Unisex-Tarife nicht für Altkunden

Geschlechtsneutrale Versicherungstarife, so genannte Unisex-Tarife, wird es nur für Neuverträge geben. Das geht aus einem Entwurf des neuen Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) hervor, den das Bundeskabinett jetzt vorgelegt hat. Wörtlich heißt es in der Gesetzesbegründung: "Die Regelung stellt klar, dass die Änderung nur ab dem 21. Dezember 2012 begründete Versicherungsverhältnisse betrifft." Das neue Recht wird notwendig, weil ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (1. März 2011, C 236/09) künftig geschlechtsspezifische Prämien verbietet. Verboten sind auch Umgehungen des Unisex-Zwangs durch Gruppenangebote, wie der deutsche Gesetzgeber nun klargestellt hat.

Hohe Preise für alle Privatpatienten?
Das Verbot, Unisex-Tarife für Altkunden einzuführen, dürfte vor allem die Private Krankenversicherung (PKV) vor erhebliche Probleme stellen. Die meisten führenden Köpfe der PKV wollten nämlich bisher eine solche "Bestandslösung", wie die Debeka aus Koblenz bestätigt. Bisher zahlen Frauen in PKV deutlich höhere Prämien. Bei einem künftigen Mischtarif aus Frauen und Männern, dürften weibliche Versicherte daher besser abschneiden. Daher fürchtet die PKV einen Exodus vieler Altkundinnen in die neuen Tarife. Möglich wird dies, weil jeder Privatversicherte ein Wechselrecht innerhalb der eigenen Gesellschaft hat, bei der alle angesparten Alterungsrückstellungen erhalten bleiben. Ihr Unternehmen können die Versicherten hingegen in der Regel nicht mehr verlassen, weil sie sonst schwere wirtschaftliche Nachteile hinnehmen müssen.

Die Einführung von Unisex-Tarifen für alle PKV-Kunden war aber in Branche schon vorher umstritten. So hat sich die Contientale Krankenversicherung energisch gegen eine solche Lösung ausgesprochen, weil dadurch bestimmte Gruppen, etwas ältere Frauen, deutlich belastet würden. Das wäre ein Eingriff in die Rechte der Kunden, kritisiert die Continentale. Umstiege von jüngeren Frauen, die mit den neuen Unisex-Tarifen günstiger fahren, müssten die Versicherer einfach hinnehmen.

Ob es soweit kommt ist aber nun fraglich. So befürchtet etwa Debeka Vorstand Roland Weber, dass ohne eine Altkundenumstellung alle Neubeiträge für Unisex-Tarife auf dem heutigen hohen Niveau von Frauen verharren würden. "Dann würde niemand vom Unisex-Tarif profitieren", so Weber. Für Männer dürfte das die PKV deutlich unattraktiver machen. Sie zahlen gegenüber Frauen derzeit rund 15 bis 20 Prozent weniger für ihren Vorzug beim Arzt als Privatpatient behandelt zu werden.

Allgemeiner Prämienanstieg
Nach einer Studie des Beratungsunternehmen Oxera, im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), soll der Zwang zu Uni-Sex-Tarifen gegenüber den heutigen geschlechtsspezifische Prämien insgesamt zu höheren Preisen führen. So müssten laut GDV die Unternehmen Sicherheitszuschläge einkalkulieren, da die Unternehmen nicht wissen, welcher Anteil die Geschlechter in ihrem Neugeschäft haben werden. Diese Unsicherheit würde das Risiko erhöhen. Daher müsste dies in der Kalkulation berücksichtigt werden. Kritiker, wie der Bund der Versicherten (BdV) fürchten hingegen, dass die Versicherer unter dem Deckmäntelchen der Einführung von Uni-Sex-Tarifen, ihre Tarife allein zur Gewinnmaximierung erhöhen könnten.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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