Studie: Das Zauberwort heißt Omnikanal

Später als andere Branchen erreicht die Digitalisierung nun auch die Versicherungsunternehmen. Denn: Versicherungskunden akzeptieren nicht mehr länger die noch bestehenden Grenzen zwischen herkömmlichen und digitalen Kommunikationskanälen. Die Studie "Versicherungen: Die digitale Herausforderung" der Managementberatung Bain & Company offenbart den Handlungsdruck der Unternehmen.

Details der Untersuchung: Dienstleistungsbranchen wie Einzelhandel und Touristik müssten sich bereits seit Jahren mit der Umwälzung ihrer Geschäftsmodelle infolge der Digitalisierung auseinandersetzen. Dagegen habe die Versicherungsbranche den Wandel im Kundenverhalten bislang nur wenig gespürt. Schutz böte vor allem die vergleichsweise geringe Kontaktfrequenz gerade bei langfristig laufenden Produkten wie Lebensversicherungen. Doch der daraus erwachsene Mythos der nicht vorhandenen Wechselbereitschaft halte dem Realitätstest nicht länger stand: Knapp 40 Prozent der Versicherungskunden in Deutschland seien mittlerweile wechselwillig.

Kunden wünschen sich webbasierte Kommunikationskanäle

Die im Rahmen der Bain-Studie durchgeführte repräsentative Befragung von mehr als 2.500 Privatkunden aller führenden deutschen Versicherer zeig, in welchem Ausmaß die fortschreitende Digitalisierung das Versicherungsgeschäft beeinflussen werde. Nach Überzeugung von rund 60 Prozent der Befragten seien webbasierte Kommunikationskanäle künftig bei Interaktionen mit dem Versicherungsunternehmen am wichtigsten.
Ob bei Beratung, Vertragsabschluss oder Schadensmeldung: Kunden würden von ihrem Versicherer ein umfassendes digitales Angebot erwarten. Und das gehe weit über die klassische Webseite hinaus. Für die Versicherten seien Smartphones, Tablet-PCs und mobile Webseiten ebenso wie Apps, Chats und Online-Communitys wichtige Kontaktmöglichkeiten mit ihrem Anbieter.

Ganzheitliche Strategien sind gefragt
Digitalisierung sei für die Versicherungsbranche längst kein Fremdwort mehr. Das Gros der Unternehmen verfüge bereits über eine Onlinepräsenz, auch zeigten immer mehr Anbieter in sozialen Netzwerken Flagge. Darüber hinaus setzten viele Versicherer auf Apps, um die Interaktion mit ihren Kunden zu vereinfachen. Trend sei es zudem, den Außendienst mit mobilen Endgeräten auszustatten.

Dr. Henrik Naujoks, Autor der Studie und Partner bei Bain & Company, sieht jedoch ein wesentliches Manko: "All diese Aktivitäten verlieren sich zumeist in Einzelinitiativen. Entscheidend aber ist, die Initiativen in einen funktions- und bereichsübergreifenden Ansatz zu integrieren. Nur wenn die Versicherer ihre silohaft organisierten Geschäftsmodelle aufbrechen, können sie dem grundlegend veränderten Kundenverhalten gerecht werden."

Wie dies umgesetzt werden kann, zeigen die folgenden Handlungsanweisungen:

  • Zufriedene, loyale Versicherte seien der Treiber des Erfolgs im digitalen Zeitalter. Ihre Bedürfnisse sowie ihr spezifisches Verhalten gelte es zu verstehen und zu befriedigen.
  • König Kunde mache im digitalen Zeitalter keine Unterschiede zwischen einzelnen Kommunikationskanälen. Er erwarte, dass sämtliche Informationen jederzeit auf allen Kanälen verfügbar seien und er selbst entscheiden könne, wann und wie er mit einem Unternehmen in Kontakt trete.
  • Selbstständige Agenten oder Makler seien in den Augen der Kunden weiterhin wichtige Ansprechpartner. Die Versicherer sollten daher ihren Partnern beim Übergang ins digitale Zeitalter so weit wie möglich helfen.
  • Der Ausbau von Selfservice-Angeboten wie die automatisierte Meldung von Kfz-Schäden über Apps oder die Einreichung digitaler Rechnungen bei der Krankenversicherung könne ebenso einen wichtigen Beitrag leisten wie die Nutzung von Kundendaten für eine individuelle Prämienkalkulation.
  • Den Wandel zu einer kundenzentrierten Organisation sollten Versicherer mit einem umfassenden Change-Management-Prozess begleiten.

Diese Stellhebel würden zeigen, dass die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells sämtliche Bereiche eines Versicherungsunternehmens erfasse, nicht nur die kundennahen. "Die Digitalisierung bietet die Chance, die Beratung qualifizierter und attraktiver zu gestalten", betont Dr. Gero Matouschek, Versicherungsexperte und Co-Autor der Studie.
"Darüber hinaus ermöglicht sie eine differenziertere Kundenbetreuung im Vertrieb. Voraussetzung ist allerdings, dass die Versicherungen ihren Vertriebsansatz signifikant weiterentwickeln."

Quelle: Bain & Company, Bild: © Gerd Altmann /

Autor(en): versicherungsmagazin.de

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