Tricks mit Garantien bei Fondspolicen

Die Assekuranz ist sich offenkundig nicht darüber einig, ob die Einführung eines Anpassungsmechanismus der Garantien bei Rentenversicherungen erforderlich ist. Nur bei Einigkeit könnten solche Klauseln im Markt durchgesetzt werden, hieß es bei Axa. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beobachtet die Situation sehr genau. Jedes Unternehmen könne Verträge ohne oder mit eingeschränkten Garantien anbieten, so Sprecher Peter Abrahams. Allerdings müsse das transparent geschehen. Späte Überraschungen seien nicht akzeptabel.

Offenbar ist die Transparenz der Vertragsbedingungen allerdings bei vielen Versicherern so schlecht, dass die Aufweichung der Garantien nicht mal Fachleuten ins Auge springt. Wie soll da der Endkunde oder selbst ein versierter Makler erkennen, wo die Fußangeln lauern? Immerhin räumte Johannes Lörper, Vorstand der Victoria Leben ein, dass es ein Transparenzproblem für die Kunden gebe. Ansonsten stehe es jedem Versicherer frei, eine geringere Garantie zu geben als von Amts wegen höchstens erlaubt (derzeit: 2,75 Prozent Höchstrechnungszins). „Das wird schon der Wettbewerb richten“, glaubt Lörper.

Kann man die Diskussion zu den Garantien damit abhaken und die Sache zu den Akten legen? Weit gefehlt! Ein neuer Skandal bahnt sich bei fondsgebundenen Rentenversicherungen an. Zwar bieten sie weit weniger Garantien als klassische Rentenpolicen, denn das Kapitalmarktrisiko trägt ja der Kunde - durch Anlage in Investmentfonds eigener Wahl. Der Versicherer hat damit letztlich nichts zu schaffen. Dennoch gibt es in geringem Umfang auch Garantien. In den Musterbedingungen des GDV heißt es dazu: „Die Höhe der Rente wird aus dem zu Beginn der Rentenzahlung vorhandenen Wert des Deckungskapitals“ (also dem Wert der Fondsanteile) „und dem im Versicherungsschein genannten Rentenfaktor ermittelt.“ Kein Wort davon, dass sich dieser Rentenfaktor, der in einem festen Euro-Betrag pro 10.000 Euro Fondsanteile ausgewiesen wird, während der Vertragslaufzeit ändern könnte.

Doch kürzlich staunte ein Versicherungsmakler nicht schlecht, der erst 2004 eine Fondsrente für sich selbst abgeschlossen hatte. Die Continentale teilte ihm mit, dass es zum 1. Juli 2005 „erforderlich ist, auch für den Bestand bei der Berechnung der Rentenfaktoren die neue Sterbetafel DAV 2004 zugrunde zu legen“ - mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders. Folge: Er bekommt nun reichlich vier Euro Monatsrente pro 10.000 Euro Fondsguthaben weniger zum Ende des Vertrages mit 65.

Dies erstaunt, hatte doch Continentale-Sprecher Klaus Dankert erst vor wenigen Wochen verkündet: „Diese Beitragsanpassungsklausel wurde in der Vergangenheit nie angewandt und wird es definitiv auch in Zukunft nicht.“ Nun also doch ein Eingriff in die Garantien? Jakob Wachter, Leiter Produktmanagement der Conti Leben erklärt: „Die Zusage gilt nur für konventionelle Renten, bei denen das Unternehmen das nötige Geld zur Nachreservierung für die Garantien aus Teilen der Überschüsse entnehmen kann.“ Bei Fondsrenten liege der Fall anders, weil das Unternehmen das Geld gar nicht selbst verwalte, sondern das Kapital in Fonds investiert sei. „Da die Erfüllbarkeit der Rentengarantie dennoch nötig ist, muss das Versicherten-Kollektiv einspringen, wenn sich die Rechnungsgrundlagen ändern“, so Wachter, der zugleich Aktuar ist. Dazu sei man gesetzlich verpflichtet und habe dies in den AVB auch deutlich gemacht - ebenso wie drei Viertel aller Anbieter von Fondsrenten, behauptet Wachter.

Eine Nachfrage bei der BaFin löste Erstaunen aus. Versicherungsmathematiker Peter Schramm hält dies nur für gerechtfertigt, solange im Vertrag ein Änderungsvorbehalt eingebaut ist, den der Kunde auch erkennen können muss, „vergleichbar einer unverbindlichen Beispielrechnung“. Bei der Continentale-Police heißt es in der Tat unmissverständlich, dass die Höhe der Rente auch von dem zu Rentenbeginn gültigen Rentenfaktor abhängig sei. Wenn die Lebenserwartung noch stärker steigt, „kann es bis zum Rentenbeginn erforderlich werden, den Rentenfaktor herabzusetzen.“

Der betroffene Makler empfindet dies als „legale Mogelpackung“ und fragt sich, wo da noch eine Versicherung in der Police sein soll. Vor allem aber hat er Zweifel, seinen Kunden solche Produkte noch ruhigen Gewissens anbieten zu können. Da sägt die Branche womöglich an dem Ast, auf dem sie sitzt, und könnte die goldene Zukunft der Fondsrente gefährden, die ihr von der Unternehmensberatung Tillinghast vorausgesagt wird. Immerhin stieg der Marktanteil von Fondsrenten 2004 auf 14,4 Prozent (2003: 10,3 Prozent). Die fondsgebundene Rentenversicherung erwies sich damit als der Star des Jahres 2004. Und freie Vermittler sehen sie nach der betrieblichen Altersversorgung als zweitstärksten Wachstumsbereich 2005. Allerdings ist es noch ein weiter Weg zu der nötigen Transparenz des Produktes. Viele Vermittler wissen gar nicht, welch wacklige Garantien sie verkaufen und sich damit ungewollte Haftungsrisiken einhandeln.

Autor(en): Detlef Pohl

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