Beiträge des Arbeitgebers zur betrieblichen Krankenzusatzversicherung (bKV) gelten nicht mehr als Sachzuwendung. Dies geht aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) an die obersten Finanzbehörden der Länder hervor (IV C 5 - S 2334/13/10001 - 2013/0865652). Daher müssen Arbeitnehmer Beiträge, die der Arbeitgeber für private Krankenzusatzversicherungen leistet, ab Januar 2014 als geldwerten Vorteil versteuern und zudem darauf Sozialversicherungsabgaben zahlen.
Seit längerem bieten private Krankenversicherer Unternehmen für ihre Mitarbeiter einen zusätzlichen, meist sehr günstigen, Gesundheitsschutz an. Das bKV-Belegschaftsangebot schließt Lücken der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und bietet Extraleistungen. Er reicht von ambulanter Vorsorge über Zahnersatz und Zahnbehandlung bis hin zum Privatpatientenstatus im Krankenhaus mit Einbettzimmer, Chefarztbehandlung und freier Krankenhauswahl.
Mit seinem Beschluss hat das BMF die bisherige Freigrenze von 44 Euro pro Monat gekippt. Sie stützte sich auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH: 14. April 2011 - VI R 24/10). bKV-Zuwendungen an den Arbeitnehmer sind auch Barlohn, stellt das BMF nun unmissverständlich fest. Eine 44-Euro-Freigrenze auf "Zukunftssicherungsleistungen" führe zu "Wertungswidersprüchen" im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, in der die Steuerfreistellung der Arbeitgeberbeiträge in eine nachgelagerte Besteuerung münde. "Bei Zukunftssicherungsleistungen gilt im Einkommensteuerrecht ein eigenes Freistellungssystem, dem die 44-Euro-Freigrenze wesensfremd ist", so die Argumentation des BMF.
Überraschung für die PKV
Die BMF-Entscheidung gegen eine Freigrenze für die bKV-Beiträge, die der Arbeitgeber zahlt, trifft die privaten Krankversicherer (PKV) und ihre Lobby anscheinend aus heiterem Himmel. Bisher hatte man in Expertenkreisen lediglich mit einer möglichen Absenkung der Freigrenze gerechnet. Laut einem Rundschreiben des PKV-Verbandes an die Vorstände seiner Mitgliedsunternehmen hätte das BMF die Rechtsprechung des BFH für nicht anwendbar erklärt, "ohne hierfür triftige Gründe zu nennen." Doch auch das Schreiben des PKV-Verbands enthält wenig Konkretes. So würde der "Verweis auf die Regelung der betrieblichen Altersversorgung der betrieblichen Krankenversicherung als Zukunftssicherungsleistung in keiner Weise gerecht", schreibt Geschäftsführer Florian Reuther.
Win-Win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Der PKV-Verband reklamiert eine besondere Bedeutung der bKV. Bisher ermögliche sie eine Win-Win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer erhielte eine zusätzliche Versorgung und der Arbeitgeber ein wichtiges Instrument zur Mitarbeiterbindung. Der Verband will sich intensiv dafür einsetzen, dass die 44 Euro-Grenze für die betriebliche Krankenversicherung weiter genutzt werden kann. "Die Finanzverwaltung verkennt den Charakter und die sozialpolitische Bedeutung der betrieblichen Krankenversicherung", sagte PKV-Sprecher Stefan Reker. Aus Kreisen von privaten Krankenversicherern heißt es: "das Schreiben des BMF wird keinen Bestand haben“. Ob sich diese Aussage bereits auf konkrete Gespräche mit dem BMF stützt, ist bisher unklar.
Scharfe Kritik am PKV-Verband äußerte der Versicherungsmakler Aon aus Hamburg. "Der Verband hat es zwei Jahre lang versäumt, für die bKV einen Durchführungsweg zu entwickeln, wie er bei der betrieblichen Altersvorsorge üblich ist", so Uwe Jüttner, bKV-Experte bei Aon. Dann hätte es rechtliche Klarheit gegeben. Hier sei eine große Chance verspielt worden. Die bKV sorge nämlich sogar für eine Stabilität der GKV, weil sie Mitarbeitern eine umfassende Krankenversorgung ermögliche. In Kombination mit stationärem Privatschutz würden erkrankte Mitarbeiter ohne Wartezeiten schneller behandelt.
Mitarbeiter per Betriebsversammlung aufklären
Nach dem Schreiben des BMF stünden die Vertriebe und Versicherer vor einer schwierigen Situation. So gelte die Streichung der Freigrenze auch für schon laufende bKV-Verträge. Daher rät Aon allen Unternehmen, in einer Betriebsversammlung die neuen Regeln vorzustellen. "Zudem sollten betroffene Unternehmen mit einer bKV-Lösung bei ihren zuständigen Finanzämtern einen Antrag stellen und prüfen lassen, ob für den laufenden Vertrag Bestandsschutz besteht und die Beiträge weiterhin als Sachbezug gelten“, so Jüttner.
Bei einem negativen Bescheid sollte rechtlich geprüft werden, ob eine Klage möglich ist. Alternativ sollte geprüft werden, ob die Beiträge zur bKV pauschal besteuert werden können. Das hätten bereits Unternehmen erreicht, die keine Freigrenze nutzen können, weil die Beiträge zur bKV über 44 Euro liegen.
Vertragskündigung bringt Nachteile
Jütter verwies darauf, dass die Kündigung eines bKV-Vertrages in aller Regel sehr große Nachteile für die Mitarbeiter mit sich bringen würden. "Ein selbst versteuerter bKV-Vertrag, der für den Mitarbeiter je nach Versicherungsumfang eine Belastung von rund 15 Euro pro Monat bedeutet, wird als privater Einzelvertrag viel teurer. Der Mitarbeiter muss dann mit 30 bis 50 Euro rechnen." In der Regel ist es möglich, den Vertrag privat weiterzuführen, wenn der Mitarbeiter bei der Versicherungsgesellschaft bleibt. Andernfalls muss eine erneute Gesundheitsprüfung gemacht werden, was zu hohen Risikozuschlägen oder sogar zu einer Ablehnung führen kann. Dies gilt auch für neue Mitarbeiter, die nicht mehr einen bVK-Gruppenvertrag ihres Arbeitgebers nutzen können.
Auch die Allianz Private Krankenversicherung (APK) warnte Unternehmen davor, vorschnell aus einem bKV-Vertrag auszusteigen. "Weiterhin ist die bKV ein super Instrument Mitarbeiter zu finden und zu binden, aber eben kein Mittel Steuern zu sparen", sagte APK-Sprecherin Susanne Kluge. Wer das Prinzip der bKV verstanden habe, werde weitermachen.
Trotzdem dürfte die Entscheidung des BMF für die Branche ein regelrechter Schock sein. Denn das neue Firmenkundengeschäft mit zusätzlichem Gesundheitsschutz sollte den Privatversicherern ein neues und sozial anerkanntes Standbein eröffnen. Der private Krankenvollschutz für Besserverdienende dürfte auch unter einer neuen Bundesregierung stark unter politischem Druck stehen. So ist ein wichtiger Mentor der PKV, die FDP, nicht mehr in der Regierung vertreten. Kritik gibt es wegen geringer Wechselflexibilität, starken Beitragserhöhungen, Billigtarifen und hohen Vertriebskosten.
Debeka und HUK steigen auch ein
Rund 20 PKV-Unternehmen sind auf dem Markt der bKV bereits aktiv. Der größte private Krankenversicherer, die Debeka aus Koblenz, will 2014 in die bKV einsteigen. Derzeit kooperiert die Debeka bereits mit der Helios-Klinikgruppe und bietet Vorsorge und stationäre Leistungen für Belegschaften an. Selbst der traditionelle Privatkundenversicherer HUK-Coburg hat seinen offiziellen Einstieg in die bKV bekanntgegeben. "Es hilft Arbeitgebern, Fach- und Führungskräfte zu gewinnen und zu binden. Dies wird für Unternehmen in Zeiten des demografischen Wandels immer wichtiger.
Aus Kreisen von privaten Krankenversicherern verlautet „das Schreiben des BMF wird keinen Bestand haben", so Hans Olav Heroey, Vorstand der HUK-Coburg Krankenversicherung.
Bildquelle: © Rainer Sturm /
Seit längerem bieten private Krankenversicherer Unternehmen für ihre Mitarbeiter einen zusätzlichen, meist sehr günstigen, Gesundheitsschutz an. Das bKV-Belegschaftsangebot schließt Lücken der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und bietet Extraleistungen. Er reicht von ambulanter Vorsorge über Zahnersatz und Zahnbehandlung bis hin zum Privatpatientenstatus im Krankenhaus mit Einbettzimmer, Chefarztbehandlung und freier Krankenhauswahl.
Mit seinem Beschluss hat das BMF die bisherige Freigrenze von 44 Euro pro Monat gekippt. Sie stützte sich auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH: 14. April 2011 - VI R 24/10). bKV-Zuwendungen an den Arbeitnehmer sind auch Barlohn, stellt das BMF nun unmissverständlich fest. Eine 44-Euro-Freigrenze auf "Zukunftssicherungsleistungen" führe zu "Wertungswidersprüchen" im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung, in der die Steuerfreistellung der Arbeitgeberbeiträge in eine nachgelagerte Besteuerung münde. "Bei Zukunftssicherungsleistungen gilt im Einkommensteuerrecht ein eigenes Freistellungssystem, dem die 44-Euro-Freigrenze wesensfremd ist", so die Argumentation des BMF.
Überraschung für die PKV
Die BMF-Entscheidung gegen eine Freigrenze für die bKV-Beiträge, die der Arbeitgeber zahlt, trifft die privaten Krankversicherer (PKV) und ihre Lobby anscheinend aus heiterem Himmel. Bisher hatte man in Expertenkreisen lediglich mit einer möglichen Absenkung der Freigrenze gerechnet. Laut einem Rundschreiben des PKV-Verbandes an die Vorstände seiner Mitgliedsunternehmen hätte das BMF die Rechtsprechung des BFH für nicht anwendbar erklärt, "ohne hierfür triftige Gründe zu nennen." Doch auch das Schreiben des PKV-Verbands enthält wenig Konkretes. So würde der "Verweis auf die Regelung der betrieblichen Altersversorgung der betrieblichen Krankenversicherung als Zukunftssicherungsleistung in keiner Weise gerecht", schreibt Geschäftsführer Florian Reuther.
Win-Win-Situation für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Der PKV-Verband reklamiert eine besondere Bedeutung der bKV. Bisher ermögliche sie eine Win-Win-Situation für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer erhielte eine zusätzliche Versorgung und der Arbeitgeber ein wichtiges Instrument zur Mitarbeiterbindung. Der Verband will sich intensiv dafür einsetzen, dass die 44 Euro-Grenze für die betriebliche Krankenversicherung weiter genutzt werden kann. "Die Finanzverwaltung verkennt den Charakter und die sozialpolitische Bedeutung der betrieblichen Krankenversicherung", sagte PKV-Sprecher Stefan Reker. Aus Kreisen von privaten Krankenversicherern heißt es: "das Schreiben des BMF wird keinen Bestand haben“. Ob sich diese Aussage bereits auf konkrete Gespräche mit dem BMF stützt, ist bisher unklar.
Scharfe Kritik am PKV-Verband äußerte der Versicherungsmakler Aon aus Hamburg. "Der Verband hat es zwei Jahre lang versäumt, für die bKV einen Durchführungsweg zu entwickeln, wie er bei der betrieblichen Altersvorsorge üblich ist", so Uwe Jüttner, bKV-Experte bei Aon. Dann hätte es rechtliche Klarheit gegeben. Hier sei eine große Chance verspielt worden. Die bKV sorge nämlich sogar für eine Stabilität der GKV, weil sie Mitarbeitern eine umfassende Krankenversorgung ermögliche. In Kombination mit stationärem Privatschutz würden erkrankte Mitarbeiter ohne Wartezeiten schneller behandelt.
Mitarbeiter per Betriebsversammlung aufklären
Nach dem Schreiben des BMF stünden die Vertriebe und Versicherer vor einer schwierigen Situation. So gelte die Streichung der Freigrenze auch für schon laufende bKV-Verträge. Daher rät Aon allen Unternehmen, in einer Betriebsversammlung die neuen Regeln vorzustellen. "Zudem sollten betroffene Unternehmen mit einer bKV-Lösung bei ihren zuständigen Finanzämtern einen Antrag stellen und prüfen lassen, ob für den laufenden Vertrag Bestandsschutz besteht und die Beiträge weiterhin als Sachbezug gelten“, so Jüttner.
Bei einem negativen Bescheid sollte rechtlich geprüft werden, ob eine Klage möglich ist. Alternativ sollte geprüft werden, ob die Beiträge zur bKV pauschal besteuert werden können. Das hätten bereits Unternehmen erreicht, die keine Freigrenze nutzen können, weil die Beiträge zur bKV über 44 Euro liegen.
Vertragskündigung bringt Nachteile
Jütter verwies darauf, dass die Kündigung eines bKV-Vertrages in aller Regel sehr große Nachteile für die Mitarbeiter mit sich bringen würden. "Ein selbst versteuerter bKV-Vertrag, der für den Mitarbeiter je nach Versicherungsumfang eine Belastung von rund 15 Euro pro Monat bedeutet, wird als privater Einzelvertrag viel teurer. Der Mitarbeiter muss dann mit 30 bis 50 Euro rechnen." In der Regel ist es möglich, den Vertrag privat weiterzuführen, wenn der Mitarbeiter bei der Versicherungsgesellschaft bleibt. Andernfalls muss eine erneute Gesundheitsprüfung gemacht werden, was zu hohen Risikozuschlägen oder sogar zu einer Ablehnung führen kann. Dies gilt auch für neue Mitarbeiter, die nicht mehr einen bVK-Gruppenvertrag ihres Arbeitgebers nutzen können.
Auch die Allianz Private Krankenversicherung (APK) warnte Unternehmen davor, vorschnell aus einem bKV-Vertrag auszusteigen. "Weiterhin ist die bKV ein super Instrument Mitarbeiter zu finden und zu binden, aber eben kein Mittel Steuern zu sparen", sagte APK-Sprecherin Susanne Kluge. Wer das Prinzip der bKV verstanden habe, werde weitermachen.
Trotzdem dürfte die Entscheidung des BMF für die Branche ein regelrechter Schock sein. Denn das neue Firmenkundengeschäft mit zusätzlichem Gesundheitsschutz sollte den Privatversicherern ein neues und sozial anerkanntes Standbein eröffnen. Der private Krankenvollschutz für Besserverdienende dürfte auch unter einer neuen Bundesregierung stark unter politischem Druck stehen. So ist ein wichtiger Mentor der PKV, die FDP, nicht mehr in der Regierung vertreten. Kritik gibt es wegen geringer Wechselflexibilität, starken Beitragserhöhungen, Billigtarifen und hohen Vertriebskosten.
Debeka und HUK steigen auch ein
Rund 20 PKV-Unternehmen sind auf dem Markt der bKV bereits aktiv. Der größte private Krankenversicherer, die Debeka aus Koblenz, will 2014 in die bKV einsteigen. Derzeit kooperiert die Debeka bereits mit der Helios-Klinikgruppe und bietet Vorsorge und stationäre Leistungen für Belegschaften an. Selbst der traditionelle Privatkundenversicherer HUK-Coburg hat seinen offiziellen Einstieg in die bKV bekanntgegeben. "Es hilft Arbeitgebern, Fach- und Führungskräfte zu gewinnen und zu binden. Dies wird für Unternehmen in Zeiten des demografischen Wandels immer wichtiger.
Aus Kreisen von privaten Krankenversicherern verlautet „das Schreiben des BMF wird keinen Bestand haben", so Hans Olav Heroey, Vorstand der HUK-Coburg Krankenversicherung.
Bildquelle: © Rainer Sturm /
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek