Sinkendes Neugeschäft durch steigende Kosten kompensiert

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Die privaten Krankenversicherer haben in ihrem Hauptgeschäft, der Vollversicherung, weiter an Boden verloren. Warum es ihnen dennoch insgesamt noch gut geht.

„Einnahmen rauf, Bestand runter“ betitelt der aktuelle Map-Report seine Analyse der Bilanzen privater Krankenversicherer der vergangenen zehn Jahre (Nr. 903). Im Jahr 2017 sind erneut 19.300 Vollversicherte netto verloren gegangen, der Vollversicherungsbestand schrumpft. Das liegt nicht nur an der allgemeinen demografischen Entwicklung.

GKV gewinnt dank guter Konjunktur
Offenbar auch durch die gute Arbeitsmarktkonjunktur bedingt, gewinnt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) derzeit netto mehr Versicherte von der privaten Krankenversicherung (PKV) als umgekehrt aus der GKV zur PKV wechseln. Der Wanderungssaldo hat 2017 immerhin 4.500 Personen betragen. Lang ist es her, dass die PKV netto Versicherte von der GKV gewann, 2009 zum Beispiel fast 142.000 Personen. Es war allerdings auch schon schlimmer: 2014 beispielsweise verlor die PKV netto über 30.000 Versicherte an die Kassen. Dennoch sind die Zeiten nicht optimal für Verkaufserfolge. So macht der Map-Report auf das Versichertenentlastungsgesetz aufmerksam, das 2019 wirksam wird und zu Beitragssenkungen für Angestellte wie für Selbstständige führt.

Dank Beitragsanpassungen und der Entwicklung in der Zusatzversicherung kann die Branche allerdings einen Umsatzzuwachs von 4,8 Prozent verzeichnen. Das ist erheblich mehr als ein Jahr zuvor (1,3 Prozent).

Marktkonzentration steigt
Betrachtet man den Markt im Detail, verfestigt sich der Eindruck, dass die Debeka relativ einsam der Branche davonzieht. Das Unternehmen vereinnahmt inzwischen jeden siebten Beitrags-Euro und liegt nach Marktanteil (15,3 Prozent) deutlich vor dem ehemaligen Marktführer DKV (12,5 Prozent). Als eines von wenigen Unternehmen berichtet die Debeka auch über den Bruttoneuzugang an Vollversicherten. Mit 78.830 Personen dürfte das Gros des Neugeschäfts nach Koblenz gegangen sein. Auch die Nettobestandssteigerung mit 29.213 Personen liegt sehr weit vor den zehn übrigen von insgesamt 31 Versicherern, die überhaupt ein Bestandswachstum in der Vollversicherung verzeichnen. Dagegen verlor zum Beispiel die DKV fast 20.000 Personen netto.

Wenn eine Branche insgesamt nicht mehr wächst, wird der Blick auf die Kosten dringlicher. Hier verzeichnet die PKV laut Map-Report eine leichte Verbesserung der Verwaltungskostenquote von 2,31 auf 2,25 Prozent. Dahinter stecken immer noch 877 Millionen Euro, ein Plus von zwei Prozent zum Vorjahr. Wie viel dabei aber noch gehen könnte, belegt einmal mehr die Huk-Coburg mit nur 0,91 Prozent Verwaltungskostenquote.

PKV Analyse 2

Mehr Vertriebskosten für weniger Geschäft
Der PKV-Vertrieb kostete 2017 insgesamt 2,44 Milliarden Euro, das ist knapp ein Prozent mehr als im Jahr zuvor. Bezogen auf die Beitragseinnahmen entspricht das einer rückläufigen Abschlusskostenquote von 6,28 (Vorjahr 6,52) Prozent. Das dürfte aber keineswegs ein Erfolg sparsamerer Vertriebsaktivitäten sein, sondern ist wohl dem rückläufigen Neugeschäft geschuldet. „Scheinbar wird das sinkende Neugeschäft mit steigenden Kosten eingekauft“, so der Map-Report.

Dieser Zusammenhang sollte allen zu denken geben, die derzeit einen gesetzlichen Provisionsdeckel in der Lebensversicherung befürworten, vermeintlich um Kosten zu senken. Die PKV belegt bisher nicht überzeugend, dass der 2012 eingeführte Provisionsdeckel die Vertriebskosten wirksam reduziert und den Kunden zugutegekommen ist.

Keine Skaleneffekte in der Verwaltung?
Analysiert man die Kostenquoten der 20 größeren PKV-Unternehmen (mindestens 1,35 Prozent Marktanteil), dann zeigen sich einige interessante Zusammenhänge. Normalerweise geht die Größe eines Unternehmens mit so genannten Skaleneffekten einher. Das heißt, die Verwaltung wird günstiger, weil sich ihre Fixkosten – beispielsweise für IT-Systeme – besser auf die Kunden und deren Beiträge verteilen lassen. In der PKV dagegen zeigt die Korrelation (Pearson, zweiseitig) keinen solchen Zusammenhang zwischen dem Marktanteil und der Verwaltungskostenquote.

Dagegen sinkt die Abschlusskostenquote leicht mit der Höhe des Marktanteils, was zum einen deshalb einleuchtet, weil höhere Bestandsprämien das Neugeschäft leichter finanzieren. Zum anderen sind es vorwiegend größere Versicherer (DKV, Allianz, Signal Iduna, Central, Continentale), die Marktanteile verloren haben, wohingegen kleinere Versicherer eher gewinnen (Huk-Coburg, Hansemerkur, UKV, R+V, jeweils in der Reihenfolge ihres Marktanteils).

Marktanteilsgewinn kostet – aber nicht immer gleich viel
Die deutlichste, positive Korrelation (r=0,43, der Korrelationskoeffizient schwankt zwischen +1 und -1) gibt es folgerichtig zwischen der Marktanteilsveränderung und der Abschlusskostenquote. Zugewinne im Markt kosten, das wird damit eindrucksvoll belegt. Allerdings zeigt diese Korrelation gleichzeitig auch, dass der Marktanteilsgewinn nicht zwingend viel kosten muss, manche Versicherer kaufen ihr Neugeschäft wesentlich günstiger ein als andere.

Mit der Abschlusskostenquote korreliert auch der Saldo der Übertragungswerte. Diese nicht für alle Versicherer vorliegende Zahl bezeichnet den Saldo aus erhaltenen und abgegebenen Alterungsrückstellungen beim Versichererwechsel. Schon seit Jahren profitiert hier die Hansemerkur am meisten, 2017 gewann sie netto gut 11,8 Millionen Euro an Übertragungswerten. Knapp 7,4 Millionen Euro konnte auch die Continentale verbuchen, bei der Debeka waren es knapp 4,8 Millionen Euro. Deutliche Verluste verzeichneten Gothaer (-3,1 Millionen Euro), R+V (-1,8 Millionen Euro) und UKV (-1 Millionen Euro). Allerdings fehlen Angaben großer Player wie zum Beispiel DKV, Allianz, Axa und Central. Außer der Axa haben alle diese Gesellschaften in den vergangenen zehn Jahren deutlich an Marktanteilen verloren.

Insgesamt zeigt der Map-Report, dass das PKV-Geschäft weiterhin mit höchst unterschiedlichem Erfolg betrieben wird. Der ausführliche Report kann beim Versicherungsjournal Verlag kostenpflichtig erworben werden.

Autor(en): Matthias Beenken

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