Schadenregulierung digital: Allianz übernimmt Control Expert

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Mit einem Megadeal wartet die Allianz Versicherung auf. Sie übernimmt die Mehrheit am größten deutschen Schadenregulierer, der Control Expert GmbH aus Langenfeld bei Düsseldorf. "Über Kaufpreis und Quote haben wir Stillschweigen vereinbart. Ich kann aber die Mehrheitsbeteiligung bestätigen", sagte Allianz-Pressesprecher Christian Weishuber.

Mit der Übernahme will der Versicherer künftig Kfz-Schäden schneller regulieren und mehr Betrüger entlarven. "Wir freuen uns darauf, Künstliche Intelligenz (KI) einzusetzen", sagte Jochen Haug, Schadenvorstand bei der Allianz Versicherungs-AG. Die Allianz will auf Basis der Expertise von Control Expert ihren Kunden zudem künftig neue Serviceleistungen anbieten. Naheliegend ist der so genannte Speed Check. Mit diesem System kann Control Expert Reparaturkosten in Echtzeit ermitteln und den Kunden ein automatisches Angebot machen. Control Expert gilt als internationaler Marktführer im Bereich der KI-gestützten Schadenabwicklung im Automobilbereich.

Fast alle Kfz-Versicherer sind Kunde

Das Unternehmen arbeitet weltweit an 17 Standorten mit mehr als 130 Versicherern, Autohäusern, Werkstätten, Leasinggesellschaften und Automobilherstellern zusammen. Mit einer digitalen Plattform bietet die Firma ihren Partnern die Möglichkeit, das Kfz-Schadenmanagement zu automatisieren und zu digitalisieren. Nach eigenen Angaben arbeitet Control Expert derzeit mit 90 Prozent aller deutschen Kfz-Versicherern zusammen.

Selbst weist das Unternehmen Kfz-Versicherungsmarktführer Huk-Coburg, Barmenia, Basler, Devk, Ergo, Generali, HDI, LMV, Provinzial, R+V, VHV, VKB, Württembergische und Zurich als Partner aus. Die Branche scheint von der Beteiligung der Allianz kalt erwischt worden zu sein. Während die Württembergische keine Stellung abgeben möchte, prüfen beispielsweise HUK-Coburg und Zurich ihre Kooperationen angesichts der neuen Eigentümerstruktur.

Kein Zugriff auf Fremddaten

Zwar soll laut Allianz Control Expert seine volle Eigenständigkeit erhalten, jeder Schadenfall den künftig andere Kfz-Versicherer dem Regulierer zur Verfügung stellen, dürften aber wettbewerbsmäßig nicht unproblematisch sein. "Auf alle Daten haben natürlich vertragsgemäß nur die jeweiligen Partner Zugriff" betont Allianz-Mann Weishuber.

Trotzdem kann die KI auch durch Fremdschäden lernen. Das dürfte auch für die Control Expert Produkte "Expertise Check" (Prüfung von Gutachten und Kostenvoranschlägen), "Invoice Check" (Verfahren zur Prüfung von Karosserierechnungen oder "SV-Honorar Check" (Prüfung der Grundhonorare und Nebenkosten von Sachverständigen) gelten. Konkurrenzversicherer müssen sich nun wohl ganz genau überlegen, ob sie ein solches "strategisches Investment", eines Großen aus der eigenen Branche mit einer eigenen Kooperation unterstützen wollen.

Anwälte kritisieren Regulierung

In der Öffentlichkeit muss sich Control Expert und die Versicherer, die mit dem Unternehmen zusammenarbeiten, immer wieder scharfer Kritik stellen. Der Dienstleister gilt als verlängerte Hand der Versicherer, die eine grenzwertige Schadenregulierung betreiben und systematisch Rechnungen kürzen. Eine Forsa-Umfrage, die die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) 2017 veröffentlicht hat, zeichnet ein düsteres Bild der Regulierung. Denn 52 Prozent der Juristen geben an, dass diese sich in den vergangenen fünf Jahren "deutlich" verschlechtert hat, während 25 Prozent nur von einer "etwas" verschlechterten Lage ausgehen.

"Es gibt zwei Stoßrichtungen", sagt der Dresdner DAV-Anwalt Christian Janeczek, "zum einen versuchen die Versicherer Sachverständige und Anwälte ganz aus der Regulierung zu drängen, indem sie den Unfallopfern ein vermeintliches Rund-um-Sorglos-Paket versprechen, wenn der Kunde ihnen alles überlässt."

Fährt der unschuldige Kunde hingegen doch zu seiner Werkstatt und beauftragt Sachverständigen und Anwalt, werde gekürzt was das Zeug hält. "Das hoch automatisierte System der willkürlichen Rechnungskürzungen mit Control Expert sei gang und gäbe und würde das Tagesgeschäft der Werkstätten begleiten", sagt Joachim Kuhn vom hessischen Verband des Kfz-Gewerbes gegenüber der "Mainspitze".

Pro Schaden 350 Euro Reduzierung möglich

"Wenn Sie einen Prüfbericht der Firma Control Expert bekommen haben, dann empfiehlt es sich sofort einen Anwalt zu Rate zu ziehen“, schreibt Rechtsanwalt Burghard Meyer von Meyer & Riebensahm aus Stur auf der Seite Anwalt.de. Die hiesige Bürogemeinschaft habe schon eine Vielzahl von Urteilen gegen die Firma Control Expert und Versicherungen erstritten, wenn es zu einer rechtswidrigen Kürzung von Schadensersatzpositionen gekommen sei.

"Auch die Firma Car Expert ist insoweit bekannt dafür, Schadensersatzansprüche bei fiktiver Abrechnung rechtswidrig zu kürzen", so Meyer. Laut der "Lingener Tageszeitung" erreicht Control Expert mit der Meldung der "Auffälligkeiten" an die Versicherungen eine Schadensminimierung von 350 Euro je geprüftem Gutachten.

Autor(en): Uwe Schmidt-Kasparek

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