Mit einer Forderungsliste an die neue Bundesregierung für mehr Sparkultur in Deutschland wandte sich kürzlich der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, an die Öffentlichkeit. Anlass war die Vorstellung des aktuellen Vermögensbarometers am Weltspartag.
Trotz einer sehr guten konjunkturellen Lage in Deutschland betreibt ein Viertel aller Deutschen keinerlei finanzielle Altersvorsorge. 13 Prozent der Befragten des diesjährigen Vermögensbarometers des DSGV sehen sich dazu finanziell überhaupt nicht in der Lage. Das betrifft natürlich vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen. In der Gruppe mit einem Nettohaushaltseinkommen von weniger als 1.000 Euro im Monat sorgen 47 Prozent, in der Gehaltsgruppe zwischen 1.000 und 1.500 Euro 40 Prozent gar nicht fürs Alter vor. Damit steuern rund sechs Millionen deutsche Haushalte direkt in die Altersarmut. Auch bei jungen Leuten herrscht offenbar Sorg- und Ratlosigkeit in Bezug aufs Alterssparen. Bei den 18- bis 29-Jährigen legen immerhin 36 Prozent nichts fürs Alter zurück.
Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes
Diese beunruhigenden Ergebnisse veranlassen DSGV-Präsident Fahrenschon dazu, konkrete Forderungen an die Politik zu stellen. Diese richten sich zunächst an die Europäische Zentralbank (EZB), deren Rat am 26.10.2017 zusammentrifft. "Ich erwarte von der Europäischen Zentralbank erste klare Angaben darüber, wie ab Januar 2018 der massenhafte Ankauf von Anleihen vermindert werden soll, damit der Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes endlich in Sicht kommt", so Fahrenschon in Berlin. Es sei ein Punkt erreicht, wo man dem Beispiel der US-amerikanischen Notenbank folgen sollte, die unter anderem erste Leitzinsanhebungen vorgenommen hat. Erste Signale müssten auch wirtschafts- und finanzpolitisch zum Durchbruch führen. Auch für 53 Prozent der Sparer sind laut Vermögensbarometer die niedrigen Zinsen Hauptsorge beim Sparen. In den laufenden Koalitionsverhandlungen müssten wachstumsstärkende Vorhaben wie etwa die Stärkung der kommunalen Investitionskraft und der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur beschlossen werden.
Immobilie bleibt beliebteste Anlageform
Obwohl sie die Angst vor Niedrigzinsen umtreibt, ändern 67 Prozent der Sparer ihr Sparverhalten nicht. Von dem Drittel, die etwas ändern wollen, legen nur 15 Prozent mehr, 38 Prozent dagegen weniger an. 48 Prozent wählen andere Anlageformen. Am beliebtesten ist mit 54 Prozent nach wie vor die eigene Immobilie – das sind fünf Prozent weniger als 2016, was laut Fahrenschon wahrscheinlich mit den gestiegenen Immobilienpreisen zu tun hat. Danach kommen
- Aktien- und Investments- oder Immobilienfonds (28 Prozent),
- fremd genutzte Immobilien (27 Prozent), sowie
- Renten- und Lebensversicherungen (jeweils 24 Prozent), die jedoch dramatisch an Bedeutung verlieren.
Um jungen Familien den Immobilienerwerb zu erleichtern – immerhin denken 30 Prozent von ihnen darüber nach – sollte der Vermögensaufbau wieder stärker gefördert werden. Fahrenschon schlägt dazu drei Maßnahmen vor, die die öffentlichen Kassen vergleichsweise gering belasten würden: Die Verbesserung der Wohnungsbauprämie, die Entlastung bei der Grunderwerbssteuer für Ersterwerber sowie die Wiedereinführung einmaliger Abschreibungsmöglichkeiten für die Zinslast bei der Finanzierung der eigenen Immobilie, verbunden mit einer Kinderkomponente.
Vermögenswirksame Leistungen wieder attraktiv machen
Auch bei den Vermögenswirksamen Leistungen, die nur noch 28 Prozent der Deutschen nutzen, müsse nachgebessert werden. Die Novellierung des Vermögensbildungsgesetzes aus dem Jahr 1998 sei überfällig, betont der DSGV-Präsident. Eine Anhebung der Einkommensgrenzen an die allgemeine Preissteigerung, eine Verdopplung der Anlagehöchstbeträge sowie eine Erhöhung der Fördersätze um fünf Prozent würden zur Mehrausgaben von lediglich 0,02 Prozent führen. Dies entspräche laut einem aktuellen Gutachten des IW Köln 0,5 Prozent der Zinsersparnis des Bundes von 47 Milliarden Euro durch niedrige Zinsen allein im Jahr 2016. An die Politikverantwortlichen richtete er daher die dringende Forderung, ein deutliches Signal für die Sparkultur und damit für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland zu setzen.
Der Beitrag ist ursprünglich auf Springer Professional erschienen.
Autor(en): Elke Pohl