Unerwartet viele PKV-Beschwerden

Im vergangenen Jahr sind gut 7.000 Beschwerden bei Arno Surminski, Ombudsmann für die privat Kranken- und Pflegeversicherten, eingegangen. Das sind sogar einige mehr als in den ersten 15 Monaten seiner Tätigkeit, die am 1. Oktober 2001 begonnen hatte. Die Beschwerden (davon 2.206 schriftlich) seien bis auf knapp 800 Fälle abgearbeitet, sagte Surminski bei der Vorstellung seines "Tätigkeitsberichts 2003".

Für ihn selbst komme die Beschwerdeflut etwas überraschend, hatte er doch im Laufe des vergangenen Jahres in zwei Rundschreiben an die PKV-Unternehmen über die neuralgischen Punkte informiert, die immer wieder zu Beschwerden führen. Dennoch gaben die Kunden keine Ruhe. Als Ursache führt der Ombudsmann vor allem die buchstabengetreue Praxis der Schadenregulierung an. Es sei weniger Kulanz zu beobachten, stattdessen erfolge vertragsgerechte Regulierung. Dies finde seinen Ausdruck auch darin, dass mehr Prozesse beim Bundesgerichtshof landen. Der hatte erst am 3. März 2004 entschieden, dass die PKV die gesamten Kosten der künstliche Befruchtung bezahlen muss, wenn der PKV-Versicherte zeugungsunfähig ist und auch der GKV-versicherte Ehepartner von den Leistungen profitiert (Az.: IV ZR 25/03).

Auch nehme der finanzielle Verteilungskampf im Verhältnis zwischen Ärzten, Patienten und Versicherern an Schärfe zu. Dem Ombudsmann bleibe in diesem Spannungsfeld nur die undankbare Rolle, Versicherte insbesondere bei Gebührenstreit aufzuklären und die Versicherer zu bitten, ihre Kunden aus dem Streit mit den Ärzten herauszuhalten. Zugleich forderte Surminski die Politik auf, die seit zwei Jahrzehnten unveränderten Gebührenordnungen zu novellieren, um das Konfliktpotential zu reduzieren.

In 14 Prozent der Fälle hatte es der PKV-Ombudsmann mit unzulässigen Beschwerden zu tun. Das sei immer dann der Fall, wenn bereits die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) oder ein Gericht eingeschaltet wurde. Bei den zulässigen Beschwerden endete das Verfahren in knapp 60 Prozent der Fälle mit einem Misserfolg des Kunden. Beim Rest wurde für diejenigen, die sich beschwerten, zumindest ein Teil-Erfolg durch Kompromiss, Abhilfe, Kulanz oder Hilfestellung gefunden. Bei nur 1,6 Prozent der zulässigen Beschwerden sprach der Ombudsmann eine Empfehlung aus (22 Fälle), die in der Regel von den Unternehmen befolgt wurde. Damit rechnet sich der PKV-Ombudsmann, der keine Entscheidungen fällen darf, eine Erfolgsquote von rund 40 Prozent an.

Von den schriftlich eingereichten zulässigen Beschwerden betrafen knapp 80 Prozent die Krankheitskosten-Versicherung. Innerhalb dieses Bereiches entfiel der Streit zumeist auf Behandlungskosten (14,1 Prozent) und auf Unstimmigkeiten zur medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung (13,4 Prozent), darunter insbesondere bei Vergütung von Psychotherapie, Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln.

Nach gewisser Skepsis zu Beginn akzeptierten inzwischen alle Versicherer die Schlichtungsstelle. Sie finanzieren als Mitgliedsunternehmen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung (PKV) den PKV-Ombudsmann indirekt über ihre Umlage zur Finanzierung des Verbandes, dem 50 Unternehmen mit 99,89 Prozent Marktanteil angehören.

Für den Verbraucher ist die Beschwerde kostenlos. Lediglich die Einschaltung eines Rechtsanwalts – ist möglich - oder Reisekosten muss der Kunde in Zweifel selbst tragen. Betroffene sollten im Zweifel besser schreiben als anrufen (Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung, Leipziger Str. 104, 10117 Berlin). Wegen personeller Engpässe dauert es derzeit vier bis fünf Monate, ehe Versicherte eine Antwort erhalten. Im Jahr 2002 hatte es die Antwort im Schnitt schon nach acht Wochen gegeben.

Autor(en): Detlef Pohl

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