Mit der Reform der Privatinsolvenz im Juli 2014 sollten Verbraucher die Chance erhalten, bereits nach drei, statt nach sechs Jahren schuldenfrei zu sein. Doch nur wenigen gelingt ein früherer Schuldenschnitt. Von den Schuldnern, die in den ersten beiden Halbjahren nach der Reform (1. Juli 2014 bis 30. Juni 2015) eine Privatinsolvenz anmeldeten, gelang knapp mehr als acht Prozent in den folgenden drei Jahren der Schuldenschnitt. Das teilte der Dienstleister für Bonitätsinformationen Crifbürgel aktuell mit. Laut seiner Analyse sank die Zahl Ende 2018 auf nur noch knapp unter sechs Prozent. Das heißt in Zahlen: Von den von Anfang Juli bis Ende Dezember 2015 in Deutschland gemeldeten 48.491 Privatinsolvenzen erreichten demnach nur 2.795 die Restschuldbefreiung bereits nach drei statt nach sechs Jahren.
"Zu Beginn der Reform haben viele Personen auf die erstmalige Restschuldbefreiung nach drei Jahren hingearbeitet. Die aktuellen Zahlen zeigen jedoch, dass immer weniger Privatpersonen von der Reform profitieren", konstatiert Crifbürgel-Geschäftsführer Christian Bock. Die meisten Betroffenen benötigen weiterhin sechs Jahre, um ihre finanzielle Krise zu überwinden. Insgesamt warteten derzeit knapp 620.000 Personen in Deutschland auf die Restschuldbefreiung.
Jüngeren gelingt der schnelle Schuldenschnitt leichter
Im bundesweiten Vergleich der vergangenen eineinhalb Jahre war die Quote jener Personen, die einen Schuldenschnitt nach drei Jahren erlangten, in Thüringen (11,0 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (10,0 Prozent) am höchsten. Im Saarland (4,1 Prozent) und in Bremen (4,4 Prozent) gelang es den wenigsten Privatpersonen, die Restschuldbefreiung zu verkürzen. Interessant: Jüngeren gelingt der schnellere Schuldenschnitt besser als älteren Verbrauchern. Das hänge vor allem damit zusammen, dass erstere im Vergleich zum Rest der Betroffenen relativ weniger Schulden haben und bei einer Arbeitslosigkeit schneller wieder in den Arbeitsmarkt zurückfinden.
Über alle Altersgruppen berechnete Crifbürgel einen Schuldendurchschnitt von rund 30.000 Euro. Bei den unter 30-Jährigen liege die durchschnittliche Schuldensumme allerdings bei knapp unter 11.000 Euro. Der überwiegende Teil der Betroffenen steht vor allem bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungsunternehmen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften in der Kreide.
Die sechs wesentlichen Ursachen für eine Privatinsolvenz sind:
- Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit,
- Einkommensarmut,
- gescheiterte Selbstständigkeit,
- ein zum Einkommen unpassendes Konsumverhalten,
- Veränderungen in der familiären Situation wie Scheidung beziehungsweise Trennung
- sowie Krankheit.
Autor(en): Angelika Breinich-Schilly