Solidarität zwischen PKV und GKV?

Im Reformgerangel um eine auskömmliche Gesundheitspolitik bleiben die Fronten hart. Dabei geht es den privaten Krankenversicherern gar nicht gut, denn das Neukundengeschäft ist rückläufig. Während aber offiziell vom PKV-Verband derzeit nicht viel von Reform-Bestrebungen zu spüren ist, wurde jetzt ein Strategie-Papier vom Marktführer der privaten Krankenversicherer bekannt, bei dem die Finger in die offene Wunde gelegt werden.

Debeka-Vorstand Herbert Grohe prangert an, dass die PKV von der Politik „an den Abgrund gebracht“ wird. Die Politik habe allein mit der Anhebung der Pflichtversicherungsgrenze in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) im Jahr 2003 auf 45.900 Euro das PKV-Neugeschäft empfindlich eingeschränkt.

Grohe zeigt auf, dass nahezu alle andere europäischen Ländern, in denen man ohne PKV auskommen wolle, die Kostenschraube durch eine gezielte Verknappung des Leistungs-Angebots deutlich angezogen werde – zu Lasten der Versicherten. Grohe: „In den meisten Ländern ist eine Wartelisten-Medizin inzwischen Standard.“

Das sei zwar durch den Wettbewerb zwischen PKV und GKV in Deutschland nicht möglich. Doch auch hierzulande sei die Situation bedrückend, weil Privat-Patienten für die gleiche medizinische Leistung in den meisten Fällen nahezu dreimal so viel bezahlen müssten wie Kassenpatienten. Grohe: „Auf diese Weise wird das Gesundheitswesen schon jetzt mit 5 bis 6 Milliarden Euro jährlich von den privaten Krankenversicherern subventioniert.“

Grohe gibt zu bedenken, dass die Finanz-Misere der GKV nicht ohne Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit funktionieren können. Und das gehe nun mal nicht ohne Kapitaldeckungsverfahren. Der Debeka-Vorstand rechnet Vor, dass schon heute die jüngeren Mitglieder in der GKV jährlich rund 36 Milliarden Euro für Leistungen der älteren Kassenpatienten aufbringen müssen. Und ein Ende der wachsenden Zahlungen sei nicht absehbar. Dennoch leiste es sich das System der GKV, ohne Bildung von Rücklagen auszukommen. Grohe sieht darin einen „tickende Zeitbombe für die nachwachsende Generation“. Nun sei es an der Zeit, endlich damit zu beginnen, eine neue Balance zwischen Kapitaldeckung und Umlagefinanzierung zu entwickeln. Die Rentenversicherer hätten bereits vorgemacht, wie das funktionieren könne.

Nun sei Eile geboten. Bei den Krankenversicherungs-Gesellschaften könne man es sich nicht mehr leisten, Jahre hinterher zu hinken. Grohe gibt zu bedenken, dass genügend Vorschläge auf dem Tisch lägen, das System mit Krankengeld, privaten Unfallversicherungen und Zahnersatz-Absicherungen finanziell ausgeglichener zu gestalten. Die Politiker hätten diese Vorschläge jedoch „auf Eis“ gelegt. Grohe: „Das hilft weder den Versicherten noch den Vermittlern.“ Dabei könnte nach seiner Auffassung die PKV echte Solidarität bieten. Denn in der PKV werde Gerechtigkeit zwischen den Generationen praktiziert (siehe Alterungsrückstellung in den Tarifen der PKV). Die Solidarität bestehe auch zwischen Gesunden und Kranken (siehe Finanzierung durch bedarfsgerechte Beitragszahlung) sowie für die Kunden generell, da in der PKV keine Leistungskürzung praktiziert werde, sondern uneingeschränkt das Vertragsprinzip gelte.

Die Debeka Krankenversicherung hat in diesem Jahr 247 Millionen Euro als Beitragsrückerstattung an ihre Versicherten überwiesen. Rund 418.000 Personen haben diese Art der Geld-Zurück-Garantie ihrer Krankenversicherung in Anspruch genommen, denn sie forderten für Jahr 2003 keine Versicherungsleistungen an. Insgesamt wurden damit im laufenden Jahr 18 Millionen Euro mehr ausgezahlt als im Vorjahr.

Eine Zunahme hat das größte private Krankenversicherungsunternehmen in Deutschland auch im Versichertenbestand erreichen. Mit einem Zuwachs von rund 30.000 Personen betreut die Debeka mittlerweile über 1,9 Millionen privat Versicherte. Sie erreicht damit einen Marktanteil von rund 25 Prozent.

Autor(en): Ellen Bocquel

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