Stichhaltige Argumente gesucht

Wieder eine der zahlreichen Meinungsumfragen, Markterhebungen und Kundenbarometer: Wer wissen will, ob die private Altervorsorge generationengerecht ist, erfährt über das Marktforschungsinstitut psychonomics, dass der Konflikt zwischen Jung und Alt derzeit nicht ausgetragen wird. Es herrscht vielmehr Übereinstimmung bei beiden Generationen, dass die Situation der gesetzlichen Rente ungerecht sei. Die Altersgruppen zwischen 25 und 40 sowie die ab 55 Lebensjahren sind nahezu deckungsgleich der Ansicht, dass die Generationengerechtigkeit abgenommen hat und auf der Strecke bleibt. Wozu nun diese von der Allianz Lebensversicherungs-AG in Auftrag gegebene Studie?

Eigentlich nichts Neues


Eigentlich sind die Ergebnisse der Studie nichts Neues. Es drängt sich also der Eindruck auf, dass die Lebensversicherer jede nur erdenkliche Möglichkeit nutzen, um mit eigenen Themen an die Öffentlichkeit zu kommen. Was steckt dahinter? Eine ganze Branche scheint mit einer anderen Frage, nämlich der um das Steuerprivileg für Kapitallebensversicherungen ins Gerede zu kommen. Hier wird der Bogen zur Themenfindung für Umfragen angesetzt. Nicht zuletzt spielt nämlich auch die Verträglichkeit zwischen den Generationen, jung und alt, in die Steuerdiskussion hinein. Schließlich wird die endgültige Entscheidung die Jüngeren treffen. Da sollte vorher schon das Terrain geklärt werden.

Was tun die Lebensversicherer nun dazu? Das Geschäft mit den Lebensversicherungen boomt. Im vergangenen Jahr fand wieder eine komfortable Steigerung bei den gebuchten Bruttobeitragseinnahmen um 3,5 Prozent auf 67,3 (Vorjahr 65,06) Milliarden Euro statt. Und auch schon in den ersten Wochen dieses Jahres kommen gute Geschäftsanbahnungen zustande. Doch auf ihren Lorbeeren kann sich die Branche derzeit kaum ausruhen. Nach einem der turbulentesten Versicherungsjahre der Nachkriegszeit flammt jetzt die Uraltdiskussion um die Besteuerung der Kapitallebensversicherung wieder auf.

Wie steht es mit treffenden Argumenten?


Klarheit fehlt. Termine werden angesetzt und wieder verlegt; Politiker, Lobbyisten und die Spezialisten vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) diskutieren ohne Pause, um die Pläne zur Besteuerung der Lebensversicherung ab 1. Januar 2005 für alle erträglich zu machen. So jedenfalls wird es von den Verantwortlichen täglich vermittelt. Branchenbeobachter indes werden den Eindruck nicht los, dass die Lebensversicherungsbranche mit immer neuen Studien und Meinungsforschungsanalysen inzwischen krampfhaft nach Argumentations-Trümpfen sucht, die auch im Regierungslager stechen sollen.

Oder ist die öffentliche Diskussion gar als werbliches Vorspiel für einen neuerlichen Run auf das inzwischen langweilig gewordene Produkt Kapitallebensversicherung anzusehen?

Allianz Leben-Chef, Gerd Rupprecht nutzt die Gelegenheit, im Zuge der Ergebnisauswertung der Generationenstudie auf das drohende Damokles Schwert "Schluss mit dem Steuerprivileg" weit vor dem Jahresendgeschäft hinzuweisen. Erneut übt er deutliche Kritik an dem vorgesehenen Alterseinkünftegesetz (AEG). Es widerspreche in seiner jetzigen Fassung allen bisherigen Erklärungen, die Eigenverantwortung in der Altersvorsorge stärken zu wollen. Die Vorhaben der Bundesregierung verstoßen nach Rupprechts Auffassung gegen die Generationen Gerechtigkeit.

Dreifache Last und Bürde


Und so warnt er davor, der jüngeren Generation mit den Reformen eine dreifache Zusatzlast aufzubürden. Denn die jüngeren Jahrgänge müssten nicht nur damit rechnen, in Zukunft länger und mit höheren Beiträgen in die Rentenversicherung einzuzahlen, sondern könnten auch nicht anderes als es hinzunehmen, später weniger Leistungen ausbezahlt zu bekommen. Neue Steuern auf die Lebensversicherung würden es den Jungen zusätzlich erschweren, rechtzeitig eine sichere private Altersvorsorge aufzubauen.

Dieses Fazit kam auch bei der psychonomics-Studie heraus.

Sehr schädlich sei die Diskussion aber vor allem, weil die "Hick-Hack-Strategie" an der Glaubwürdigkeit der privaten Altersvorsorge via Lebensversicherung nage. Das Produkt und die Branche brauchten jedoch jetzt nach den schlechten Börsenjahren Planungssicherheit, beklagt sich Rupprecht.

Doch diese Argumentation ist den meisten hinlänglich bekannt. So war es doch auch schon im LV-Boom-Jahr 1999. Hat die Branche eventuell noch treffendere Argumentationspfeile im Köcher? Rupprecht verneint das: "Wir vertrauen auf die Kraft der immer wieder vorgetragenen Argumente."

Große Käufer von Bundeswertpapieren


Spielt eigentlich die Tatsache, dass Lebensversicherer ganz besonders wichtige Käufer für Bundeswertpapiere in großem Ausmaß sind, keine Rolle bei den Politikern? Vor allem der Bundesfinanzminister Hans Eichel könnte es sich durch den geplanten Wegfall des Steuerprivilegs mit der gesamten Branche verderben. Und davon werden seine Kassen auch nicht voller.

Gerhard Rupprecht geht indessen diplomatisch nicht nur als Unternehmens-Chef sondern auch als Vorsitzender des GDV-Fachbereichs Lebensversicherungen auf die Politiker zu. Er lässt wissen, dass er grundsätzlich den im Alters Einkünfte Gesetz (AEG) vorgesehenen Aufbau einer privaten kapitalgedeckten Leibrentenversicherung begrüße. Allerdings würden die vielfachen Einschränkungen dieses Produkts (nicht beleihbar, nicht kapitalisierbar, nicht veräußerlich, nicht übertragbar, nicht vererbbar) dazu führen, "dass kaum jemand freiwillig einen entsprechenden Vertrag unterschreiben wird". Viele Versicherer böten außerdem seit Jahrzehnten zur Abrundung ihrer Produktpalette AEG-ähnliche Tarife an.

Das Kürzel AEG erinnert übrigens an einen Werbeslogan (eines Küchengeräte-Herstellers) aus alten Zeiten. Der warb mit dem Schlagwort: Aus Erfahrung Gut. Jeder weitere Kommentar erübrigt sich.

Marianne Storck

Autor(en): Marianne Storck

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