Unzufrieden mit dem Gesundheitswesen

Drei Viertel der Bevölkerung glauben, dass eine ausreichende medizinische Versorgung mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) heute nicht mehr bezahlbar ist. Doch insgesamt hat sich die Unzufriedenheit der GKV-Mitglieder im Vergleich zu den Vorjahren verringert.

„Das Ausmaß der Unzufriedenheit war im vergangenen Jahr Besorgnis erregend. Eventuell ist jetzt eine Trendwende in Sicht", erläutert Rolf Bauer, Vorstandsvorsitzender der Continentale, die neue Studie, die der Krankenversicherer nun schon zum fünften Mal erstellen ließ. Die Unzufriedenheit der gesetzlich Krankenversicherten mit dem Gesundheitswesen hat sich danach im Jahr 2005 von zuvor 72 auf jetzt 64 Prozent verringert. Es handelt sich hier um den ersten deutlichen Rückgang seit dem ersten Zufriedenheits-Barometer, das die Continentale im Jahr 2001 in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid erarbeitete. Dennoch sind die Zukunftserwartungen der Bürger in Sachen Gesundheitsreform und Gesundheitskosten - nach den Studienergebnissen zu urteilen - nach wie vor sehr pessimistisch.

In der Continentale-Studie wurden von Anfang an jährliche Erhebungen zur Zufriedenheit der gesetzlich Krankenversicherten mit dem Gesundheitswesen unter Preis-Leistungs-Gesichtspunkten gemessen. Die Emnid-Meinungsforscher befragten dazu 1.244 Personen im Alter ab 25 Jahren, darunter 1.090 gesetzlich Krankenversicherte.

Bei den Erhebungen im September dieses Jahres stellte sich heraus, dass die Unzufriedenheit mit den Leistungen mit 51 Prozent auf dem Niveau des Vorjahres liegt. Bei Beginn der Messungen 2001 waren nur 33 Prozent der GKV-Mitglieder unzufrieden mit den Leistungen ihrer Kasse, 44 Prozent mit dem Preis. An eine langfristig gesicherte gute medizinische Versorgung glaubt heutzutage ein Großteil der gesetzlich Versicherten nicht mehr. So sind laut Conti-Studie 76 Prozent der Meinung, eine ausreichende medizinische Versorgung durch das gesetzliche System gebe es schon jetzt nicht mehr oder werde es in Zukunft nicht mehr geben. Sogar 94 Prozent sind der Ansicht, jetzt oder in Zukunft für eine gute medizinische Versorgung über die Kassenbeiträge hinaus viel Geld bezahlen zu müssen. Und 84 Prozent sind davon überzeugt, dass ein Großteil der Bevölkerung schon heute nicht mehr vom medizinischen Fortschritt profitiere. Und wenn nicht heute, so werde das in naher Zukunft so sein.

Die Studie ergab außerdem: Die Zahl der Bürger, die sich von Leistungseinschränkungen im Gesundheitswesen betroffen sieht, hat im Vergleich zum Vorjahr stark zugenommen. Im Jahr 2005 gaben 43 Prozent der gesetzlich Versicherten in der Emnid-Umfrage an, Ärzte hätten bei Behandlungen oder Rezepten Einschränkungen vorgenommen oder diese in Rechnung stellen wollen. 2004 waren es nur 30 Prozent. Dabei sind die gesetzlich Versicherten nach wie vor relativ schlecht informiert. Aus der Conti-Studie ist abzuleiten, dass immer noch 46 Prozent der GKV-Mitglieder glauben, einmal vereinbarte Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung seien garantiert - was nicht der Fall ist. In diesem Jahr sind es sogar 5 Prozent mehr als im Vorjahr. 49 Prozent glauben nicht an eine Leistungsgarantie. Die lebenslange Leistungsgarantie der privaten Voll- und Zusatzversicherungen ist hingegen nur 33 Prozent der gesetzlich Versicherten bekannt.

Continentale-Chef Rolf Bauer resümiert: „Die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Gesundheitswesen ist nach wie vor auf einem Niveau, das alle Beteiligten nachdenklich stimmen sollte. Nach dem absoluten Tiefstand des vergangenen Jahres scheint sich die Bevölkerung mit den Reformen abzufinden. Wenn die Reformen des bestehenden Systems fortgesetzt werden, wird die Bevölkerung das auf Dauer akzeptieren. Zudem ist den meisten Menschen klar, dass mehr Eigenvorsorge notwendig ist. Für Bürgerversicherung und Gesundheitsprämie bleibt damit kein Raum.“ Das zeige auch eine Umfrage des Verbandes der privaten Krankenversicherer (PKV) zu diesem Thema.




Autor(en): Ellen Bocquel

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