Telematik-Tarife ermöglichen es, Versicherungsrisiken besser und präziser einzuschätzen. Denn sie berücksichtigen nicht allein die gemeinsamen, sondern auch die individuellen Risiken von Versicherten. Experten diskutierten beim jüngsten Goslar Diskurs der Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Versichern (Goslar Institut) über die Vor-und Nachteile dieses Trends.
Die Telematik-Tarife tragen wesentlich zu einer optimierten Differenzierung der Preisgestaltung und damit letztlich zu faireren Versicherungsprämien bei. Im Fall der Kfz-Haftpflichtversicherung etwa wird die Prämie des einzelnen Versicherungsnehmers mit durch sein persönliches Fahrverhalten beeinflusst: Nach dem Motto „pay as you drive“ ergeben sich so bei einem Kfz-Telematik-Tarif Beitragsnachlässe für besonders vorsichtiges Fahren.
Wer defensiv fährt, soll auch Geld sparen können
Das neue Versicherungsangebot bedeutet somit nicht, dass sich die Versicherer mit den Telematik-Tarifen aus der Solidargemeinschaft davonstehlen wollen. Vielmehr nutzen die Unternehmen die neuen Möglichkeiten der Telematik, jener Technologie, die Telekommunikation mit Informatik verknüpft, um die Prämienhöhe von Autofahrern besser ihrem individuellen Schadensrisiko anzupassen. Also: Wer gut fährt, soll Geld sparen können. Darüber hinaus gebietet den Unternehmen der Wettbewerb auf dem Versicherungsmarkt, jeweils nach der bestmöglichen Preis-Leistungsrelation zu suchen. Deshalb können sie gar nicht darauf verzichten, die Möglichkeiten der Individualisierung durch Telematik zu nutzen.
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VM-Veranstaltungstipp:
Auch das Versicherungsmagazin und die Zeitschrift ATZ,
beide aus dem Haus Springer Nature, laden zu einer internationalen
Tagung ein, die sich mit den aktuellen Trends in der Kfz-Branche
beschäftigen.
Die Tagung liefert vorrangig Wissenswertes zum Thema "Fahrerassistenssysteme"
und beschäftigt sich mit der Frage, welche Schnittstellen zwischen der
Automobil- und Versicherungsbranche bestehen und für beide Seiten
produktiv genutzt werden können.
Sie sind neugierig geworden?
Dann finden Sie detaillierte Informationen und die .
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Jeder denkt an sich, nur ich denk an mich
Professor Dr. Fred Wagner (im Bild ganz rechts) vom Lehrstuhl für Versicherungsbetriebslehre der Universität Leipzig stellte fest, dass sich die Gemeinschaft der Versicherten vermutlich auch nicht als Solidargemeinschaft empfinde. Denn jeder Versicherungsnehmer strebe – für sich allein! – beim Versicherungsschutz nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis und der niedrigsten Prämie. Im Wettbewerb müssten sich die Versicherer deshalb auch anstrengen, um niedrige Prämien zu ermöglichen. Und das geht eben nicht mit Durchschnittsprämien für Durchschnittsrisiken, die es in der Realität noch nicht einmal gibt, sondern nur mit verschieden hohen Prämien für die tatsächlich auch verschieden hohen Risiken. Auf diese Weise können „vorsichtigen“ Versicherungsnehmern auch entsprechend niedrig kalkulierte Versicherungsprämien angeboten werden.
Wie eine von Professor Horst Müller-Peters (im Bild ganz links) vom Institut für Versicherungswesen der Technischen Hochschule Köln durchgeführte Umfrage unter anderem ergab, finden offenbar viele mögliche Kriterien telematischer Tarife durchaus hohe Akzeptanz in der Bevölkerung: so etwa die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit, häufiges schnelles Fahren oder Änderungen des Fahrstils im Vergleich zum Vorjahr. Da überwiegt demnach offenbar die Ansicht, wer vorsichtiger fährt, soll weniger bezahlen.
Risikoadäquate Einstufung im Prinzip akzeptiert
Andere „abwertende“ Merkmale, wie das Automodell oder der Wohnort des Halters, werden im Vergleich damit als nicht so gerecht empfunden. Aus der Befragung folgerte der Wissenschaftler, dass die Merkmale telematischer Tarife vielfach als angemessener eingestuft werden als die so genannten Ersatzmerkmale, nach denen Kfz-Prämien derzeit noch bemessen werden. Im Kfz-Bereich sei die risikoadäquate Einstufung also im Prinzip akzeptiert, stellte Professor Müller-Peters fest. Voraussetzung sei allerdings, dass die Kriterien transparent seien und der Fahrer durch sein Verhalten tatsächlich Einfluss auf seine Einstufung nehmen kann.
Zahl der Unfälle sollte drastisch zurückgehen
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Verbraucherportals „Finanztip“ (im Bild Zweiter von rechts), hingegen hält Telematik nicht für ein Allheilmittel. Nach seiner Ansicht muss sichergestellt sein, dass sich die Preisgabe vieler persönlicher Daten, wie sie mit den Telematik-Tarifen verbunden ist, für den Versicherten unter dem Strich auch tatsächlich finanziell auszahlt.
Tenhagen wies darauf hin, dass die Zukunft der Kfz-Versicherung vielleicht gar nicht durch die Telematik, sondern durch selbstfahrende Autos und die Übernahme des Versicherungsschutzes durch die Mobilitätskonzerne der Zukunft geprägt sein könne. Die Zahl der Unfälle und die anfallenden Kosten sollten jedenfalls drastisch zurückgehen.
Quelle: Goslar Institut, Versicherungsmagazin; Bild: © Goslar Institut
Die Telematik-Tarife tragen wesentlich zu einer optimierten Differenzierung der Preisgestaltung und damit letztlich zu faireren Versicherungsprämien bei. Im Fall der Kfz-Haftpflichtversicherung etwa wird die Prämie des einzelnen Versicherungsnehmers mit durch sein persönliches Fahrverhalten beeinflusst: Nach dem Motto „pay as you drive“ ergeben sich so bei einem Kfz-Telematik-Tarif Beitragsnachlässe für besonders vorsichtiges Fahren.
Wer defensiv fährt, soll auch Geld sparen können
Das neue Versicherungsangebot bedeutet somit nicht, dass sich die Versicherer mit den Telematik-Tarifen aus der Solidargemeinschaft davonstehlen wollen. Vielmehr nutzen die Unternehmen die neuen Möglichkeiten der Telematik, jener Technologie, die Telekommunikation mit Informatik verknüpft, um die Prämienhöhe von Autofahrern besser ihrem individuellen Schadensrisiko anzupassen. Also: Wer gut fährt, soll Geld sparen können. Darüber hinaus gebietet den Unternehmen der Wettbewerb auf dem Versicherungsmarkt, jeweils nach der bestmöglichen Preis-Leistungsrelation zu suchen. Deshalb können sie gar nicht darauf verzichten, die Möglichkeiten der Individualisierung durch Telematik zu nutzen.
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Auch das Versicherungsmagazin und die Zeitschrift ATZ,
beide aus dem Haus Springer Nature, laden zu einer internationalen
Tagung ein, die sich mit den aktuellen Trends in der Kfz-Branche
beschäftigen.
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und beschäftigt sich mit der Frage, welche Schnittstellen zwischen der
Automobil- und Versicherungsbranche bestehen und für beide Seiten
produktiv genutzt werden können.
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Jeder denkt an sich, nur ich denk an mich
Professor Dr. Fred Wagner (im Bild ganz rechts) vom Lehrstuhl für Versicherungsbetriebslehre der Universität Leipzig stellte fest, dass sich die Gemeinschaft der Versicherten vermutlich auch nicht als Solidargemeinschaft empfinde. Denn jeder Versicherungsnehmer strebe – für sich allein! – beim Versicherungsschutz nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis und der niedrigsten Prämie. Im Wettbewerb müssten sich die Versicherer deshalb auch anstrengen, um niedrige Prämien zu ermöglichen. Und das geht eben nicht mit Durchschnittsprämien für Durchschnittsrisiken, die es in der Realität noch nicht einmal gibt, sondern nur mit verschieden hohen Prämien für die tatsächlich auch verschieden hohen Risiken. Auf diese Weise können „vorsichtigen“ Versicherungsnehmern auch entsprechend niedrig kalkulierte Versicherungsprämien angeboten werden.
Wie eine von Professor Horst Müller-Peters (im Bild ganz links) vom Institut für Versicherungswesen der Technischen Hochschule Köln durchgeführte Umfrage unter anderem ergab, finden offenbar viele mögliche Kriterien telematischer Tarife durchaus hohe Akzeptanz in der Bevölkerung: so etwa die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit, häufiges schnelles Fahren oder Änderungen des Fahrstils im Vergleich zum Vorjahr. Da überwiegt demnach offenbar die Ansicht, wer vorsichtiger fährt, soll weniger bezahlen.
Risikoadäquate Einstufung im Prinzip akzeptiert
Andere „abwertende“ Merkmale, wie das Automodell oder der Wohnort des Halters, werden im Vergleich damit als nicht so gerecht empfunden. Aus der Befragung folgerte der Wissenschaftler, dass die Merkmale telematischer Tarife vielfach als angemessener eingestuft werden als die so genannten Ersatzmerkmale, nach denen Kfz-Prämien derzeit noch bemessen werden. Im Kfz-Bereich sei die risikoadäquate Einstufung also im Prinzip akzeptiert, stellte Professor Müller-Peters fest. Voraussetzung sei allerdings, dass die Kriterien transparent seien und der Fahrer durch sein Verhalten tatsächlich Einfluss auf seine Einstufung nehmen kann.
Zahl der Unfälle sollte drastisch zurückgehen
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Verbraucherportals „Finanztip“ (im Bild Zweiter von rechts), hingegen hält Telematik nicht für ein Allheilmittel. Nach seiner Ansicht muss sichergestellt sein, dass sich die Preisgabe vieler persönlicher Daten, wie sie mit den Telematik-Tarifen verbunden ist, für den Versicherten unter dem Strich auch tatsächlich finanziell auszahlt.
Tenhagen wies darauf hin, dass die Zukunft der Kfz-Versicherung vielleicht gar nicht durch die Telematik, sondern durch selbstfahrende Autos und die Übernahme des Versicherungsschutzes durch die Mobilitätskonzerne der Zukunft geprägt sein könne. Die Zahl der Unfälle und die anfallenden Kosten sollten jedenfalls drastisch zurückgehen.
Quelle: Goslar Institut, Versicherungsmagazin; Bild: © Goslar Institut
Autor(en): versicherungsmagazin.de