SPD und Grüne kündigten vor der Bundestagswahl eine verschärfte Regulierung der Vermittlervergütung an. FDP und Vermittlerverbänden ist es zu verdanken, dass es nicht dazu kommt. Ganz vom Tisch ist das Thema jedoch nicht. Die Interessenvertreter werden weiterhin darlegen müssen, warum Provisionsverbot und -deckel die Finanzversorgung in Deutschland gefährden können.
Erinnern Sie sich noch an Herrn Kaiser? Das war der sympathische und integre Versicherungsvermittler in den TV-Werbespots der Hamburg-Mannheimer. Mal warnte er einen jungen Mann davor, eine Rentenversicherung ohne Beratung abzuschließen, mal erklärte er einem Fußballfan die Vorteile einer Vollkaskoversicherung. Er überzeugte mit Charme und Fachkompetenz und durfte dem potenziellen Kunden am Ende seine Visitenkarte übergeben.
Skandal erschütterte das Image des Vermittlers massiv
Herr Kaiser hielt sich weit über 30 Jahre. 2009 schaffte die Ergo im Zuge ihrer Übernahme der Hamburg-Mannheimer die Werbefigur ab. Und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet die Hamburg-Mannheimer für ihren Strukturvertrieb im Jahr 2007 eine Orgie in Budapest veranstaltete, was 2011 mit dem Bericht „Herr Kaiser auf Lustreise“ des „Handelsblatts“ ans Tageslicht kam. Der Skandal erschütterte das Image des Vermittlers, das zuvor bereits Kratzer bekommen hatte, massiv.
Schon vorher standen die Strukturvertriebe, mit denen manche Versicherer in den 1990er und den 2000er Jahren besonders gern kooperierten, in der Kritik. Selbstverständlich können Strukturvertriebe genauso professionell arbeiten wie andere Vermittler. Doch ihre Tendenz zur Erzielung möglichst vieler Abschlüsse und das dafür erforderliche Anwerben neuer Mitarbeiter prägen das Bild des aggressiven Vertrieblers bis heute. Gerade gegen Ende der 2000er Jahre galt nicht mehr Herr Kaiser als Symbol des Versicherungsvertriebs. Vielmehr hatte die Öffentlichkeit einen männlichen Strukki mit weit aufgeknöpftem Anzughemd, einem Protz-Chronografen und einem Sportwagen im Kopf. Der Sex-Skandal passte perfekt dazu.
Alle Vermittler wurden in Sippenhaft genommen
Da half es auch nicht, dass Makler und Ausschließlichskeitsvermittler nichts mit den Strukturvertrieben zu tun hatten. Alle Vermittler wurden in Sippenhaft genommen. Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), sagt dazu: „Diese Beispiele haben das Bild unserer Berufsgruppe negativ geprägt.“ Das führe dazu, dass noch heute Gespräche mit manchen Politikern schwierig seien, die gerne die Vermittlertätigkeit weiter regulieren würden.
Eklatante Differenz zwischen Nah- und Fernsicht
Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), räumt ebenfalls ein, dass das Image des Vermittlers gelitten hat. Er stellt aber auch fest: „Werden Versicherungskunden nach der Zufriedenheit mit ihrem persönlichen Versicherungsvermittler gefragt, geben sie überwiegend wohlwollende und wertschätzende Antworten. Hier existiert also eine eklatante Differenz zwischen Nah- und Fernsicht, die wahrscheinlich ihre Wurzeln in einer gewissen Skandalisierung einiger Massenmedien hat.“
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Autor(en): Jan F. Wagner