Versicherungsmakler könnten ihre Kunden deutlich besser unterstützen und damit den Wert ihrer Beratung herausstellen. Sich allein auf den Versicherer zu verlassen ist zu wenig.
In den "Asscompact Trends II/2017" hat die bbg Betriebsberatungs GmbH 475 Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter zu ihrem Umgang mit dem Thema Schadenregulierung und Schadenmanagement im Kompositgeschäft befragt. Die Befragten weisen mit 53 Jahren ein hohes Durchschnittsalter und eine mit 23 Jahren entsprechend lange Berufserfahrung auf. Durchschnittlich setzen deren Betriebe 206.000 Euro an Courtagen und anderen Einnahmen um.
Gut investierte Zeit?
Nur knapp über die Hälfte (56 Prozent) der Befragten gibt an, dass die Begleitung der Kunden bei der Schadenregulierung zu ihren Aufgaben zählt, "die Zeit ist dabei gut investiert". "Zufriedenheit und Bindung" der Kunden werde dadurch gesteigert. Dagegen geben acht Prozent der Teilnehmer an, dass sie das Thema Schaden für eine den Versicherern vorbehaltene Aufgabe halten, wofür sie ihre Arbeitszeit "möglichst gar nicht" einsetzen wollen. Bei aller Vorsicht in der Interpretation scheint es sich hierbei um eine Teilgruppe Vermittler zu handeln, die ihre Aufgabe allein im Abverkauf von Produkten sieht und möglicherweise nicht verstanden hat, wofür sie jedes Jahr nicht unerhebliche Courtagen aus der Prämie überwiesen erhalten.
Das verbleibende gute Drittel sieht die Schadenregulierung als "gemeinsame Aufgabe des Vermittlers und der Gesellschaften" an. Auch dies ist bemerkenswert, wenn man die besondere Rolle des Maklers als Sachwalter der Kunden bedenkt. Gerade die Diskussion über das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Schadenregulierung durch Makler sollte den Blick dafür geschärft haben, dass der Makler auf Seiten des Kunden und nicht auf derjenigen des Versicherers zu stehen hat, was die Interessenvertretung angeht.
Vier Schäden pro Monat sollten zu schaffen sein
Dabei kann das Argument gar nicht einmal sein, dass die Befragten mit zu vielen Schadenfällen zu tun hätten. Die bbg hat aus den Angaben der Teilnehmer einen Durchschnitt von knapp über acht Kfz-, knapp über sieben Sach- und knapp sieben Haftpflichtschäden ermittelt, die im Privatkundengeschäft pro Jahr "persönlich betreut" wurden. Rechnet man alle abgefragten Schaden-/Unfallversicherungs-Zweige im Privat- und Gewerbegeschäft zusammen, kommen durchschnittlich 48 Schäden zusammen oder vier pro Monat. Das sollte einen gut organisierten Maklerbetrieb kaum überfordern, zumal der in der Stichprobe vertretene Durchschnittsmakler über rund fünf Mitarbeiter verfügt.
Der "Moment der Wahrheit", wie die Marktforschung den Schadenfall bei einer Versicherung nennt, wird damit offenbar von nicht wenigen Maklern und Mehrfachvertretern den Versicherern überlassen zu bestehen. Das machen die Versicherer immerhin recht gut, wie die Befragung weiter zeigt.
Gute Bewertung für die Versicherer
So ist beispielsweise die Zufriedenheit mit der Reaktionszeit der Versicherer durchweg hoch und unterschreitet in keinem Versicherungszweig einen Anteil von 66 Prozent, in der privaten Haftpflicht werden sogar 85 Prozent erreicht. Verbessern sollten die Versicherer allerdings die Erreichbarkeit ihrer Ansprechpartner, die Kürze der Regulierungsdauer und die Begründung der Regulierungsentscheidung. Die übrigen abgefragten Leistungsmerkmale werden entweder nur selten als verbesserungsbedürftig eingeschätzt oder gelten als weniger wichtig.
Über die Schadenregulierung empfehlen sich die Versicherer auch für die weitere Geschäftsbeziehung. 69 Prozent der Befragten sehen die Qualität der Schadenregulierung in dieser Hinsicht als sehr wichtig, fast der gesamte Rest zumindest als wichtig an.
Welche Versicherer gut regulieren
Die Studie zeigt auch, welche Versicherer nach Meinung der Vermittler am besten regulieren. Dabei sind die Aussagen sicher auch Spiegelbild der Häufigkeit, die die entsprechenden Versicherer im Bestand der Befragten vertreten sind.
In der privaten Kfz-Versicherung wird die VHV mit Abstand am häufigsten genannt, in der gewerblichen Kfz-Versicherung liegt die zur R+V-Gruppe gehörende Kravag vorne. Privathaftpflichtschäden und Schäden bei privaten Sach- und Unfallversicherungen werden jeweils von der Haftpflichtkasse Darmstadt am besten reguliert. Bei gewerblichen Haftpflichtschäden liegt die VHV und bei gewerblichen Sachversicherungsschäden die Allianz vorne. Bei Gruppenunfallversicherungen gibt es keinen klaren Sieger, die vermutlich seltenen Schäden werden von einer Reihe Versicherern gleich gut reguliert. Bei technischen Versicherungen liegt die R+V knapp vorne, wohingegen in der Rechtsschutzversicherung sowohl bei Privat- als auch Firmenschäden die KS Auxilia klar führt.
Schadenmanagement ist noch die Ausnahme
Die Studie zeigt auf, wo sich Versicherungsmakler noch besser differenzieren und Alleinstellungsmerkmale aufbauen könnten, damit sie nicht nur als reine Produktverkäufer, sondern als Begleiter ihrer Kunden im Moment der Wahrheit auftreten können. So verfügen zwei Drittel bisher über kein Netzwerk an Fachbetrieben, die man im Schadenfall empfehlen kann. Das ist fahrlässig, wenn man bedenkt, wie schwer es in Zeiten der Niedrigzins-geförderten Bauwut ist, brauchbare Handwerker zu bekommen. Hier könnten die Vermittler bei den Kunden mit guten Kontakten punkten, die zudem auch noch aus dem eigenen Kundenkreis stammen können.
Sechs von zehn Befragten verzichten bisher darauf, nach einem Schadenfall eine erneute Beratung zwecks Schadenverhütung anzubieten. Damit könnten Vermittler ihre Kompetenz nicht nur als Versicherungsverkäufer, sondern auch in der Schadenprophylaxe beweisen, die den Kunden im Ergebnis wichtiger ist als die schnelle Regulierung vermeidbarer, eingetretener Schäden. Vor allem gewerbliche, aber auch viele private Kunden dürften es sehr schätzen, nach der negativen Erfahrung beispielsweise eines Einbruchdiebstahls beraten zu werden, wie sich künftigen Einbrüchen vorbeugen lässt.
Immer noch vier von zehn Vermittlern verzichten darauf, regelmäßig nach der Schadenregulierung durch den Versicherer nach der Zufriedenheit der Kunden zu fragen. Auch damit gehen wertvolle Informationen und Chancen auf Kundenbindung verloren.
Die vollständige Studie kann kostenpflichtig bei der bbg erworben werden (stasch@bbg-gruppe.de).
Autor(en): Matthias Beenken