Wenn sich Versicherer in diesen Tagen über "Unisex" aufregen, dann hat das wenig mit Erotik zu tun und viel mit Politikerplänen, die im neuen Alters-Einkünfte-Gesetz (AEG) gleiche Tarife für Männer und Frauen bei der Riester-Rente programmieren wollen. Eine besonders harte Nuss, denn der Bundestag hat diesen Vorgaben bereits zustimmt. Nun steht noch die Zustimmung des Bundesrates vor der Sommerpause aus; dann könnte ab 2006 bei der Riester-Rente geschlechtsneutral alles über einen Kamm geschoren werden.
Nicht auszudenken, wettern die Experten in der Versicherungswirtschaft. Jetzt müsse man sich etwas einfallen lassen, um die private und betriebliche Altersvorsorge nicht vollends aufs Abstellgleis zu bannen.
Forderung der EU-Sozialkommissarin
Die unterschiedlichen Versicherungsprämien für Frauen und Männer sind der EU-Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou schon lange ein Dorn im Auge. Ihrer Ansicht nach handele es sich hier um eine klassische Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen und sei deshalb inakzeptabel. Mit einer EU-Richtlinie, an der der europäische Ministerrat seit Jahren arbeitet, will die emanzipierte Griechin verbieten, dass Versicherungsprämien aufgrund des Faktors Geschlecht kalkuliert werden.
Die deutschen Politiker wollen offensichtlich in diesem Punkt Musterschüler sein. Sie preschen mit der Unisex-Riester-Rente vor, obwohl noch gar nicht heraus ist, was in Brüssel letztendlich entschieden wird.
"Völlig verfehlt"
"Völlig verfehlt" lautet der Kommentar des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zum Thema Unisex. Wenn ab 2006 für neue Riester-Verträge Unisex-Tarife vorgeschrieben werden sollten, käme es "nicht etwa zu einer Gleichbehandlung von Frauen und Männern, sondern zu einer deutlich spürbaren Benachteiligung der Männer, weil Männer aufgrund der statistisch nachgewiesenen geringeren Lebenserwartung insgesamt weniger Leistungen erhalten".
15 Prozent teurer
GDV-Präsident Bernhard Schareck rechnet vor, dass mit der Verpflichtung zu Unisex-Tarifen bei Riester Männern eine Beitragserhöhung um 15 Prozent drohe. Schareck betont, dass die Versicherungswirtschaft im Rahmen ihrer Beratungspflicht dann gehalten sei, Männer auf preiswertere Altersvorsorge-Angebote hinzuweisen. Folglich würden Männer mit Unisex-Tarifen systematisch aus der ohnehin wenig attraktiven Riester-Rente herausgedrängt. Und das ohne Vorteil für das weibliche Geschlecht, denn damit werde die Altersvorsorge für Frauen auch nicht preiswerter.
Während die Branche vor falschen Rechenbeispielen mit angeglichenen Tarifen warnt, ist die Berufs-Emanze Alice Schwarzer aktiv geworden. Als Schirmherrin der Internet-Seite www.tagderabrechnung.de unterstützt sie vor allem Politikerinnen, sich vom Unisex-Gedanken bei Versicherungs-Tarifen beflügeln zu lassen. Es wird hier vorgerechnet, dass Männer durchschnittlich eine um 57,60 Euro höhere Monatsrente als Frauen erhalten. Was nicht auf der Seite steht, ist die Tatsache, dass Frauen wegen ihrer statistisch höheren Lebenserwartung im Schnitt vier Jahre länger ihre Rente "erleben" als ihre männlichen Partner.
Feststeht, dass die Riester-Rente mit Unisex-Tarif für Männer teuerer wird. Das sieht so auch Bernd Katzenstein, Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA): "Die Einführung von Unisex-Tarifen ist der Todesstoß für das bisherige Riester-Modell", warnt er. Es müsse nämlich nach den Vorstellungen der Politiker eine Quersubvention in Höhe von rund 15 Prozent der Frauentarife erfolgen, um auf gleiche Tarife innerhalb der Geschlechter zu kommen.
Riester-Rente als Pflichtversicherung?
Katzenstein geht davon aus, dass die verantwortlichen Politiker sehr wohl wissen, was sie mit ihrer Zustimmung im Bundestag getan haben. Er vermutet dahinter den Plan, dass in näherer Zukunft aus der freiwilligen geförderten Zusatzrente eine Pflichtversicherung gemacht werden solle. Nur dann mache die Entscheidung Sinn. Ob aber bei einer Pflichtversicherung angesichts der knappen öffentlichen Kassen noch eine Förderung aus Steuermitteln erfolgen könne, sei zu bezweifeln.
Kein Thema sind "Unisextarife" in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil es sie dort schon immer gab – mit folgender Auswirkung: Dort zahlen Männer gleiche Beiträge wie Frauen, bekommen aber im Durchschnitt wegen ihrer um sechs Jahre kürzeren Lebenserwartung eine geringere Gesamtrente.
Alle sind gespannt
Gespannt richten sich jetzt die Augen aller auf die Regierungs-Chefs der Bundesländer. In ihrer Macht steht es, im Bundesrat die Zustimmung zum AEG zu verweigern. Die Oppositions-Politiker hatten schon im Bundestag ihr Votum verweigert. Fragt sich, ob sie im Bundesrat am längeren Hebel sitzen.
Nicht auszudenken, wettern die Experten in der Versicherungswirtschaft. Jetzt müsse man sich etwas einfallen lassen, um die private und betriebliche Altersvorsorge nicht vollends aufs Abstellgleis zu bannen.
Forderung der EU-Sozialkommissarin
Die unterschiedlichen Versicherungsprämien für Frauen und Männer sind der EU-Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou schon lange ein Dorn im Auge. Ihrer Ansicht nach handele es sich hier um eine klassische Diskriminierung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen und sei deshalb inakzeptabel. Mit einer EU-Richtlinie, an der der europäische Ministerrat seit Jahren arbeitet, will die emanzipierte Griechin verbieten, dass Versicherungsprämien aufgrund des Faktors Geschlecht kalkuliert werden.
Die deutschen Politiker wollen offensichtlich in diesem Punkt Musterschüler sein. Sie preschen mit der Unisex-Riester-Rente vor, obwohl noch gar nicht heraus ist, was in Brüssel letztendlich entschieden wird.
"Völlig verfehlt"
"Völlig verfehlt" lautet der Kommentar des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zum Thema Unisex. Wenn ab 2006 für neue Riester-Verträge Unisex-Tarife vorgeschrieben werden sollten, käme es "nicht etwa zu einer Gleichbehandlung von Frauen und Männern, sondern zu einer deutlich spürbaren Benachteiligung der Männer, weil Männer aufgrund der statistisch nachgewiesenen geringeren Lebenserwartung insgesamt weniger Leistungen erhalten".
15 Prozent teurer
GDV-Präsident Bernhard Schareck rechnet vor, dass mit der Verpflichtung zu Unisex-Tarifen bei Riester Männern eine Beitragserhöhung um 15 Prozent drohe. Schareck betont, dass die Versicherungswirtschaft im Rahmen ihrer Beratungspflicht dann gehalten sei, Männer auf preiswertere Altersvorsorge-Angebote hinzuweisen. Folglich würden Männer mit Unisex-Tarifen systematisch aus der ohnehin wenig attraktiven Riester-Rente herausgedrängt. Und das ohne Vorteil für das weibliche Geschlecht, denn damit werde die Altersvorsorge für Frauen auch nicht preiswerter.
Während die Branche vor falschen Rechenbeispielen mit angeglichenen Tarifen warnt, ist die Berufs-Emanze Alice Schwarzer aktiv geworden. Als Schirmherrin der Internet-Seite www.tagderabrechnung.de unterstützt sie vor allem Politikerinnen, sich vom Unisex-Gedanken bei Versicherungs-Tarifen beflügeln zu lassen. Es wird hier vorgerechnet, dass Männer durchschnittlich eine um 57,60 Euro höhere Monatsrente als Frauen erhalten. Was nicht auf der Seite steht, ist die Tatsache, dass Frauen wegen ihrer statistisch höheren Lebenserwartung im Schnitt vier Jahre länger ihre Rente "erleben" als ihre männlichen Partner.
Feststeht, dass die Riester-Rente mit Unisex-Tarif für Männer teuerer wird. Das sieht so auch Bernd Katzenstein, Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA): "Die Einführung von Unisex-Tarifen ist der Todesstoß für das bisherige Riester-Modell", warnt er. Es müsse nämlich nach den Vorstellungen der Politiker eine Quersubvention in Höhe von rund 15 Prozent der Frauentarife erfolgen, um auf gleiche Tarife innerhalb der Geschlechter zu kommen.
Riester-Rente als Pflichtversicherung?
Katzenstein geht davon aus, dass die verantwortlichen Politiker sehr wohl wissen, was sie mit ihrer Zustimmung im Bundestag getan haben. Er vermutet dahinter den Plan, dass in näherer Zukunft aus der freiwilligen geförderten Zusatzrente eine Pflichtversicherung gemacht werden solle. Nur dann mache die Entscheidung Sinn. Ob aber bei einer Pflichtversicherung angesichts der knappen öffentlichen Kassen noch eine Förderung aus Steuermitteln erfolgen könne, sei zu bezweifeln.
Kein Thema sind "Unisextarife" in der gesetzlichen Rentenversicherung, weil es sie dort schon immer gab – mit folgender Auswirkung: Dort zahlen Männer gleiche Beiträge wie Frauen, bekommen aber im Durchschnitt wegen ihrer um sechs Jahre kürzeren Lebenserwartung eine geringere Gesamtrente.
Alle sind gespannt
Gespannt richten sich jetzt die Augen aller auf die Regierungs-Chefs der Bundesländer. In ihrer Macht steht es, im Bundesrat die Zustimmung zum AEG zu verweigern. Die Oppositions-Politiker hatten schon im Bundestag ihr Votum verweigert. Fragt sich, ob sie im Bundesrat am längeren Hebel sitzen.
Autor(en): Marianne Storck