Vermittler zeigen sich offen für Nachhaltigkeit

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Versicherungsvermittler müssen in weniger als einem Vierteljahr beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten die Nachhaltigkeitspräferenzen abfragen. Und das ist nur der Auftakt, nach und nach wird das Thema auch die anderen Sparten durchdringen. Da ist es gut, wenn man sich frühzeitig damit beschäftigt.

Bekanntlich gilt schon seit über einem Jahr die Pflicht, auf seiner Homepage Aussagen zur Nachhaltigkeitsstrategie als Versicherungsvermittler zu machen, jedenfalls, wenn man Versicherungsanlageprodukte vermittelt. Der eine oder andereVermittlerbetrieb hat eine solche Offenlegung bisher allerdings noch nicht vorgenommen.

Wie nachhaltig ist das Versicherungsportfolio?

Spätestens ab 2. August muss beim Vertrieb von Versicherungsanlageprodukten der Kunde zu seinen Nachhaltigkeitspräferenzen befragt und eine entsprechende Produktauswahl vorgenommen werden. Wer glaubt, das bleibe alles ein Thema der Lebensversicherung, der irrt sich. Vielmehr müssen ab 2024 für das Berichtsjahr 2023 alle mittleren und größeren Unternehmen aller Branchen eine Offenlegung ihrer Nachhaltigkeit vornehmen, so will es eine gerade entstehende neue Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD). Bereits aktuell dazu verpflichtet sind Versicherungsunternehmen – die börsennotierten schon länger aufgrund europäischer Vorgaben, alle anderen sollen inzwischen auch mindestens an die Versicherungsaufsicht berichten. Dabei geht es keineswegs nur um die Kapitalanlagen.

In diesen Berichten wird es vielmehr auch um die Frage gehen, wie nachhaltig das Versicherungsportfolio selbst ist. Das wird nicht ohne nähere Angaben der Kunden gehen. Das Thema Nachhaltigkeit durchdringt also die gesamte Wirtschaft. In der Kompositversicherung spüren es bereits die Industriekunden und ihre Vermittler, dass es keine Selbstverständlichkeit mehr ist, umweltbelastende oder sozial problematische Risiken einzudecken.

Aus Überzeugung interessiert

Insofern ist es eine gute Idee, sich als Vermittler frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und es eben nicht auf die Lebensversicherung allein begrenzt zu betrachten. Nach einer aktuellen Umfrage des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) und des German Sustainability Network (GSN), eine Brancheninitiative des Leipziger Universitäts-Spin Offs Vers Leipzig, ist das Interesse weitgehend vorhanden.

Danach seien 81 Prozent der 300 befragten Vermittler aus voller Überzeugung am Thema Nachhaltigkeit interessiert. Der überwiegende Zugang ist Neugierde (74 Prozent) und nur seltener Gruppendruck (40 Prozent) oder gar Zwang (35 Prozent). Allerdings darf man davon ausgehen, dass es in der Stichprobe eine Positivselektion gibt, das heißt, dass eher die an dem Thema Interessierten geantwortet haben dürften. Dass die Untersuchhung für die gesamte Vermittlerschaft repräsentaiv ist, wird nicht behauptet.

Strategie ist noch keine Selbstverständlichkeit

Noch wird das Thema Nachhaltigkeit mehrheitlich nicht als Herausforderung der Entwicklung des eigenen Geschäftsmodells verstanden (46 Prozent) oder eine eigene Geschäftsstrategie mit den Themen ESG (Environment, Social, Governance) entwickelt (36 Prozent). Eine Beschäftigung mit den Themen Gute Unternehmensführung (76 Prozent), gesellschaftlicher Wertewandel (74 Prozent), soziale Fragen (70 Prozent), Umweltpolitik (60 Prozent) und Klimawandel (52 Prozent) ist aber für die Mehrheit inzwischen Normalität. Addiert werden hier die Antworten „oft“ und „ständig“ im Unterschied zu „nie“ und „selten“.

Die Antwortskalen variieren in der Umfrage etwas. So werden Aussagen zur Strategie und zur Zielgruppenansprache mit nur einem ablehnenden und drei zustimmenden Werten anders beantwortet als die eingangs gestellten Fragen zur allgemeinen Einstellung der Befragten zum Thema Nachhaltigkeit, bei der es je zwei zustimmende und ablehnende Antwortoptionen gab.

Vertrauen in die Versicherer

Die Fragen zur konkreten Strategie lassen sich so zusammenfassen, dass die Teilnehmer ein großes Vertrauen in die Richtigkeit der Aussagen ihrer Vertragspartner – ein Großteil waren Ausschließlichkeitsvertreter – zur Nachhaltigkeit aufweisen. Rund 70 Prozent beantworten diese Frage mit „stimme zu“ oder „stimme voll zu“.

Eine gefestigte, eigene Strategie oder eine aktive Ansprache von Kunden sind aber mehrheitlich noch nicht festzustellen. Auch gezielte Selektionen geeigneter Zielgruppen erfolgt noch nicht, hierfür dürfte es auch noch sowohl an Wissen über Merkmale solcher Zielgruppen als auch entsprechende Informationen in den eigenen Kundenmanagement-Programmen fehlen.

Umgekehrt nehmen die Befragten mehrheitlich bisher nicht wahr, dass sie von Kunden regelmäßig auf das Thema Nachhaltigkeit angesprochen werden.

Informationen fehlen

Der Informationsstand der Vermittler ist deutlich ausbaufähig. Relativ am besten sind die Kenntnisse über die Ziele der Nachhaltigkeitsregulierung. 31 Prozent antworten mit „grundlegend“ oder „vollständig“, dagegen 67 Prozent mit „gar nicht“ oder „wenig“. Die letztgenannten Anteile werden bei Themen wie den Inhalten der Nachhaltigkeits-Regulatorik, den Vorgaben zum Beratungs- und zum Betreuungsprozess oder der Beurteilung von Nachhaltigkeitsaussagen zu Produkten noch größer.

Informationen werden dabei relativ am stärksten vom Produktgeber, aber in hohem Maß auch von Berufsverbänden, Aufsichtsbehörden und anderen Akteuren erwartet. BVK-Präsident Michael H. Heinz zieht dazu das Fazit: „Die Umfrage zeigt, dass noch viel zu tun ist, bis die Umsetzungsfähigkeit sichergestellt ist. Gelingt es, den Blick auf die aus der Nachhaltigkeit resultierenden Chancen für die Vermittlerbetriebe zu schärfen, wäre mehr gewonnen, als jede weitere Regulierung bewirken könnte.“

Autor(en): Matthias Beenken

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