Einen Schaden von rund 8,5 Milliarden Euro hat der Starkregen „Bernd“ 2021 in den Bilanzen der Versicherer hinterlassen. Mit insgesamt 12,6 Milliarden Euro war 2021 das teuerste Naturgefahrenjahr für die Assekuranz seit Beginn der Statistik in den 70er Jahren. 2022 war dagegen ein „ruhiges“ Elementar-Jahr. Trotzdem rät der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), stärker in die Prävention zu investieren. Die Versicherungslobby geht davon aus, dass die Klimaschäden künftig deutlich steigen werden. Betroffen sind vor allem Immobilien.
Es droht die Unversicherbarkeit
In den nächsten zehn Jahren könnten sich die Prämien für Wohngebäude sogar verdoppeln. „Mancherorts könnten Gebäudeversicherungen gar so teuer werden, dass sich das Kunden nicht mehr leisten können“, warnt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Diese Warnung hat nun Das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz (ZEV) aufgegriffen und behauptet, in Deutschland würden die Kosten des Klimawandels einfach über höhere Prämien an die Verbraucher abgewälzt. Das müsse nicht sein. „Diese Kostenspirale ist vermeidbar“, sagt Jakob Thevis, stellvertretender Vorstand des ZEV und verweist auf Frankreich. Hier gäbe es keine Pflichtversicherung und dennoch seien 98 Prozent der Haushalte versichert. Weiterhin liegt diese Quote in Deutschland – auf freiwilliger Basis – bei rund 50 Prozent.
Laut dem ZEV würden sich derzeit die Kosten für die Elementarschadenversicherung in Frankreich nur auf durchschnittlich 26 Euro pro Jahr belaufen. Dabei stütze sich die Versicherungswirtschaft in Frankreich auf einen starken staatlichen Rückversicherer. So sei eine solidarische Lösung entstanden. Deutschland solle sich das System des Nachbarlandes als Vorbild nehmen.
In Frankreich entscheidet der Staat
Demgegenüber ist der GDV skeptisch, ob das französische Modell auf Deutschland übertragbar und sinnvoll ist. „Das CatNat-System ist anders als in Deutschland keine risikobasierte Versicherung, sondern sieht eine fixe prozentuale Abgabe auf bestehende Verträge vor“, erläutert Asmussen auf Anfrage des Versicherungsmagazins. Dabei hätten die Kunden in Frankreich keinen vertraglichen Anspruch auf Leistung. Schadenersatz sei dort eine politische Entscheidung. Der Bürgermeister müsse beim Präfekten einen Antrag stellen, der wiederum müsse sich an die interministerielle Kommission in Paris wenden. Asmussen: „Der französische Staat entscheidet also, was eine Katastrophe ist und was nicht.“ Demgegenüber haben alle Kunden, die in Deutschland eine Elementarschadenversicherung abschließen, einen gesicherten Anspruch auf die vereinbarte Leistung.
Opt-Out-Modelle erweitern Solidargemeinschaft
Zudem verfolgt der GDV mit seinem Opt-Out-Modell, dass er der Politik vorgeschlagen hat, die Strategie eine größere Solidargemeinschaft zu schaffen. In dieser könnten alle bezahlbaren Versicherungsschutz erhalten. Bei bestehenden Wohngebäudeversicherungen soll „schnell“ und „rechtssicher“ zu einem Stichtag Elementarschutz eingeführt werden – sofern Kunden nicht widersprechen. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage. Und eben diese soll nun die Bundesregierung erlassen. Das fordern auch die Länder. Zudem hat die Versicherungslobby ein Gesamtkonzept vorgelegt. Es besteht aus Prävention, Klimafolgenanpassung und Versicherung.
Für Vermittler bringt schon die neue öffentliche Diskussion eine gute Möglichkeit, bei ihren Wohngebäudebestandskunden ohne Elementarschutz vorstellig zu werden. Viele Versicherte wissen immer noch nicht, dass ihre klassische Police nur die Naturgefahren Sturm und Hagel deckt. Erst mit der Extra- oder sonstigen Elementar-Versicherung gibt es dann Schutz gegen Starkregen, Überschwemmung, Rückstau, Hochwasser, Schneedruck, Lawinen, Erdrutsch, Erdsenkung sowie sogar gegen Erdbeben und Vulkanausbruch. Und wenn die Pflichtversicherung über die Bundesregierung nun sowieso kommt, wäre es doch sinnvoll, sofort Nägel mit Köpfen zu machen und das existenzielle Risiko für jeden Hausbesitzer zu bannen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek