB-Wert. Sie erwartet mittelfristig eine Angleichung der örtlichen Standards an IFRS.

Noch immer nicht glücklich sind die Versicherer mit dem "Fair Value"-Prinzip. Nach "Fair Value" müssten die Unternehmen die erwarteten Gewinne aus verkauften Verträgen sofort zeigen und bei Änderungen etwa des Zinsniveaus entsprechend ihr Ergebnis anpassen.

Damit werde ein künftiger Gewinn vorgezogen. Das wolle man doch eigentlich nach dem Fall Enron vermeiden, kritisierte Hannes Bogner, Finanzvorstand der Uniqa und zuständig für Bilanzrecht im österreichischen Versicherungsverband. Wenn es "Fair Value" für Versicherungsverträge geben solle, müssten die Besonderheiten der Branche sorgfältig berücksichtigt werden. Die Versicherer verlangen generell ein starkes Mitwirkungsrecht bei der Festsetzung der neuen Bilanzregeln. "Wir wollen auf keinen Fall einen Standard, der nicht ausführlich mit der Industrie diskutiert und auf die Sinnhaftigkeit geprüft wurde", sagte Bogner.

Quelle: GDV

Autor(en): Susanne Niemann

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