Per Spracherkennung können Kunden jetzt bei der Versicherungskammer Bayern (VKB) direkt und automatisch an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet werden. Das komplexe System hat Vorteile für Kunden und Assekuranz. Es könnte auch von Vermittlern genutzt werden.
Wer künftig bei der Hotline der VKB anruft, kann seinen Schaden einfach schildern und wird dann direkt an den zuständigen Sachbearbeiter weitergeleitet. Das System kann nach Angaben des Versicherers Äußerungen, wie „Meine Katze hat Tomatensaft auf die weiße Couch geschüttet“, „Mir ist jemand hinten drauf gefahren“, „Der Nachbarsjunge hat einen Fußball in meine Scheibe geworfen“, „Ich habe einen Wasserrohrbruch“ verstehen und so den Anruf an die zuständige Abteilung weiterleiten.
Klassisches System hat hohe Kosten verursacht
Damit soll die Schadenabwicklung deutlich effizienter werden. Das System wandelt Sprache in Schrift um. Daher bekommt der Sachbearbeitende die Worte bei der Annahme des Anrufs auf dem Bildschirm angezeigt, so dass er sofort weiß, worum es geht. Bislang hat die Versicherungskammer ein herkömmliches System mit Nummernauswahl genutzt. Dabei hätten etwa 40 Prozent aller Anrufer entweder gar keine oder eine falsche Auswahl getroffen, so dass sie nicht zum richtigen Mitarbeiter durchgestellt wurden. Das verursache Unmut beim Kunden und unnötige Arbeitsunterbrechungen bei den jeweiligen Sachbearbeitenden. Das klassische System habe somit hohe Kosten für den Versicherer verursacht.
Testanruf unbefriedigend
Nun soll die künstliche Intelligenz in der Lage sein, rund 85 Prozent der Anfragen zu erkennen und richtig zuzuordnen. Das Festhalten der mündlichen Schadenschilderung könnte auch rechtlich interessant sein. So liegt dem Versicherer eine erste, meist sehr spontane Darstellung des Schadenablaufes vor. Das System wird derzeit noch verfeinert und soll bald eine 90-prozentige Erkennungsrate haben. Ein Testanruf zeigte dann auch, dass noch weiterer Optimierungsbedarf besteht. Denn nach der Frage, ob es um einen aktuellen Verkehrsunfall geht – hier wird immer noch mit der klassischen Nummernabfrage gearbeitet – leitetet das System den vermeintlichen Kunden mit einem Tierhalterhaftpflichtschaden am späten Nachmittag in die nicht zuständige Sachschadenabteilung um – nach einer langen Wartezeit von 14 Minuten.
Priorisierung der Anrufer möglich
Mit rund 200.000 telefonischen Schadenmeldungen pro Jahr muss die VKB täglich fast 550 Anfrager pro Tag bewältigen. Nach Angaben des Herstellers des Sprachsystems, der Schweizer Spitch AG, lohnt sich das Tool finanziell durch Effizienzgewinn erst ab 500 Anrufen pro Tag. Doch schon bei deutlich weniger Schadenmeldungen, wäre es vorteilhaft.
So könnten Themen in der Regel besser zugeordnet und Kunden besser analysiert werden. Damit sei eine Priorisierung möglich. Es könnten wichtige von unwichtigen Anrufen unterschieden werden. Insgesamt steige so die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit. Laut Spitch ist das System auch für Versicherungsmakler erhältlich. Je nach Funktionalitätsumfang rechnet das Unternehmen mit einer Implementierungszeit von drei bis sechs Monaten sowie Kosten von 30.000 bis 70.000 Euro.
Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek