Viel Geld können Senioren erhalten, wenn sie ihr Haus verkaufen oder beleihen. Gleichzeitig kann man sich das Wohnrecht sichern. Bisher nutzte man dafür die sogenannte Umkehrhypothek. Sie gilt aber als teuer und kompliziert. Daher bietet die Allianz Versicherung nun standardmäßig ein Teildarlehen für Senioren an. Vorher wurde die „Best-Ager-Finanzierung“ zwei Jahre am Markt getestet.
„Wir sind bundesweit mit dem Produkt sehr erfolgreich“, sagt der Bremer Allianz-Hauptvertreter Jens Schmidt. Die Darlehensvermittlung an die Senioren würde in der Regel per Telefon und die Zusendung der Unterlagen per Post funktionieren. „Bei Großdarlehen ab rund 500.000 Euro fahren wir aber auch raus, notfalls bis nach Bayern“, so Schmidt.
Bereits dreistellige Zahl an Darlehen vermittelt
Ganz einfach wäre nämlich die Kontaktaufnahme mit den Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern nicht. Viele hätten vor Betrügern Angst. Der Enkeltrick und andere Täuschungen von Senioren wären ja gang und gäbe. Schmidt: „Uns hilft aber der Markenname, um Vertrauen aufzubauen.“ Im vorigen Jahr konnte eine dreistellige Zahl an Darlehen vermittelt werden. Die Kunden müssen über 60 Jahre sein und eine Rente beziehen. Sie können ihre Immobilie dann bis zu einer Höchstgrenze von 40 Prozent beleihen.
Im Gegensatz zur Umkehrhypothek oder dem Teilverkauf, sind bei der Allianz-Best-Ager Finanzierung monatliche Zinsen zu zahlen. Eine Tilgung ist aber ausgesetzt. Die Zinshöhe ist vor allem abhängig von der Lage des Objekts und der Kredithöhe. Üblich ist eine Zinsfestschreibung von 25 Jahren, längere Zeiträume bis zu 40 Jahren seien aber möglich.
Was, wenn wegen der Heimpflege die Immobilie aufgegeben wird?
Für eine Eigentumswohnung in Wiesbaden mit einem Wert von 375.000 Euro können die Besitzer bei einer Beleihung von 40 Prozent 150.000 Euro als Kapital erhalten. Nach aktuellen Konditionen für eine 25-jährige Zinsfestschreibung müssen die Senioren dann monatlich rund 240 Euro an Zinsen zahlen. Der effektive Jahreszins liegt bei 1,94 Prozent. Die Tilgung des Darlehens erfolgt nach dem Ableben der Darlehensnehmer durch die Erben oder den Verkauf der Immobilie. Das kann sogar zu Lebzeiten notwendig werden, wenn wegen einer Heimpflege die Immobilie aufgegeben wird. Da der Kunde beim Best-Ager-Darlehen alleiniger Eigentümer bleibt entfällt ein Nutzungsentgelt oder auch ein Rückkauf gegen Aufpreis. Die Besicherung erfolgt lediglich gegen Eintragung einer erstrangigen Grundschuld.
Zudem trägt der Darlehensnehmer die Kosten für seinen Notar und die Eintragung der Grundschuld beim Amtsgericht. Die Motivation, ein Senioren-Darlehen anzustreben, kann übrigens sehr unterschiedlich sein. So berichtet Allianz-Mann Schmidt von einem Ehepaar aus Stuttgart, das ihr zwei Millionen-Objekt belieh. „Grund war, dass die Eheleute sich im Ernstfall sofort die beste Pflege im eigenen Haus organisieren wollen und dafür sogar einen Strafzins auf ihr neues, rund 750.000 Euro umfassendes Geldvermögen, bei der Bank hinnehmen“.
Baufinanzierung durch Versicherer üblich
Das Senioren-Darlehen der Allianz – derzeit noch allein am Markt – könnte bei den Versicherern Schule machen. Immerhin sind die Lebensversicherer längst umfassend als Baufinanzierer aktiv – das gilt vor allem für private Neubauten. 2020 stieg das Volumen der ausgezahlten Immobiliendarlehen der Lebensversicherer laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) um fast 12,8 Prozent auf zehn Milliarden Euro. 20 Prozent der zugesagten Kreditsumme dienen dabei der Umschuldung bestehender Verbindlichkeiten. Der Schritt zur Kapitalunterstützung aktiver Seniorinnen und Senioren ist da nicht mehr weit.
Verkauf auf Basis von Nießbrauch sehen Verbraucherschützer skeptisch
Denn der Verkauf auf Basis von Nießbrauch, den Makler oder Privatleute anbieten, wird von Verbraucherschützern skeptisch betrachtet und konnte so bisher noch keinen großen Markt erobern. Der Wert des Nießbrauchs wird nämlich vom Verkehrswert der Immobilie abgezogen. Das Recht, lebenslang in der Immobilie zu bleiben, schmälert den Verkaufspreis. Die Verbraucherschützer der Stiftung Warentest haben ermittelt, dass teilweise deutlich weniger als die Hälfte des Immobilienwertes gezahlt wird. Jeder Verkauf sollte unbedingt vorher mit Angehörigen vertrauten Experten, wie Steuerberater und Fachanwalt für Erbrecht besprochen werden.
Die schon übliche herkömmliche Immobilienfinanzierung durch Versicherer erfolgt über Vermittler und im Direktvertrieb. Wer in das Geschäft – und künftig in die Senioren-Darlehen-Finanzierung - einsteigen möchte, muss eine Zulassung als Vermittler von Immobiliendarlehen mit Zulassung nach §34i Gewerbeordnung (GewO) haben. Fast 57.000 Vermittler sind schon registriert und könnten sofort loslegen.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek