Versicherungsmakler sollten vorsichtig sein, welchen Rat sie ihren Kunden geben, die kurzfristig Geld aus einer bestehenden Lebensversicherung benötigen.
Ein Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm (13.3.2019, Az. 20 U 142/18, VersR 23/2019, 1497 ff.) macht deutlich, dass Versicherungsmakler auch dann eine weitgehende Haftung tragen können, wenn sie gar nicht versicherungsmakelnd tätig sind.
Kurzfristiger Geldbedarf für die Steuer
Im konkreten Fall hatte ein seit 1992 tätiger Versicherungsmakler im Jahr 2010 seinen Kunden und dessen Ehefrau beraten, die kurzfristig Geld benötigten. Es ging um rund 20.000 Euro, da der Kunde eine Steuernachzahlung in dieser Höhe befürchtete.
Die Eheleute verfügten über drei Lebensversicherungen, deren Rückkaufswert zum Zeitpunkt der Beratung immerhin 48.330,52 Euro betrug. Der Makler riet dem Paar aber, diese drei Lebensversicherungen an eine Firma „T. Immobilienhandels GmbH“ zu verkaufen. Zwar wurden dafür zunächst nur 17.234,14 Euro gezahlt. Aber diese Firma versprach den Eheleuten zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Zahlung, mit der zusammen am Ende das Doppelte des Rückkaufswertes zusammenkommen sollte.
Aufkäufer in Insolvenz
Erstaunlich genug, dass dem Makler als Branchenkenner offenbar keine Bedenken kamen, ob ein solches Angebot überhaupt seriös sein kann. Die Kunden waren die Leidtragenden, denn dem Aufkäufer der Versicherungen wurde 2014 von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht der Aufkauf von Lebensversicherungen untersagt und die Abwicklung der unerlaubt betriebenen Einlagegeschäfte verfügt. Ein Jahr später meldete das Unternehmen Insolvenz an, die Ansprüche auf weitere Teile des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises waren nicht mehr einzutreiben.
Damit rückte der Versicherungsmakler in den Fokus, und die Kunden verlangten einen Schadenersatz von ihm in Höhe der Differenz zwischen dem ursprünglichen Rückkaufswert und dem tatsächlich geflossenen Geld. Der Makler wurde bereits vom Landgericht verurteilt, die Berufung beim OLG Hamm blieb erfolglos.
Allgemeine statt spezielle Haftungsnorm
Der Makler hatte offenbar versucht, aus der Haftung herauszukommen, indem ein Schadenersatzanspruch nach § 63 VVG bestritten wurde. Denn der Rat zum Verkauf der Lebensversicherungen gehörte offensichtlich nicht zu den Pflichten eines Versicherungsmaklers nach § 61 VVG bei der Anbahnung und dem Abschluss von Versicherungsverträgen und fiel damit nicht unter die Schadenersatznorm des § 63 VVG.
Das bestätigte das OLG Hamm zwar, aber es nutzte dem Makler wenig. Denn stattdessen stellte es fest, dass die Kunden einen Anspruch auf Schadenersatz nach § 280 Absatz 1 BGB haben. Das führte auch zu keiner völligen Neubewertung des Falls. Denn unstrittig sei es zu einer Beratung und daraus abgeleitet zu einem Schuldverhältnis gekommen. Diese wurde auch nicht als „bloße Gefälligkeit `als helfender Bekannter´“ eingeordnet, weil offenkundig bereits seit vielen Jahren eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Makler und dem Ehepaar bestand. Aus Sicht des Ehepaars jedenfalls musste dem Makler klar sein, dass es bei der Frage des Verkaufs der Lebensversicherungen um einen erheblichen wirtschaftlichen Wert geht, und dass die Eheleute dafür einen qualifizierten Rat erwarten durften.
Hinweis auf Kündigungsmöglichkeit fehlte
Auch weitere Einlassungen des beklagten Maklers unter anderem zu dem vermeintlichen Unterschied zwischen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer eines Maklerunternehmens einerseits und als Privatperson andererseits verwarf das Gericht.
Entscheidend war gar nicht so sehr die Frage, ob der Makler auf die besonderen Risiken des Kaufgeschäfts hingewiesen hatte oder nicht. Vielmehr hatte der Makler nach Meinung des Gerichts versäumt, die Eheleute auf die Möglichkeit einer Kündigung der Lebensversicherungen hinzuweisen und deren Vor- und Nachteile im Vergleich zu denen bei einem Verkauf darzustellen. Denn die kurzfristige Liquidität, die die Eheleute seinerzeit benötigten, wäre durch die Kündigung sichergestellt gewesen, wohingegen in dem Verkaufsgeschäft mit einer Zahlung in zwei Tranchen durch einen Aufkäufer, der Insolvenzrisiken unterliegt, ganz offensichtlich ein erhebliches Risiko bestand. Erschwerend kam hinzu, dass es in diesem Fall sogar gereicht hätte, nur einen der drei Verträge zurückzukaufen, denn der auf den Kläger selbst lautende Vertrag hatte allein rund 35.000 Euro Rückkaufswert.
Richtige Entscheidung bei richtiger Beratung vermutet
Der Schaden wird als kausal durch die Pflichtverletzung entstanden beurteilt. Wären die Eheleute richtig beraten worden, hätten sie vermutlich richtig entschieden und die Kündigung dem Verkauf an einen unsicheren Aufkäufer vorgezogen. Hinweise darauf, dass die Eheleute sich trotz richtiger Beratung für den Verkauf entschieden hätten, gab es in dem Verfahren keine.
Insgesamt wird an dem Fall deutlich, dass Versicherungsmakler sehr genau prüfen sollten, welche Firmen sie empfehlen, und insbesondere auf mögliche Insolvenzrisiken achten sollten. Auch sollten sie sehr genau unterscheiden zwischen seriösen und „windigen“ Geschäftspartnern, oder im Zweifel sehr deutlich darauf hinweisen, dass sie die Sicherheit des Geschäftsmodelles des Partners nicht beurteilen können.
Autor(en): Matthias Beenken