Digitale Prozesse unterstützen zunehmend auch Beratung und Verwaltung in der betrieblichen Altersversorgung (bAV). Gleichwohl ist das Geschäft stark vom persönlichen Kontakt der Vermittler zu den Firmen abhängig. Beide Momente spielen in Zeiten von Corona eine Rolle, erklärte heute Jürgen Bierbaum, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Alte Leipziger Lebensversicherung a.G., auf der DKM.
Nicht erst bedingt durch Corona setzt die Alte Leipziger Lebensversicherung in der bAV auf die Digitalisierung, berichtete Jürgen Bierbaum. Um ein – oft kleinteiliges – Massengeschäft wie die bAV effizient abwickeln und verwalten zu können, sei maschinelle Verarbeitung und Automatisierung von Prozessen unumgänglich. Und auch die Firmenkunden hätten ein großes Interesse an schlanken Prozessen und entsprechenden digitalen Services. Viele Kunden würden dies zur Voraussetzung für eine Zusammenarbeit machen. Daher habe sein Unternehmen bereits seit zwei Jahren ein Firmen-Portal im Einsatz.
Im Unterschied zu den meisten anderen am Markt befindlichen Portalen dieser Art sei das der Alten Leipziger in die internen Prozesse des Unternehmens integriert, so dass etwa bei neu zu versichernden Mitarbeitern die Kette der Policierung automatisch ablaufe, betonte Bierbaum. Vor allem häufig anfallende Geschäftsvorfälle haben man komplett digitalisiert. Das Portal werde schrittweise bei Neukunden ausgerollt, stoße aber auch im Bestand auf großes Interesse, trotz des damit verbundenen zusätzlichen Aufwands.
Ab 2022 wieder optimistisch
Unstrittig sei das bAV-Geschäft dennoch in besonderem Maße von der Persönlichkeit des Vermittlers geprägt, führte Bierbaum weiter aus. Das wirke sich auch auf die Ergebnisse unter dem Eindruck der Corona-Krise aus. Nach einem sehr guten Jahr 2019, auf das sich in der bAV vor allem der neueingeführte verpflichtende Arbeitgeberzuschuss – auch im Bestand – positiv auswirkte, wird es 2020 wahrscheinlich einen leichten Rückgang bei der Alte Leipziger Lebensversicherung geben. Zwar habe sich das Geschäft nach dem Lockdown wieder erholt und man konnte ein paar große Ausschreibungen für sich gewinnen.
Positiver Trend: Starke Zuwächse in der privaten Altersvorsorge
Doch die Aussichten für das 4. Quartal trüben sich wieder ein, dämpfte Jürgen Bierbaum gleichzeitig den Optimismus. „Neben den eingeschränkten persönlichen Kontakten spielt auch eine Rolle, dass Unternehmen derzeit vielfach andere Sorgen haben als sich um betriebliche Altersversorgung zu kümmern.“ 2021 werde man daher weiterhin die Auswirkungen spüren, prophezeite er. Für 2022 sei man dagegen wieder optimistisch. In der privaten Altersvorsorge, fügte er an, verzeichne man übrigens einen ganz anderen Trend: Hier gibt es in diesem Jahr starke Zuwächse.
Einheitlicher Schnittstellen-Standard unter Versicherern
Vier wichtige Trends sieht Jürgen Bierbaum in der bAV für die kommende Zeit. Zum einen werden im Vertrieb Teile der Beratung digital unterstützt, zum anderen geht es um genormte Schnittstellen zwischen Berater und Versicherer, weshalb sich die Alte Leipziger an der Free Insurance Data Initiative (kurz: Frida) für einen einheitlichen Schnittstellen-Standard unter Versicherungsunternehmen und effizienteren Datenaustausch beteiligt.
Sozialpartnermodell verbietet Garantien und bremst so das Interesse aus
Zudem wird sich auch in der bAV der Trend zu variablen Garantien durchsetzen, ist er überzeugt. Sein Unternehmen habe schon 2017 Tarife eingeführt, bei denen die Kunden entscheiden, wie viel Garantie sie wollen. Weniger Garantien bedeute, dass man gute Chancen auf eine vernünftige Beimischung chancenreicher Assets habe, erläuterte er. Zudem gebe es in der Rentenphase Garantien von 75 bis 80 Prozent der Beiträge, so dass der Sicherheitsaspekt gegeben sei. In der Tatsache, dass das Sozialpartnermodell Garantien ganz verbiete, sieht Bierbaum allerdings einen wesentlichen Grund für das mäßige Interesse, vor allem seitens der Gewerkschaften. Zudem lohne es sich nur bei großen Volumen, findet er. Für kleinere Unternehmen sei es weniger attraktiv.
Er äußerte sich skeptisch, dass sich das Modell in der jetzigen Form durchsetzen wird. Gleichwohl sei man vorbereitet und halte ein Baukastensystem vor, um auf Anfragen reagieren zu können. Auch in der bAV, ist der Vorstand überzeugt, wird sich – auch ein Trend – Nachhaltigkeit durchsetzen. Die Alte Leipziger investiert zum Beispiel selbst in alternative Energien, hält aber auch ein reiches Angebot an entsprechenden Fonds bereit.
Autor(en): Elke Pohl